00 | 25. Oktober 1986

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Dunkel glänzende Wände umschlossen Leah. Das neunjährige Mädchen saß auf einem schwarzen Stuhl, für den sie viel zu klein war. Ihre Füße baumelten in der Luft und dass, obwohl sie nicht einmal die Rückenlehne berührte. Sie kam sich unglaublich klein vor. Und die Geschworenen des Ministeriums, die mit ernsten Gesichtern zu ihr hinabsahen, trugen nicht dazu bei, dass sie sich besser fühlte.

Nur die Anwesenheit ihrer Mutter und ihrer Tante, die beide auf den Publikumsplätzen saßen, beruhigte sie ein wenig.

"Bitte erzähl uns doch, was an dem Abend passiert ist, an dem dieser Mann", der Vorsitzende in der schwarzen Robe machte eine kurze Pause und deutete auf die Person, die links von ihr in einen Gitterkäfig gesperrt war, "in euer Haus eingedrungen ist."

Leahs Blick wanderte zu dem Mann. Seine Hände schlossen sich verkrampft um die Gitterstäbe seines Gefängnisses. Sein Gesicht war finster und unzählige Falten ließen ihn älter wirken, als er tatsächlich war. Seine dunklen Haare waren zerzaust und das Mädchen fand, dass er aussah, als hätte er sich schon seit einer Weile nicht mehr gewaschen. Vorhin, als sie hereingebeten worden war, hatte sie ihn beinahe nicht wiedererkannt.

Als sie den Mann das letzte Mal gesehen hatte, war seine Haut nicht so farblos und sein Gesicht nicht so knochig gewesen. Offenbar war es ihm seit seiner letzten Begegnung mit ihr nicht gut ergangen.

Diese Erkenntnis ließ das Mädchen schlucken.

Seit dem Beginn ihrer Anhörung hatte der Mann kein einziges Wort gesagt. Alles was er tat, war Leah mit seinen leeren, dunkel unterlaufenen Augen anzustarren.

Die Hände des Mädchens klammerten sich in den Stoff ihres Pullovers. Bisher hatte sie es vermieden ihn anzusehen. Doch nun tat sie es. Wenn auch nur für einen kurzen Moment, denn schnell wandte sie ihren Blick wieder von ihm ab und konzentrierte sich auf den Vorsitzenden, der geduldig auf ihre Antwort wartete.

𝐀𝐋𝐎𝐇𝐎𝐌𝐎𝐑𝐀Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt