⁵| Inner Storms [Tandvik]

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Down - Jason Walker
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Draußen stürmte es. Auch wenn es schon längst dunkel war, saß Marius noch immer vor dem Fenster im Wohnzimmer. Von dort aus konnte er den Sturm und das Unwetter am Besten beobachten. Alle paar Minuten schlug irgendwo ein Blitz ein und der Regen prasselte nur so auf die Scheibe direkt vor seinem Gesicht. Wäre das Fenster geöffnet, wäre hier nach wenigen Minuten ein See vorzufinden, denn es regnete genau auf Marius zu. Er wusste selbst, dass er dringend schlafen gehen sollte. Seit er hier saß hatte er nicht mehr auf die Uhr gesehen und seinem Gefühl nach saß er schon viel zu lange auf dem Boden und starrte nach draußen. Eigentlich hatte er Danny versprochen, dass er gleich nach kommen würde, jedoch hatte sich das Gleich ein wenig in die Länge gezogen. Wenn Marius jetzt das Schlafzimmer betreten würde, dann würde Daniel sowieso schon schlafen. Normalerweise verbrachten die beiden wenn sie dann doch mal zuhause waren so viel Zeit mit einander wie es nur ging - obwohl sie sich auch während dem Training und der Saison ständig sahen. Aber dort konnten sie schlecht etwas unternehmen, weil die Tage vollständig durchgetaktet waren. Außerdem wusste nicht einmal das Team von ihrer Beziehung. Es wunderte Marius, wenn er darüber nachdachte, wie oft sie gemeinsam mit einem Auto fuhren und auch immer zu selben Zeit auftauchten. Eigentlich hatte er erwartet, dass zumindest Halvor, sein bester Freund, ihn darauf ansprechen würde. Zwar gaben sie sich größte Mühe, dass es nicht an die Öffentlichkeit geriet, aber dass dieses Versteckspiel so gut funktionierte, hatte er nicht gedacht. Es war als würde es ihnen niemand ansehen. Und genauso sollte es bleiben. Deshalb musste er sich im Training so gut es ging von Daniel fernhalten - der ihn sowieso immer ein kleines bisschen ablenkte, weil es Marius oftmals viel mehr Spaß machte, seinem Freund dabei zuzusehen wie er die Übungen ausführte, als diese teilweise fürchterlich anstrengenden Übungen selbst auszuführen. Auch vor den Wettkämpfen sahen sie sich bloß mal hier oder dort, meistens setzten sie sich auch bewusst von einander weg, selbst wenn kaum Plätze frei waren. Einmal wurde Danny sogar von einem der Slowenen darauf angesprochen, ob er mit Marius Streit hatte oder ob sie sich nicht mehr verstanden, eben weil sie vor ihrer Beziehung nicht gerade selten gemeinsam unterwegs waren. Zugegeben waren sie das heute auch noch, aber nicht mehr so wie früher.
"Was hält dich wach, Linus?", Marius sah auf als er Daniels Stimme und den besorgten Unterton darin hörte, der nun hinter ihm stand und ihm sanft durch die Haare strich. Ja genau. Was war es denn eigentlich? Wieso konnte er nicht einfach schlafen gehen? Er wusste doch, dass er viel zu wenig Schlaf abbekommen hatte in den letzten Tagen. Aber wann immer es an der Zeit war, fielen ihm tausend Dinge ein, die er zuvor erledigen wollte und ihn davon abhielten. Marius sah seinen Freund an. Er saß aus als hätte er bereits schon geschlafen. Was hatte ihn geweckt? War ihm aufgefallen, dass er nicht nachgekommen war? Marius hatte das Gefühl an seinen Gedanken zu ersticken. Noch dazu kam seine schlechte Sprungform. Bisher lief es wirklich nicht so, wie es in den vergangenen Jahren, in denen er gute Ergebnisse abgeliefert hatte, gewesen war. Dann fiel ihm wieder ein, dass Daniel auf eine Antwort wartete. Der Blonde strich noch immer sanft durch die Haare des Jüngeren.
