Auch wenn Chiara eine miese Zicke ist, muss ich ihr schon einwenig Recht geben. "Nein, das werden wir sicher nicht.", kommt es von Allen und sie lächelt uns verlegen an, "So schwer werden diese Aufgaben bestimmt nicht sein, wir haben doch alle gelernt."
Adam, der sich längst wieder beruhigt hat, verschränkt die Arme. "Als ob jetzt ALLE für diese scheiß Prüfung gelernt haben!" Aus Panik in der Klasse wird Verlegenheit. "A-Aber da steht nicht, dass nur einer die Aufgabe lösen soll. Ich glaube die ganze Klasse soll sich eine Antwort überlegen.", die Stimme kommt von Valeria. Jeder Blick trifft auf sie und sie schaut auf dem Boden. Colton nickt Valeria bestätigend zu: "Hey, das ist nicht schlecht. Ich glaube so könnten wir wirklich alle lebend rauskommen." Zustimmendes Gemurmel macht sich breit. Mal ehrlich, den Typen aus der Parallel-Klasse glauben sie aber meiner beste Freundin nicht? Was soll das?
"Also gut.", Xavier seufzt kurz, bevor er dann fort führt, "Lasst uns die Sache durchziehen." Und schon stellen sich einige aus meiner Klasse vor dem linken und der Rest vor dem rechten Tor. Die Sache verläuft ein bisschen chaotisch, da noch nicht mal die Hälfte der Schüler sich bei ihren Klassen aufgestellt haben. Viele aus meiner Klasse hatten Beziehungen zu den anderen aufgebaut, fällt mir erst jetzt auf. Nach einer Weile, nachdem sich alle endlich in Zweierreihen aufgestellt haben, öffnen sich beide Türe wie in einem Aufzug.J A N A -
Und so soll es beginnen. Starr vor Angst stand ich neben meinem Freund Josh und zerquetschte seine Hand. Er presste meinen Körper an seinem und sah mir in die Augen. "Alles wird gut, ja?", versicherte er lächelte mich an. Sein Blick wirkt beruhigend auf mich. Ich schluckte. Wir sind die letzten in der Reihe vor unserer Tür, der 10A und 10B. Ich schaute rüber zu den anderen und entdeckte ein Mädchen welches wirklich von allen herausstach. Ihr Gesicht war reiner als das der anderen. Vermutlich trägt sie kein Tonnen-Make-Up und keine knappen Klamotten, welche schon als nuttig durchgehen. Mein Blick haftete eine Zeit lang an an ihr bis mich Josh wieder aus den Gedanken riss, indem seine großen Hände mein Handgelenk umfassten.
Ich habe Angst. Besser ausgedrückt, ich weiß nicht, was jetzt auf mich zukommt. Auf uns beide. Halten wir das gemeinsam durch? Ich drückte mich eng an meinen Freund.
Der Gang, den wir gerade betraten, ist so finster, dass wir nichts sehen konnten. Während wir ihn entlanggingen, herrschte gespenstisches Schweigen über uns. Unsere Schritte hörten auf, als ein Kreischen wie ein Echo durch den Gang hallte.
Vorne war ein Licht zu sehen und ich erspähte eine große Metalltür. Sie war nur einen Spalt offen, und diejenigen die nach vorne eilten, versuchten vergeblich die Tür zu öffnen. Plötzlich gingen hunderte von Lichtern über unseren Köpfen an und wir stöhnten auf. Unsere Augen hatten sich gerade an die Dunkelheit gewöhnt.
Ich schaute zurück, doch ich konnte nichts erkennen, außer eine weiße Wand. Etwas hing an der Wand und ich ging langsam auf sie zu. "Was ist los?", fragte Josh. Er hatte wohl bemerkt, dass ich nicht mehr neben ihm stand. Mindestens zwei Meter von dieser Wand entfernt erkannte ich ein kleines, dickes, schwarz eingebundenes Buch auf einem kleinen Tisch. Ich nahm das Buch in die Hand und betrachtete es mit Erstaunen. Es war kaputt an einigen Stellen und der Einband war leicht nass, jedoch wusste ich nicht in was für einer Flüssigkeit dieses Buch getränkt war. Trotzdem war das ein Fund, den wir gut gebrauchen könnten. "Hey Leute, ich habe hier was gefunden!", rief ich triumphierend. Die Worte hallten auch hier wie ein Echo durch den Gang und alle zuckten deswegen zusammen. Neugierig schritten einige zu mir herrüber und schlugen vor, das Buch vorzulesen. Ich öffnete es und las die erste Seite vor:" DIE ERSTE AUFGABE basiert auf das altbekannte Glücksspiel "Russisch Roulette"
Hier ist großes Glück gefragt und der Zufall bestimmt, mit welchen Schmerzen man von dieser Aufgabe davon kommt.Hinter der weißen Wand befindet sich ein geheimer Raum, der sich erst öffnen lässt wenn ihr neun Personen auserwählt habt, die diesen Raum betreten sollen. Dort befinden sich jeweils neun Kisten aus Pappmasche. Jeder wählt eine Kiste, die er auf Kommando mit einer Hand zerdrücken soll. Sechs von den Personen könnten ihre Hand verletzt bekommen oder im schlimmsten Fall verlieren, die anderen drei finden die Schlüsselteile. Sobald ihr mit der Aufgabe fertig seid, kehrt ihr wieder zurück zu eurer Gruppe und öffnet die Tür zur nächsten Aufgabe.
Behaltet dieses Buch bis zum Ende der Prüfung.
Eure Schule "
"Also brauchen wir jetzt neun Freiwillige", wiederholte Merle, ein Mädchen mit braunen gelockten Haaren und grauen Augen. "Ich gehe.", sofort meldete sich jemand aus der hinteren Reihe. Ein Junge aus der 10A mit hellen, hochgegelten Strähnen. Es meldeten sich noch zwei weitere. Wie mutig. Ist denen denn nicht bewusst, auf was sie sich einlassen?
Niemand weiteres hob seine Hand als Zeichen, dass er geht. Wir verharrten auf unseren Standorten und schauten uns alle mit ängstlichen Blicken an. Schließlich stellte ich mich nun auch der Herausforderung. "Ich gehe auch." Josh's Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Kein Entsetzen, keine Trauer, nichts.
"Noch weitere?", fragte Merle und blickte erwartungsvoll in die Runde.
Larissa (die Schlampe aus der A) kam wütend aus der Menge nach vorne und beugte sich vor Merle. Diese hob eine Braue und guckte sie fragend an. "Was hälst du davon, wenn du auch mitgehst?", das blonde Gift tippte mit ihrem Zeigefinger auf die arme kleine Merle. "Man zeigt nicht mit nackten Fingern auf angezogene Leute", kicherte Nils, der Komiker.
"Wie im Kindergarten.", war mein einziger Kommentar zu dieser Disskusion.
"Oder ihr beide geht", schlug Josh vor, ohne auf mich und Nils zu achten. Es machte mich einwenig traurig, dass Merle da mit eingezogen wird, aber umso besser, wenn die Schlange mitkommt. Am Ende kamen drei weitere der B dazu: Matthias, Lea und Jill.
Ich gab Josh das Buch und wir stellten uns vor der Wand. Sie wurde mit einem Kratzen über den Boden zur Seite geschoben und vor uns öffnete sich ein Raum mit einem Tisch in der Mitte. Ich schaute zurück, jedoch war die Wand schon wieder zwischen uns und den anderen. Wir gingen langsam auf den Tisch zu und stellten uns vor die Kisten, die darauf plaziert wurden. Ich beobachtete unsicher die kleinen weißen empfindlichen Kisten vor uns.
Wir warteten auf ein Signal und hielten unsere Hände bereit zum Schlag. Ein Piepton ertönte und alle schlugen auf die Pappmasche-Kisten ein. Betäubt vor Angst hörte ich die Schreie von den anderen. Nur dumpf, aber ich schaute auf meine Hand und hob sie an um zu sehen was unter ihr war. Ein Schlüsselteil!
Was ich bei den anderen sah würde ich nie wieder vergessen. Ich konnte nur die Hände erkennen. Nicht die Person welcher die Hand gehörte. Die erste Person hatte keine vollständige Hand mehr, man konnte nurnoch Knochen und Hautfetzen sehen. Ein leichtes Zischen unter den Schreien machte sich breit und der Rest der Hand löste sich weiter auf. War das Säure? Und wenn ja, wie kann Säure in einer Kiste aus Pappmasche verweilen, ohne diese zu verätzen?
Die nächste Hand war von kleinen Ameisen bedeckt und schwoll immer mehr an. Ich umschloss das Schlüsselteil in meiner Hand und zog diese nah an meine Brust. Ein lautes Summen störte meine Gedanken und ich schaute rüber zur nächsten Hand. Ein Bohrer drehte sich immer weiter durch die Hand und das Blut spritzte umher. Als nächstes kippte jemand um, mit einem Messer im Handgelenk. Es hörte nicht mehr auf zu bluten, und ich glaube, dass diese Person es nicht mehr lange überstehen wird.
Erschrocken wich ich zurück, als die Klaue eines Skorpions aus einer der Kisten erschien. Dieses Vieh kroch heraus und krabbelte über den Tisch umher, um ein Ausweg zu finden. Mein Blick haftete an der Hand, die auf die Kiste mit dem Skorpion eingeschlagen hatte. Sie war extrem angeschwollen und pochte vor Schmerz. Ich stolperte als ich noch einen Schritt zurück gehen wollte und viel nach hinten. Die letzte Person schaute völlig erschrocken ihre Hand an und die hundert Nadeln die in ihr steckten so weit es ging.
Mit einem Kratzen öffnete sich die Wand wieder und wir stürmten raus, ich rannte zu Josh und zeigte ihm das Schlüsselteil. Er lächelte und schaute zu den anderen. Jill hatte es überstanden, und Merle auch. Gott sei Dank!
"Anna fehlt!", rief ein Mädchen aus der A geschockt. Jetzt wo sie es sagte, viel mir es auch auf. Anna musste also diejenige sein, die als erste hier verblutete. Matthias bekam die Säure ab, Lea die Ameisen. Larissa's Hand war noch angeschwollener als Lea's, das müsste heißen, sie hat den Skorpion abgekriegt.
"Leon auch", bemerkte Nils überrascht, "was war denn in den Kisten drin, dass die beiden sterben ließ?"
Lea rief in einem beängstigten Ton: "Dort waren Nadeln, Ameisen ... - und ein Skorpion!" "Du hast das Messer und den Bohrer vergessen.", fügte Jill noch unnötig ein. Diese Worte versetzten die anderen so sehr in Panik, dass sie vergaßen, dass die Schlüsselteile gesetzt werden mussten. Ich klaute schnell die anderen Teile von Merle und Jill und hakte sie ineinander ein. Ich ging mit Josh an der Hand an den Leuten vorbei und steckte den Schlüssel in das Schlüsselloch. Mit einem lauten Zischen öffnete sich die Tür und wir schoben sie weiter auf.
Wenn ich gewusst hätte was sich in dem Raum befindet, hätte ich die Tür nie geöffnet.