Plurale Welt (Gesamtausgabe, wattpad-friendly)

143. Verdient

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Okay. Merkwürdig. Tatsächlich hatte Dartagno dazu einen Verdacht. Er gefiel ihm nur leider kein Stück. Waren sie sich etwa doch ähnlicher, als er ursprünglich angenommen hatte? Fuhr er hier bei einem mit, der sich zum Dienen entschieden hatte? Welchem uralten Schrecken diente Ouroboros?

Dartagno schmunzelte offen auf dem Beifahrersitz vor sich hin. Interessant. Wenn er Recht hatte, dann war das die Probe aufs Exempel. Mal sehen, wer hier am Ende wen frisst.

Die Scharen der Riege staubten über einen verlassenen Pfad hinweg, der sie zu einem Bunkerkomplex führte. Von außen nicht mehr als ein rechteckiger, verlassener Bau der ehemaligen Bevölkerung dieses Landes.

Dartagno war jetzt mental auf hundert Prozent. Er achtete auf jedes Zirpen jedes Lebewesens der Umgebung. Die giftigen Tiere der Einöde zischten. Die Nacht verbarg die Weiten, die sich um das Gebäude hinaus ausbreiteten. Thknah stieg aus und Dartagno folgte ihm ins Innere des Komplexes.

Der Eingang wurde gut bewacht. Dahinter entblößte sich eine Einsatzzentrale, geführt von Körpern in rot-braunen, fein gestickten Roben, von denen jeder an einem Terminal saß und irgendwelchen Arbeiten nachging. Dartagno erhaschte Blicke auf die Displays. Keiner von ihnen spielte Skat oder Poker nebenbei. Legalisierung von was? Scheiße, näher ran!

Thknah achtete akribisch auf ihn und alle seine Bewegungen. Die einzelnen Bereiche der Einsatzzentrale waren durch große Seidenvorhänge zwischen den Steinwänden begrenzt. DMT? Hatte er da gerade DMT gelesen? Dartagno krempelte sofort seine Hemdärmel runter. Nicht gut. Jetzt musste er auf potentielle Überraschungsangriffe mit Injektionsnadeln achten.

Er versuchte weiterhin den schüchternen Überwältigten zu mimen, was immer schwerer wurde, je mehr er begriff. Das war tatsächlich eine respektable Raubtierhöhle hier. DMT wurde geraucht. Es konnte sich also auch aktiv in der Luft um ihn herum befinden und in seinen Lungen zu Halluzinationen führen. Dartagno überprüfte seine Wahrnehmung auf jegliche Veränderungen. Er beschränkte seine Atmung auf ein Minimum. Ungewollt bröckelte dabei seine Fassade.

Thknah bemerkte, dass dieser Maurer plötzlich viel gefasster und ernster wirkte. Er hatte sich schon gedacht, dass ihm hier nur etwas vorgespielt wurde. Er hätte es selbst nicht anders getan. Wie sehr konnte er den Daten auf dem Smartphone des Maurers vertrauen? Thknah musste unbedingt herausfinden, von welcher Spezies Dartagno wirklich war.

Dartagno hatte schon mehrere Lämmchen unter den Roben ausgemacht, die er würde überrumpeln und gekonnt ausquetschen können, wenn dieser Ouroboros nur mal unvorsichtig werden würde, und ihn nur eine Sekunde mit ihnen unbeobachtet lassen würde. Doch die Schlange tat es einfach nicht. Gut gespielt.

Thknah hatte selbst nie vom Ayahuasca, welches er für die Zeremonie der Hohegeweihten ansetzten ließ, gekostet. Er besaß keine eigene Toleranz. Der einzige Ort, an dem er Mikrodosen des DMT in die Luft entließ, war im Zentrum der Heilung, insbesondere an den Ruhepunkten, den Oasen, in denen die Formulare zur Erstanmeldung ausgefüllt wurden.

Tatsächlich besaß er aber eine hochdosierte Injektionsspritze, die er stets unter seiner schwarzen Robe versteckt am Körper hielt. Er wusste nur nicht, ob DMT bei allen Spezies wirkte. Wenn der Maurer in Wahrheit ein Vampir war, dann hätte er vielleicht genug Zeit, um ihn ins Verließ zu sperren. Das Monster und die Schlange standen unter einem inneren Druck, den sie beide schnellstmöglich loswerden mussten.

»Mir nach. Wir müssen uns dringend privat unterhalten«, zischte es.

»Ja«, dröhnte es.

Thknah führte Dartagno auf einen Außenbalkon hinaus. Die Schlange mit dem Bart der Ziege hatte sich nicht lumpen lassen und den hinteren Bereich des Komplexes mit dimmen, andächtigen LED Lampen ausgestattet, die einen möglichst echten Kerzenschein imitierten. Sie blickten nun gemeinsam ins Leere des schwarzen Nichts.