Kritisch blicke ich in dem Spiegel bevor ich erneut eine Ladung Haarspray auf meine Haare sprühe. Immernoch wenig zufrieden räume ich meine Haarbürste wieder in die Schublade, stelle das Haarspray wieder in das Regal, schalte das Glätteisen aus und lege dieses auf dem Rand des breiten Waschbeckens ab. Ich ging aus dem Bad hinaus. Das Licht lasse ich an, da meine Mutter dicht an mir vorbei huscht und direkt die Badezimmertür hinter sich verschloss.
Leicht genervt von dem frühen Stress gehe ich wieder in mein Zimmer. Ich öffne meinen Kleiderschrank und blicke in diesen. Was soll ich nur anziehen? Ich wühle ein wenig darin herum, bis ich schließlich etwas Gutes finde: ein enganliegendes, bauchfreies, schwarzes Top mit zwei Schnüren, die man sich um den Bauch band und zu einer Schleife, oder einem Knoten, schnürte. Okay, das Oberteil habe ich, welche Hose? Ich wühle etwas herum. Nach kurzer Zeit wurde ich erfolgreich. Stolz hole ich die Hose hervor. Das linke Hosenbein war schwarz mit lila Motiven, wie einem gebrochenen Herzen und einem Smiley. Das rechte Hosenbein war umgekehrt: Lila als Grundfarbe und mit schwarzen Motiven. Zufrieden schlüpfe ich in das Top und in die Hose. Ich blicke in den Spiegel. Ich muss lächeln. Das Outfit sah spitze aus. Ich blicke auf die Uhr. 6:40. Scheiße! In 10 Minuten kommt mein Bus! Schnell packe ich mein Mäppchen und meinen Block in den Rucksack. Die Schlüssel stecke ich vorne in ein kleines Fach. Ich schaue mich einmal im Zimmer um und denke kurz nach. Ich hab alles. Los geht's. Ich gehe aus meinem Zimmer und sprinte die Treppe runter. „Sein gefälligst leise!", schreit eine weibliche Stimme aus der Küche. „Tut mir leid, ich bin spät dran!", antworte ich, während ich abbremse um nicht so viel Lärm zu machen. Ich ging durch die Tür und höre, wie die Stimme aus der Küche noch etwas sagt. „Hättest du dein Leben mal unter Kontrolle, dann wäre das nicht passiert. Miststück."
Leicht verletzt schließe ich die Tür hinter mir und gehe in einem zügigen Tempo zur Bushaltestelle, wo bereits einige Kinder waren. Ich kannte keinen von ihnen. Ich war neu hier. Als ich näher kam bemerke ich, wie ein paar von ihnen sich umdrehen und mich für ein paar Augenblicke anschauen. Dann fing ein leises Getuschel an. In einer kleinen Ortschaft war es anscheinend so, dass jeder sich untereinander kannte und Neue erst einmal ausgeschlossen wurden. Naja, das bin ich ja schon gewohnt. Dort wo wir zuvor gelebt hatten wurde ich täglich ausgeschlossen, ausgelacht, geärgert und fertig gemacht. Wir, also ich und meine Mutter, sind in den Sommerferien zu ihrem Liebhaber gezogen. Als der Umzug fest stand war ich einerseits sehr froh, dass ich von dem ganzen Stress und den ganzen schlechten Erinnerungen wegkam, aber ich hatte auch sehr große Angst, dass sich das Ganze, was ich vor den Sommerferien erlebt hatte, hier wiederholen würde. Ich hatte abends lange im Bett gelegen, während ich das Internet leer gelesen habe, um herauszufinden, wie ich dort Freunde finden konnte. Wenigstens eine Freundin. Nur eine einzige. Mehr wollte ich gar nicht. Ich wollte nur eine Person in meinem Leben haben, der ich vertrauen kann. Nur eine. Das würde mir reichen.
Das Quietschen des Busses reißt mich aus meinen Gedanken. Ich hole meine Fahrkarte aus meiner Handyhülle heraus. Nachdem alle anderen in den Bus eingestiegen sind, gehe ich ebenfalls rein. Sich am aller ersten Tag als Erste in den Bus zu drängeln würde vermutlich keinen guten Eindruck hinterlassen. Nervös zeige ich die Fahrkarte. Der Busfahrer brummt nur etwas und deutet kurz nach hinten. Ich darf rein. Ich atme leise und erleichtert aus. Busfahrten waren schon immer sehr anstrengend für mich. Diese ganzen Menschen, die Lautstärke, die vielen Gerüche und der fehlende Platz bereiteten mir so gut wie jedes Mal Panik. Heute ist es wieder so. Um mich abzulenken schaue ich etwas im Bus herum. Vielleicht ist ja einer dieser Menschen bei mir in der Klasse? Keiner von ihnen sieht sonderlich sympathisch aus. Die eine Hälfte schaut auf ihr Handy, die andere schläft. Es gibt auch ein paar, vielleicht so 6 Stück, die einfach mit einem leeren und müden Blick aus dem Fenster blicken. Mein Blick schwingt ebenfalls nach draußen als ich sehe, wie ein paar Mädchen ihr Handy mit der Kamera zum Fenster halten. Anscheinend machen sie ein Bild. Als ich den Sonnenaufgang erblicke kann ich verstehen wieso sie das fotografieren wollen. Der Himmel ist in ein wunderschönes rosa getaucht. Ich wollte den Blick nicht vom Himmel lösen, aber als der Bus durch ein langes Stück Wald fährt, bleibt mir keine andere Wahl übrig. Mehrmals schaue ich auf mein Handy und auf die Anzeige vorne am Bus, die die nächsten Haltestellen anzeigt. Ich hoffe ich verpasse meine Haltestelle nicht.
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Zerstörte Liebe
Teen FictionZwei Personen mit den selben Ansichten, den selben Interessen und den selben Hobbys. Zwei Personen, die sich Hals über Kopf verlieben. Zwei Personen, die eine gemeinsame feste Zukunft planen. Liebe auf den ersten Blick. Vom Schicksal zusammengeführt...