No water

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Jin Nico weiß nicht, wann ihm wirklich bewusst geworden ist, alles verloren zu haben, was ihn in dem Land gehalten hat, von dem er sich so viel versprochen hat. Wann er beschlossen hat nach Japan, in sein Heimatdorf zurück zu kehren. Vielleicht verbarg sich der Grund für den plötzlichen Entschluss ein Anruf seiner damaligen besten Freundin, dem ein tränenreiches Gespräch gefolgt ist. 

Vielleicht hinter der Annahme, er würde langsam den Verstand verlieren, durch die ständigen Flashbacks seiner Vergangenheit, die durch jede Ecke, jede Straßenlaterne ausgelöst worden sind und von nicht weniger Tränen begleitet wurden.

Yoongi, wie er Nico umarmt, mit ihm singt; Taehyung, der ihn auf den Schultern trägt, bei dem Versuch, um vier Uhr nachts die Laterne vor dem Dorm weihnachtlich zu schmücken. Die ganze Group beim gemeinsamen Kinoabend mit den Geschwistern; Yumi, wie sie Nico anstrahlt. Er ist so glücklich gewesen, so unglaublich glücklich. Er hatte alles, was er brauchte, alles was er wollte. Er hat jemanden geliebt, er hat wirklich gelebt. Bis seine Welt langsam angefangen hat zu bröckeln und die Risse, von denen er dachte, sie würden unbedeutend sein, größer geworden sind. Das fragile Baugerüst seines Lebens ist in sich zusammengesunken, so plötzlich, dass er nicht vorbereitet gewesen ist. Der bittersüße Traum, dieses Leben wäre soviel mehr als ein vorübergehender Moment, ist geplatzt, beim Anblick der Leiche seiner Schwester. Wie ein Erdbeben hat die Trauer ihn überrollt, alles Schöne mit sich gerissen, eine endlose Wüste zurück gelassen. Als Yoongi dann ihre Beziehung auf Eis gelegt hat, hat sich der Kampf ins Leben zurück angefühlt, wie der Versuch eine fast senkrechte Sanddüne hinauf zu klettern. Jeder weitere Verlust ist ein Stein, ein Gewicht, das ihn hinabzieht, ihn ertränken will. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit nicht abzurutschen, tief zu fallen und zu ertrinken, in diesem dunklen Meer aus Trauer und Verzweiflung, von dem Nico sich manchmal gewünscht hat, einfach hinabgezogen zu werden. Es hat ein weiteres Loch in sein Leben gerissen. Ein weiterer Mensch hat sein Leben verlassen, während er zurückgeblieben ist, mit nichts weiter als der erbärmlichen Hoffnung einen von ihnen wieder zu sehen. Yumis Tod hat sein Herz zerbrochen, doch Yoongi ist es gewesen, der auf den Scherben tanzte. Sein Herz ist tot. Nico hat Yoongis Dämonen zum Verstummen gebracht hat, doch wo war dieser als seine Eigenen am lautesten schrien?

Trotz der Tatsache, dass es nie Yoongis Absicht war, ihn zu verlassen, hat er Nico mit seinem plötzliche nAbschied so sehr weh getan, niemand hat diesen Schmerz lindern können. Er hat das Gefühl, niemand kann ihn verstehen. Sie verstehen nicht, dass dieses unbändige Feuer in diesem Haufen aus Splittern nur für Yoongi brennt. Es fühlt sich an, als würde er ersticken, verbrennen an diesem Feuer, er weiß nicht wofür er weiter kämpfen soll.

Sie sagen, er solle loslassen, doch er schafft es nicht. Er versucht Yoongi zu vergessen, wie dieser es sich gewünscht hat, weiter zu leben, ohne ihn, doch er kann es nicht. Vielleicht will er es auch schlicht und einfach nicht, denn tief in seinem Inneren hat er nie aufgehört ihn zu lieben, egal wie sehr er ihn hassen möchte.

Die Welt hat den Beiden gehört, Yoongi ist Nicos ganze Welt gewesen.

Eine Traumwelt, die zum Scheitern verurteilt gewesen ist. Und Nico hat sich geschworen, sich nie wieder zu verlieben und sich niemals wieder so verletzen zu lassen. Von niemandem. Niemals. Er hat nur ihn gebraucht.

Dennoch hat er versucht sich einzureden, es wäre die Tränen nicht wert gewesen. Doch dafür hat es sich zu richtig angefühlt. Er hat sich zu geliebt gefühlt.Es war ein erbitterter Krieg ihn zu lieben, und doch jeden einzelnen Kampf wert.

Obwohl sein Lächeln mit Yoongi verschwunden ist, bereut er nichts. Weder den Umzug nach Seoul, noch seine Rettungsaktion der Person, die ihm einmal alles bedeuten würde. Auch nachdem seine beste FreundinSoomin ihn nach Japan geholt hat, mit der Intention dieses Kapitel seines Lebens abzuschließen, hört er Yoongis Stimme, wenn er durch den Wald rennt.

too sad to danceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt