Kapitel 6

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Ich habe nicht vorgehabt Taehyung aufzuwecken, ich schwör's! Denn er steht wieder vor meiner Tür und ich habe Angst die Tür aufzumachen. Wir haben einen seltsamen Augenkontakt gemacht, als wir beide zeitgleich ins guck Loch reingeschaut haben. Jetzt bin ich beschämt und ängstlich zugleich die Tür aufzumachen.

Hoffentlich hasst er mich nicht. Er klingelt nun an der Tür und ruft: „Jungkook, mach mal die Tür auf."

Beschämt öffne ich die Tür und kann ihm nicht mal in die Augen schauen. „Jungkook?"

„Ja?"

„Schau mich mal an."

Eh...Nein danke. Jetzt will ich nicht mehr. Doch plötzlich hebt er mit seinen Fingern mein Kinn an und blickt mir tief in die Augen. Heilige Mutter Maria, vor mir steht ein Taehyung in einem Tanktop. WIE SOLL ICH SO BITTE ÜBERLEBEN? WILL DER MICH UMBRINGEN ODER WAS?!

„Darf ich auch mal was an der Karaoke singen?"

Diese Frage habe ich nicht erwartet, aber stimme zu und lasse ihn rein. „Ian hat es gemütlich hier. Vor allem macht der Sternenhimmel eine angenehme Atmosphäre." Ich muss lächeln. Der Sternenhimmel erinnert mich immer an ihn, weshalb ich es fast jeden Abend anmache.

„Was möchtest du singen?", frage ich während ich uns was zum trinken aus der Küche hole.

„The Memory of that day von Kim Jong Wan."

Ich kenne das Lied aus einem berühmten Thriller K-Drama namens ‚suspicious partner' und habe diese Serie sehr gefeiert. Alle Lieder dieser Serie kenne ich inn und auswendig, wobei ich niemals gedacht hätte, dass Taehyung eines der Lieder kennen würde.

Nachdem ich die Getränke auf dem Tisch im Wohnzimmer abstelle, stelle ich das Lied ein und setze mich zu Taehyung auf dem Boden. Die Melodie erklingt und sofort zieht sich etwas in mir zusammen. Das schmerzerfüllte Gesicht und die Trauer, die hinter seiner Stimme verbirgt. Hängt Taehyung noch an frühere Zeiten? Oder erinnert dieses Lied an eine bestimmte Person? Eine Person von früher. Seine Großmutter eventuell? Was auch immer es ist, Taehyung ist ziemlich traurig und kann kaum die Tränen zurückhalten.

Er singt besser als ich.

Und als die letzte Melodie erklingt, öffnet Taehyung wieder die Augen und wischt sich die Tränen weg. Dann sieht er zu mir rüber und lacht auf: „Du siehst aus wie ein verängstigter Hase."

„Tut mir leid so wollte ich nicht rüber kommen."

„Du brauchst dich nicht die ganze Zeit zu entschuldigen."

„Okay, tut mir leid."

Peinlich gerührt lächele ich ihn an und halte ihm sein Getränk vor der Nase.

„Rotwein?"

„Vertreibt alle Sorgen", erkläre ich und nehme ein großen Schluck. „Was macht dich sicher, dass das alle Sorgen vertreibt?"

„Keine Ahnung, aber nach einer Weile hilft es mir den Kopf abzuschalten und nicht mehr viel nachzudenken."

Ich lege den Kopf in den Nacken und seufze: „Es gibt Menschen, die sich auf ihre Zukunft vorbereiten. Alles durchplanen und für ihre Ziele kämpfen. Und es gibt Menschen, die Angst vor ihre Zukunft haben. Verdammte Angst vor der Zukunft, weil sie in der Gegenwart keine Hoffnung finden."

„Oder sie werden von der Vergangenheit festgehalten und können nicht in der Gegenwart leben, ohne an der Vergangenheit denken zu müssen. Deshalb kommt die Zukunft einem echt witzig vor. Es ist etwas, was in der Ferne liegt. Etwas, wonach man nicht so einfach greifen kann."

„Ja das stimmt."

Ich trinke aus und schenke mir nochmal ein Glas ein. „Willst du auch?"

„Nein danke, mein Glas ist noch voll."

„Willst du was essen? Ich kann gute Nudeln zubereiten."

Ohne auf eine Antwort zu warten gehe ich in die Küche und hole alle Zutaten raus. Bei mir gibt es kein ‚ich will nichts essen' und das hat mein guter Nachbar ziemlich schnell gemerkt.

„Jungkook, du brauchst nichts zu kochen—"

„Doch brauch ich. Wir beide brauchen Essen sonst verhungern wir. Ich bin ein guter Gastgeber und kein schlechter", murmel ich und bereite alles vor. Es hat keinen Zweck mich zu überreden. Habe ich mir einmal etwas in den Kopf gesetzt, so bleibt es in meinem Kopf und kommt nicht mehr wieder raus.

Seven /Taekook ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt