Cassian-Der Beraubte

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Es war dunkel. Nacht. Kalt. Ich stand vor dem Gebäude, in das man mich gebracht hatte, mit dem Versprechen, mir werde geholfen.

Es war eine Lüge.

Ich erinnerte mich nicht an viel. Die Ärzte waren fasziniert von meiner "Krankheit", die sie "anterograde Amnesie" nannten. Amnesie. Ich war mir nicht sicher, ob man diese schwarzen Flecken so bezeichnen konnte. Sie waren boshaft und kamen immer wieder. Ein Arzt, der mit mir gesprochen hatte, hatte mich ausgelacht, als er meinen Namen erfuhr. "Cassian?", grinste er, "Wie ironisch." Ich war verwirrt gewesen und hatte gefragt weshalb. "Cassian heißt 'Der Beraubte'", hatte dieser geantwortet. Diese Sitzung, war wohl die Einzigste gewesen, die mir im Entferntesten geholfen hat. Ich wurde mir meiner Selbst besser bewusst.

Ich bin Cassian Grey, der, der seiner Erinnerung beraubt wird. Ich musste leise lachen. Wie Dramatisch.

Und der Dieb? Diese schwarzen Flecken. Sie umschlossen meine Gedanken, krallten sich meine Erinnerung und nahmen sie mit sich. Ich knirschte mit den Zähnen. Diese Flecken lösten einen Hass auf mich selbst in mir aus, der tief in mir brannte.

Aber weiter im Text. Dieses Gebäude hatte mir mein Vertrauen in andere Menschen endgültig genommen. Diese Kerle hatten an meinem Kopf herumgefuhrwerkt, da war ich mir ziemlich sicher. Hatten mit mir und meiner Psyche herumgespielt. Letztendlich war ihr Tod, ihr Fehler gewesen. Mit einem Lächeln fuhr ich mir über meinen Arm, die Liste der Schuld, die ich mit Stolz bei mir trug. All die Namen waren hier verzeichnet, sodass die schwarzen Flecken die Erinnerung an ihre Tode nicht mit sich nehmen konnten. Ich hatte sie überlistet.

Und nun, da ich wieder frei war, hatte ich eine wichtige Sache, die ich erledigen musste.

Melodys Mutter.... Meine Fingerspitzen stoppten an einem langen Schriftzug auf meinem Arm. Es war die schönste Narbe, die ich besaß. In meinem Inneren zog sich alles vor Zuneigung zusammen, während ich das sanft geschwungene "M" nachfuhr. Melody hatte mir, kurz vor ihrem.... Tod...., von ihrer kranken Mutter erzählt. Sie hatte sie sehr geliebt. Ich fühlte mich verpflichtet die beiden zu vereinen.

Als ich bei dem "D" ihres Namens ankam, stoppte ich kurz. Da war diese Ecke am Bogen, die mich jedes Mal störte. Ein Bild blitzte kurz vor meinem inneren Auge auf, wo ich zusammen gesunken und verheult auf dem Küchenboden hockte und mit einem Schluchzer die Klinge von meinem Arm abrutschte. Ich seufzte peinlich berührt. Schwäche. Das war das Wort, das mich die ganze Zeit begleitete. Durch meine Schwäche war das hier erst passiert. Aber ich hatte mich damit abgefunden. Außerdem hatte ich meine eigene Welt, in meinem Kopf, in der alles in Ordnung war. Die reale Welt brauchte ich nur, um die andere aufrecht zu erhalten.

Mit entschlossenem Blick schaute ich nun in die leeren Straßen und setzte mich in Bewegung.

Natürlich hatte ich keine Ahnung, wo Melodys Eltern wohnten, selbst, wenn ich es einmal gewusst hatte. Aber ich wusste wie mein ehemaliger Schulleiter hieß, der Vater von Melody.

"Gregor Langfort....", murmelte ich in den aufkommenden Wind. Ein leises Heulen, das durch jede Spalte des Städtchen drang. Meine schwarzen, zerzausten Haare wurden mir ins Gesicht geweht, verdeckten mir kurz die Sicht. Das Heulen des Windes formte sich in meinen Ohren zu einer Art Melodie, lang gezogen, wie das Wehklagen eines jungen Mädchens. Ich fing an, langsam jene Melodie mitzusingen, fast schon euphorisch. Plötzlich formte sich, aus einem der von den schiefen Häusern geworfenen Schatten, tatsächlich ein kleines Mädchen, das durch die Gasse tanzte. Ich bildete mir ein sogar ein Kichern zu hören, als wäre sie erfreut, das ich mit ihr sang. Ich ging auf sie zu, sang weiter leise mit ihr das Lied und schaute der schemenhaften Gestalt zu. Ich streckte eine Hand nach ihr aus. Vielleicht hatte sie sich verlaufen? Doch sobald ich sie fast erreicht hatte, verwandelte sich ihr klarer Gesang, zu einem lauten Heulen und Pfeifen. Ich verzog das Gesicht, ließ mich aber nicht beirren. Jedoch.... als ich sie erreichte, griff ich durch sie hindurch. Pfeilschnell zog sich die schwarze Gestalt des Mädchens zurück in den Schatten und es war still. Leise pfiff der Wind durch die leere Gasse und ich stand mit hängenden Armen da. Es war alles normal. Die Melodie, die ich gesummt hatte, kam nicht mehr über meine Lippen und sosehr ich mich auch anstrengte, ich erinnerte mich nicht mehr an den Klang.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 14, 2015 ⏰

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Cassian (Creepypasta)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt