#170 Verbitterung

174 19 20
                                    

Wie viel Eindruck die Fähigkeiten Isadors wirklich gemacht hatten zeigte sich an zwei anderen Punkten.
Es gab nicht einen Bericht in der Presse, in den Medien und auch nur irgendeinem Telediar über irgendwelche ungewöhnlichen Zwischenfälle auf der Xanadu Castle Party.
Alle die dort gewesen waren hatten verstanden, dass man es besser Isador überlasse zu entscheiden wann das ein Thema für die Öffentlichkeit sei.
Es gab ebenso keinen Bericht über das nächtliche Aufeinandertreffen von Isador und Ieran. Das Einzige was aufmerksamen Beobachtern hätte auffallen können, war, dass die Divinoble und die Spitzen des Staats aufgehört hatten ihre Abstammung von Libulan zu betonen und die ganzen Propagandaphrasen von den Sorenern als Kinder Libulans und dergleichen nicht mehr vorkamen.
Aber anscheinend gab es keine aufmerksamen Beobachter.

"Das ist doch nun wirklich nicht so schwer darauf zu kommen warum deine Vorfahren sich lieber als Söhne Libulans sahen" bemerkt An-Anadur leicht zynisch und schaute Ieran mit hochgezogenen Augenbrauen an, "die waren alle Rabiators Tellunionam¹!"
"Also das kann man ja nun so auch nicht sagen" widersprach Ieran etwas lahm.
"Natürlich" hielt An-Anadur nun dagegen, "in allen Überlieferungen entspricht Sidapans Hautfarbe mehr derjenigen der Bewohner Friqiyas und Sindhurats. Die 'edlen' Divinoble von Sore waren aber hellhäutiger und identifizierten sich so mehr mit dem weißhaarigen und hellhäutigen Libulan!'
"Das ist..." wollte Ieran etwas dagegen sagen, seufzte dann aber und meinte: "...leider ziemlich plausibel..."
"Imperialismus, Kolonialismus, Rabias Tellunionam², Rabias Feminaram³..." zählte An-Anadur nun auf, "es wundert einen fast, dass ihr nicht auch rabiat similianoram⁴ wart oder sie Sidapan einfach weiß angemalt haben..."
"Eigentlich sollte ich einfach abdanken und Isador den Thron überlassen" meinte Ieran daraufhin, "soll der sich doch mit Vergangenheitsbewältigung, Frieden, Sex und Wohlstand für alle und so weiter herumschlagen. Ich hätte dann mehr Zeit für dich Anadurino..."
Prüfend sah ihn An-Anadur an: "Du hast wirklich keine Lust mehr oder?"
"Schon lange nicht mehr" gab Ieran zu, "wenn nicht Terastan und dann Trevors Aufstieg gewesen wären, hätte ich das schon vor vier Jahren gemacht."
"Aber es hat noch nie ein Divinimperator abgedankt" wandte nun An-Anadur ein.
"Dann bin ich halt wenigstens in einer Sache einmal der Erste..." sah Ieran das locker.
"Ich hindere dich nicht" erwiderte An-Anadur, "und das Problem der Nachfolge kannst du jetzt ganz elegant zu einem Problem von Isador machen."
"Wäre das nicht ein wenig fies" hatte Ieran da noch Bedenken.
"Wieso?" entgegnete sein Uxvir, "das Schicksal hat ihm seine Fähigkeiten ja nicht ohne Grund gegeben, da muss er jetzt durch!"
"Wenn du das so siehst, dann hab ich da jetzt auch kein schlechtes Gewissen mehr" erklärte Ieran.
"Sehr schön, du machst einen Termin mit Isador?" erkundigte sich An-Anadur, "ich bin heute Abend nämlich weg. Elterngespräch an Rasafurs Schule..."
"Oh... und ich dachte..." kam es traurig von Ieran.
"Dann danach" vertröstete ihn An-Anadur, "zumindest wenn meine Laune nicht völlig im Keller ist im Anschluss..."