"Hast du manchmal das Gefühl, dass dir alles zu viel wird?", wollte Marius von seinem Freund wissen. Er sprach leise, weil er befürchtete, dass seine Gedanken ihm einen bösen Streich spielten. Vielleicht musste er sich aber auch eingestehen, dass es tatsächlich zu viel war. Das Versteckspiel, seine fehlende Form. Skispringen war sein Leben. Es war sein Hobby und sein Beruf. Er konnte nicht kürzer treten, selbst wenn er das wollte. Aber es erdrückte ihn. Die Erwartungen der anderen und vor allem seine eigenen Erwartungen erdrückten ihn. Und dann war da noch Daniel. Bisher hatten sie es ganz gut hinbekommen, aber sich ständig von ihm fernzuhalten, aus Angst, die Medien würden irgendetwas mitbekommen, fiel ihm alles andere als leicht. Aber nicht mal an den Orten, an denen keine Medien waren hatte Marius genügend Mut um zu seinem Freund zu stehen. Oft genug war er Halvors Versuchen, eine Freundin für Marius zu finden, ausgeliefert. Eben weil nicht mal sein bester Freund davon wusste. Daniel ging die ganze Sache eher entspannt an. Marius vermutete fast, dass es ihm egal war, wenn jemand davon erfuhr. Klar, Marius war stolz darauf, Daniel an seiner Seite zu haben, aber er hatte Angst vor dem, was ihm bevor stand, wenn er sich doch dazu entschied, dass sie den anderen etwas erzählen würden. Daniel ging auch ganz offen damit um, dass er nicht ausschließlich auf Frauen stand. Irgendwie schien es als wäre der Ältere nicht von den gleichen Sorgen geplagt. Außerdem machte es Daniel nicht wirklich etwas aus, dass sie sich an Wettkampfstagen kaum sahen. Er konnte seine Leistung dennoch abrufen und war gut in Form.
"Ja. Ständig. Aber Linus, wir sind alle für dich da. Damit meine ich nicht nur mich, sondern deine Familie und auch das ganze Team", gab Daniel zu. Seine Familie... Nicht einmal seiner Mutter hatte er von Daniel erzählt und sie wusste eigentlich alles. Schon als Kind hatte Marius seine Geheimnisse lieber seiner Mutter erzählt als irgendwelchen Freunden. Inzwischen vermutete er, dass er es aus Angst getan hatte und weil er wusste, dass seine Mutter ihn nicht aus heiterem Himmel ersetzen würde.
"Ich weiß, Danny. Aber es ist doch nicht bloß das Springen", gestand sich Marius ein. Dann sah er in das verwirrte Gesicht seines Freundes. Natürlich war Daniel davon ausgegangen, dass es um das Springen ging. Ging es auch, das wollte Marius nicht abstreiten, aber eben nicht ausschließlich. Er merkte wie sich etwas in Daniels Gesichtsausdruck veränderte.
"Du meinst...", begann der Ältere. Marius hatte das ungute Gefühl, dass Daniel ihn gerade falsch verstand. Unter keinen Umständen wollte er Daniel auch noch verlieren. Aber er konnte sich nicht verwundbar machen. Er wollte seine Last nicht auf andere übertragen. Wie gerne würde er Daniel von all seinen Sorgen erzählen. Bestimmt wusste der Ältere eine Lösung dafür. Aber er konnte sich nicht öffnen, wollte nicht verletzbar sein. Als er Daniels verletzten Gesichtsausdruck sah, benötigte er alle Kraft um die Tränen zurück zu halten. Er würde jetzt nicht vor Daniel weinen.
"Ich- Es macht mich kaputt, Danny", ausnahmsweise entsprach das sogar der Wahrheit. Eigentlich hätte Marius Daniel nun eine Lüge aufgetischt, dass es ihm gut ging und er sich keine Sorgen machen müsste. Aber es zerfraß ihn fast schon. Die Sorgen und Ängste, die damit verbunden waren, waren zu groß. Zumindest um sie alleine zu bekämpfen. Marius konnte dem Druck nicht mehr standhalten.
"Ich verstehe schon. Es ist wohl besser wenn ich jetzt gehe", der Blonde löste seine Hand aus dem Haar des Jüngeren und verschwand. Marius hörte bloß die Schlafzimmertür ins Schloss fallen. Gott, was hatte er getan? Er wollte aufspringen und Daniel folgen, ihm sagen, wie sehr es ihm leid tat. So hatte er es doch nicht gemeint. Aber irgendwas war es, dass ihn hier festhielt. Unfähig aufzustehen sah Marius erneut aus dem Fenster. Der Regen war schwächer geworden, der Sturm in ihm dafür um so größer.

Und damit melde ich mich zurück im neuen Jahr, ich hoffe ihr hattet alle einen guten Start :) Eigentlich hatte ich nicht erwartet, dass ich so früh wieder einen One Shot hochladen kann, aber dann kam mir diese Idee. Wir alle zweifeln oft genug an uns selbst, an dem was wir tun und was andere davon halten. Ich dachte, der Oneshot zeigt einige Probleme auf, die viele Menschen im realen Leben auch haben. Falls es also jemandem ähnlich gehen sollte, wie Marius in diesem Oneshot: Du bist nicht alleine <3
Wir lesen uns (bei einem hoffentlich dann wieder fröhlicherem Oneshot)
Lene <3

more than a world || Skijumping OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt