Sei deinen Freunden nah, aber deinen Feinden noch näher. Ein Spruch, über den ich am liebsten lachen würde. Doch leider kenne ich die Bedeutung dahinter nur zu gut. Seine Freunde kann man sich aussuchen, aber seine Feinde...
Sie schleichen sich aus der Asche deiner Vergangenheit heraus an und treffen dich unerwartet in den Momenten, in denen du es dir am wenigsten vorstellen würdest. Deine Feinde suchst du dir nicht aus. Du kreierst sie. Alleine deine Handlungen bestimmen, wer Freund und wer Feind ist...nur hatte ich in diesem Fall keine Wahl. Er war mein Feind, und dass noch vor meinem ersten Atemzug.
Riva, 15 Jahre alt
Ich hatte gehofft nach der Schule meine Hausaufgaben machen zu können, besonders Mathematik, die ich morgen für eine Benotung abgeben müsste. Ich hatte gehofft mich mit meiner besten Freundin Kayla treffen zu können, die nicht wusste, was bei mir zuhause seit Jahren Alltag war.
Stattdessen hocke ich zitternd wie Espenlaub und mit angezogenen Knien in meinem Kleiderschrank, damit er mich bloß nicht findet. Dass er überhaupt hier ist, wundert mich, denn er dürfte gar nicht dieses Haus betreten, geschweige denn in meine Nähe kommen.
So hat es das Gericht nach der letzten Auseinandersetzung entschieden, nachdem ich mit mehreren Knochenbrüchen und Prellungen in das Krankenhaus eingeliefert wurde.
Er kam unerwartet, wie ein Sturm.
Nachdem ich ihn im Wohnzimmer sitzen sah - lässig in dem Sessel fläzend - habe ich meine Beine in die Hand genommen und bin die Treppen hoch in mein Zimmer geflüchtet. Und nun bin ich hier.
Meinen Puls spüre ich durch meinen ganzen Körper, das Blut rauscht mir in den Ohren, dass ich sie mir am liebsten zuhalten würde, und salzige Tränen kullern mir still die Wangen runter. "Du kannst dich nicht ewig vor mir verstecken, Riva. Ich finde dich und dann gibt es kein Entkommen mehr."
Seine Stimme dringt zwar nur gedämpft durch meine versperrte Zimmertür, doch verstehe ich zu meiner Missgunst jedes Wort. Ich checke das Display meines Handys. Nichts. Keine Nachrichten, keine Anrufe. Alle denken, dass es mir gut geht.
"Du kleine Schlampe, wo steckst du!"
Ein leises angsterfülltes Wimmern baut sich in meiner Kehle auf, welches ich gerade noch rechtzeitig runterschlucke. Er kommt immer näher, was bedeutet, dass mich jedes kleinste Geräusch sofort verraten könnte.
Ich traue mich nicht einmal mehr zu atmen. Wäre ich doch nur direkt von der Schule aus zu Kayla gegangen, wie wir es eigentlich abgesprochen hatten, aber nein, ich wollte ja unbedingt die schwere Schultasche loswerden. Nun habe ich den Salat und stehe kurz davor von ihm umgebracht zu werden.
Er konnte seine Wut noch nie gut zügeln. Bei jedem kleinsten Fehltritt hat er schon immer sofort die Kontrolle verloren und mit Gewalt gehandelt, daher sollte mich sein Auftreten jetzt gar nicht wundern. Ich war es, die ihn fast ins Gefängnis gebracht hat, und wie man weiß, kann Rache blind machen.
"Ich weiß, dass du hier bist, Riva. Verstecken gehörte nie zu deinen Stärken und das weißt du genauso gut wie ich. Du bist viel zu schwach, um dieses Spiel weiterzuspielen. Komm einfach raus und ich werde dir nichts tun. Na, wie klingt das, meine Süße?"
Er ist hier. Direkt vor meinem Kleiderschrank, in welchem ich immer noch vergraben unter meinen Klamotten hocke.
Er müsste nur die Türen aufreißen und es wäre vorbei. Bitte Gott, auch wenn ich nicht an dich glaube, stehe mir bei.
"Riva.", säuselt er mit solch einer krankhaften Gelassenheit, dass ich mich am liebsten übergeben will. Ruhig bleiben. Keine Panik schieben. Gleich werden sie hier sein und dann hat dieser Albtraum ein Ende.
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Kissing Fire - Until It Burns
Teen FictionZwei unterschiedliche Seelen, zwei unterschiedliche Geschichten...Und beide kämpfen sie gegen das Feuer. Ein Beinahe-Unfall und schlechte Nachrichten für die siebzehn-jährige Riva Le Clair führen sie am Ende dazu einen Deal mit dem Sohn des Bürgerme...