Sie starrte auf den großen See hinaus. Der Mond spiegelte sich in dem stillem Gewässer. Bald würde er seine Rundung erreicht haben. Sie fröstelte. Es war frisch; eigentlich zu kalt. Die Blattleere rückte näher.
Ihre Gedanken schweiften ab. In drei Tagen, zum Vollmond, würde die Zeremonie stattfinden. Sie, Sternenlied, würde einen Gefährten bekommen. Sie sollte ihn sich selber herausgesucht haben. Eigentlich. Aber natürlich stimmte das nicht; ihr Vater, Rauhstern, hatte ihn herausgesucht. Sie sollte nur gehorchen.
Graublatt. Er war...in Ordnung. Vernünftig. Ordentlich. Es wäre das beste, das vernünftigste, seine Gefährtin zu werden. Aber sie liebte ihn nicht. Ihr Vater hatte ihn herausgesucht, obwohl er eigentlich schon Ältester war. Erst seit kurzem, aber trotzdem war er zu alt! Sie zog die Krallen über den Boden. Abendhauch war so alt wie sie.
Abendhauch. Er sah gut aus, war mutig, fröhlich und nett zu ihr. Aufmerksam war er auch und ein guter Krieger. Aber er gehörte zum RankenClan und sie zum SeeClan! Und die beiden Clans waren bitter verfeindet, auch etwas der vielen Dinge, die sie nicht verstand. Ihr Vater schien Sturmwolke, die Anführerin des RankenClans, zu hassen. Warum? Missmutig stand sie auf und lief den See entlang. Sie konte sich nicht entscheiden.
Sie kannte Graublatt gut und schon sehr lange, verstand sich mit ihm. Würde sie ihn wählen, wäre ihr Vater zufrieden.
Abendhauch kannte sie noch nicht so lange, sie wusste nicht, was sie von ihm halten sollte. Sie mochte ihn, aber es war nicht viel mehr als Geschwisterliebe.
"Sternenlied? Geht es dir gut?" fragte Sonnensee, die Kriegerin. Sie war plötzlich vor ihr aufgetaucht und musterte sie scheinbar besorgt. Nichts als Lüge. "Ja, natürlich. Es geht mir super." antwortete sie flüchtig und verschwand im Schatten. Lüge, Lüge, Lüge. Nichts war gut.
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Seelenschmerz
Fanfiction❝Ich bin okay. Es geht mir gut. Wirklich.❞ Jeden Tag. Sie log, sagte, sie wäre okay. Aber es war nichts okay. Schon lange nicht mehr. Aber sie wollte es nicht glauben, wollte es mit aller Kraft verdrängen, bis sie selbst daran glaubte, dass es ih...