Da wäre sie zumindest auf die Laune von An-Taetsin getroffen.
Dessen veritabler Wutanfall fiel so laut aus, dass er selbst Meran der zwei Stockwerke über ihm an seinem Computatrion saß hinab in den Keller ihrer Villa eilen ließ.
Sein Uxvir sass sehr frustriert vor seinem Sculpturion do Trenemino⁵ und als er hinein gestürzt kam, meinte er traurig: "Es funktioniert einfach nicht..."
"Was funktioniert nicht?" erkundigte sich Meran anteilnehmend.
"Der Adaptor⁶ für die Amplificatores⁷ und ich verstehe nicht warum!" klagte An-Taetsin sein Leid.
"Vielleicht ist er defekt Taetae?" überlegte Meran.
"Ja sicher ist er das. War der erste auch schon. Hab letzte Woche erst einen neuen kommen lassen von Berlinsci nachdem ich zwei Monate gebraucht habe um darauf zu kommen, dass es der Adaptor ist!" erwiderte An-Taetsin und es war unschwer zu erkennen wie sehr er davon bereits gestresst war.
"Dann ist doch gut, dass du einen neuen gekauft hast" meinte Meran.
"Ja nichts ist gut" maulte sein Uxvir nun, "der neue hat nach zwei Mal einschalten jetzt schon dasselbe Problem!"
"Dann schicken wir den beim Hersteller ein!" schlug Meran nun vor.
"Geht nicht mehr" erklärte An-Taetsin nun, "ich habe ihn gerade vor Wut an die Wand gepfeffert...
...ich glaube ich suche mir einfach ein anderes Deliciun⁸..."
"Aber Taetae..." wollte Meran gerade noch etwas entgegnen, da sackte An-Taetsins Kopf auf seine Knie und er begann bitterlich zu weinen.
Meran wusste sehr gut, dass sein Uxvir nicht gut damit umgehen konnte, wenn die Dinge nicht so liefen, wie er sich das vorgestellt hatte, aber so schlimm, dass er vor Enttäuschung weinte war es schon lange nicht mehr gewesen.
Neben ihn auf den Boden setzte sich nun Meran, zog ihn behutsam in seine Arme und während er tröstend über seinen Rücken strich sprach er sanft auf ihn ein: "Was ist denn alles, das ist doch nicht nur der Trenemino⁹ der dich bedrückt?"
Doch An-Taetsin schluchzte einfach nur weiter wortlos in seinen Armen.
Bis er dann mit verweinter Stimme erklärte: "Ich fühle mich so alleine..."
"Aber du hast doch mich?" erwiderte Meran ihm nun.
"Du bist so viel unterwegs..." hielt er ihm sofort vor und das schluchzen verstärkte sich wieder.
Etwas hilflos, auch weil er das nur schwerlich bestreiten konnte, meinte Meran nun: "Aber deine Freunde... An-Anadur...?"
"Der hat jetzt die Kinder und kaum noch Zeit" schluchzte An-Taetsin sofort los, "Marlur hat jetzt Luciur und ist ohnehin viel gefragt und komm mir nicht mit Isador, der ist jetzt faktisch Gott und wird sich kaum noch mit mir abgeben, außerdem, der wird doch garkeine Zeit mehr haben..."
"Oh...." seufzte Meran weil was sollte er dazu jetzt auch groß sagen.
"Und niemand teilt meine Deliciuns⁸..." fügte An-Taetsin jetzt noch traurig an.
"Dann suchen wir dir Freunde, du gehst in einen Verein..." schlug Meran vor.
"Weil das als Uxvir des Supremator Militaris ja auch soooo einfach ist" hielt ihm An-Taetsin nun vor, "weil ja Menschen alle gerne mit einem 200 Jahre alten Jungen befreundet sind der nicht altert! Und weil eine Sicherheitsüberprüfung durch den Militärgeheimdienst nur damit man mit zu mir in unseren Keller darf ja auch so garnicht abschreckt!"

Das Land jenseits der Berge.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt