"Komm auf eine Tasse Tee in mein Büro." Wriothesley versuchte es immer und immer wieder. Es war keine Frage, es war eine Aufforderung und einmal hatte Neuvillette den Fehler begangen und, so blauäugig wie er war, war er auf die Einladung angesprungen. Am Ende hatte er sich im Büro zwischen Wriothesleys starken Armen eingekesselt gegen den Schreibtisch wiedergefunden, die Finger fest in die Tischkante geklammert und sein Gesichtsausdruck steif und ernst.
"Ich glaube, ich habe etwas missverstanden, Duke Wriothesley. Ich muss mich nun entschuldigen."
Mit diesen Worten hatte er den Herzog der Meropide stehen lassen. Mit heißen Ohren, heißen Wangen und einem stark pochendem Herzen in der Brust.
Und seitdem hatte er diese Worte als Gefahr gedeutet und stets abgelehnt. Was Wriothesley scheinbar nicht kümmerte, er probierte es auch heute wieder und hatte auf Neuvillettes Ablehnung nur leise gelacht und ihn dann zum Aufzug begleitet, der den Hydrodrachen zurück zur Oberfläche brachte.
Doch jedes Mal, wenn Neuvillette nach dem Besuch des Fortress zurück in sein eigenes Büro ging, wurde ihm schwer ums Herz und dicke Tropfen fielen hinab auf die Erde, ergossen sich in einem trüben Regenschauer.
Ein innerlicher Kampf zwischen Vernunft und Neugierde und Sehnsüchte brannten in ihm auf, brachten den sonst so kühnen und besonnenen Richter ins Straucheln.
"Du bist ja wieder zurück, Neuvillette. Ich habe das Gefühl, dass deine Besuche in der Meropide immer kürzer werden. Dabei hättest du ruhig mal mit deinem Freund eine Tasse Tee trinken können", tadelte Furina ihn, als sie in sein Büro trat und den bekümmerten Drachen dort erblickte. Neuvillette sah kurz von seinen Dokumenten auf und lächelte den Archon dezent an.
"Duke Wriothesley hat genug zu tun, genauso wie ich. Und wir haben uns ja ein wenig gesehen und..."
"Der Regen ist nicht auf natürlicher Basis entstanden, mein lieber Neuvillette. Du stehst dir wieder selbst im Weg." Sie sah ihn lange an, ehe sie ein wenig nervös ihre Finger gegeneinander tippte und den Blick abwandte. "I-Ich hab es dir doch schon mal gesagt. Manchmal wäre es nicht verkehrt, persönliche Bindungen zu pflegen. Und du magst ihn doch!"
Neuvillette blinzelte. "Hm", machte er leise und er senkte seine Augenlider ein wenig, ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen.
"Ich mag ihn, das ist richtig, aber das ändert nichts daran, dass wir unsere Arbeiten haben."
"Neuvillette! Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit! A-Also geh jetzt runter und trinke mit ihm eine Tasse Tee. Das ist ein Befehl deiner Göttin!" Erbost hatte sie ihre Handflächen auf die Tischplatte geschlagen und starrte ihn stur an.
Tief atmete Neuvillette durch und ließ die Dokumente, die er eben zur Hand genommen hatte, wieder nach unten sinken.
"Er macht mich nervös, Lady Furina."
Überrascht wurde er angesehen. "Nervös?", wiederholte der Archon und ihr Gesichtsausdruck sprach Bände, dass sie sich gar nicht hatte ausmalen können, dass es etwas gab, was den mächtigen Hydrodrachen nervös machen könnte.
"Haha, ja, er ist ein zäher Bursche u-und mit ihm würde ich mich niemals anlegen wollen!" Hastig und mit panischem Gesichtsausdruck wedelte sie mit den Händen vor sich herum. Oh nein, nein, allein die Vorstellung bereitete ihr große Angst! Aber Neuvillette würde sich doch nicht aufgrund dieses Mannes kleinmachen wollen?
Ein seltenes leises Lachen entfloh ihm und er verbarg seinen Mund hinter seiner gelockerten Faust.
"Nicht diese Art von Nervosität. Obwohl er durchaus ein ernstzunehmender Gegner wäre", musste er einräumen, zugegeben, er wüsste nicht, wie ein Kampf gegen Wriothesley ausgehen würde.

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Persönliche Beziehung
Short StoryNeuvillette will seine Gefühle verstehen und richtig deuten. Diese geraten gerne völlig aus der Bahn, wenn er einem gewissen Herzog über den Weg läuft und durch Lady Furina wird ihm bewusst, dass es an der Zeit ist, sich und den neuartigen Empfindun...