Kapitel 1.0 - Kinderparadies

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"Türen repräsentieren oft Übergänge von einem Raum zum anderen. In der Philosophie könnte dies auf Veränderungen im Denken, im Bewusstsein oder in der Existenz hinweisen. Eine Tür könnte symbolisieren, dass man von einem Zustand zum anderen übergeht, sei es intellektuell, emotional oder spirituell."


Sowas in der Art meinte zumindest mein Philosophie Lehrer. Eine Tür solle metaphorisch "Schwelle" genannt werden. Dennoch hat es mehrere Bedeutungen, je nachdem in welchem Kontext man dies versteht. Neue Erkenntnisse, Entscheidungen oder geschlossene Türen bedeuten so etwas wie "Grenzen und Möglichkeiten". Verrückt.

Aber was ist denn alles eine Tür? Kann ein Zauntor auch als Tür bezeichnet werden? Ich schätze es ist sehr Kontext abhängig. Ein Zauntor das höher als meine Körpergröße ist und man keine Möglichkeit hat dahinter zuschauen, ist nicht vergleichbar mit einem Zauntor, das nicht diese Anforderungen erfüllt. Philosophisch gesehen kann ich bei der einen in meine Zukunft hineinschauen und bei der anderen gehe ich blind hindurch, aber realistisch gesehen wäre das nicht möglich.

Außerdem hat man bei einer Tür Zwei Entscheidungen zu treffen. Öffne ich oder ignoriere ich die Tür? Das ist auch stark Kontext abhängig. Weiß ich was hinter der Tür ist? Scheint mir die Tür eher warm oder kalt? Gibt mir meine Umgebung ein eher sicheres oder unsicheres Gefühl?

Es ist beeindruckend wie tief man gehen kann. Wenn man das alles ausschließt, bleibt die Tür immer noch eine ganz normale Tür.

Dann wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Meine kleine Schwester ist in mein Zimmer reingeplatzt und hat sich darüber gefreut bald Geburtstag zu haben. Ich lächle sie mit einem gezwungen Mundwinkel an und tue so als würde ich mich freuen.
Viele würden meinen dass ich zu kalt mit ihren Emotionen umgehe, aber mit meinen 18 Jahren habe ich andere Interessen. Ist ja nicht so als würde ich 12 werden.

Daraufhin fängt sie an über ein Kinderparadies zu schwärmen. Dort will sie ihren Geburtstag feiern. Ich wusste genau welchen sie meint. Er ist riesig, hat viele Attraktionen und richtig gutes Essen.

Ich sagte zu ihr dass es mich freut, mit der Hoffnung mich in ruhe zu lassen. Sie lächelt mich warm an und verschwindet hinter der Tür, als sie sie schließ.

Dann war es wieder leise.

Ich mag die Stille. Sie bereitet mir keine Kopfschmerzen und ich bin mit meinen Gedanken alleine. Ich brauche auch keine Freunde um glücklich zu sein. In der Mittelstufe hatte ich mal einen besten Freund. Wir sind immer raus gegangen und haben miteinander gespielt. Dann zog er um. Das war mein erster und letzter Freund. Ich war sehr traurig darüber, dass er ging.

Wieder wurden meine Gedanken stumm als mein Bauch grummelte. Ich stützte mich vom Bett ab und ging zu meiner Tür. Ich umschloss den kalten Türgriff mit meinen warmen Fingern und blieb kurz stehen. Es war wirklich sehr ruhig. Mein Atem und das leise ticken der Uhr erfüllte mein Zimmer.

Ich tritt aus meinem Zimmer und ging die Treppen runter, Richtung Küche. In der Küche holte ich mir ein Toast, etwas Salami und eine Packung Butter aus dem Kühlschrank. Als ich mich an unseren Küchentisch hinsetzte, kam meine Mutter rein und fragte mich, ob ich zum Geburtstag mitkommen würde.

So wie immer ist das eine Rhetorische Frage, weil ich sie mit nein nicht beantworten kann. Ich werde so oder so gezwungen mitzukommen.

Sie lächelte mich an und freute sich, dass ich mitkomme. Ich fragte um wie viel Uhr der Geburtstag anfängt und sie antwortete mit 14 Uhr.

Ich nickte, nahm mein belegtes Brot und biss rein. Es schmeckte nicht unbedingt besonders, aber ich hatte Hunger, also aß ich es einfach.

Meine Mutter fragte daraufhin ob ich Freunde mitnehmen wollen würde. Ich schaute sie an. Freunde? Ich bin einer der unbeliebtesten aus der Klasse. Eigentlich sollte sie das wissen, außer sie hat mir mal wieder nicht zugehört.

Ich schüttelte nur den Kopf und biss erneut in mein Brot rein.

Der letzte Biss und ich packte den Teller in die Spülmaschine. Auf dem Weg nach oben, Richtung meines Zimmer, schaute ich kurz ins Wohnzimmer.

Meine Mutter schaute Nachrichten auf dem Fernsehen. Schon wieder ein vermisster Mensch? Das passiert immer häufiger. Desinteressiert wendete ich meinen Blick zur Treppe, stampfe in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir.

Ich legte mich in mein Bett und spürte wie mein Körper in der Matratze versank. Endlich Freitag, endlich ausschlafen.

Hoffentlich wird es morgen nicht langweilig.

Ich schloss die Augen und wartete darauf einzuschlafen.


...Nicht lange und ich schlief ein.


Nachdem ich aufwachte, war es schon 12 Uhr. Ich hab ziemlich lange geschlafen.

Ich richtete mich auf und machte mich fertig, für den Geburtstag meiner Schwester. Ehrlichgesagt freute ich mich etwas auf das Kinderparadies, es ist schon sehr lange her, seitdem ich das letzte mal dort war.

Als alle fertig waren und wir ins Auto stiegen, fuhren wir los. Ich saß auf der Rückbank, hörte Musik auf meinen Kopfhörern und starrte auf die Landschaft, die an mir vorbei zog.

Das Kinderparadies war nicht weit entfernt, also brauchten wir nicht sehr lange bis wir dort ankamen.

Wir stiegen aus dem Auto und ich schaute mir das riesen große Gebäude an. An der Größe hat sich nichts geändert, es ist genau so gleich groß wie damals. Das brachte mir echt viele Erinnerungen wieder. Damals waren meine Freunde und ich aus der Grundschule hier, bevor sie umzogen.

Wir gingen rein und saßen uns an den Geburtstagstisch. Es waren nur drei Freunde meiner Schwester hier. Es sollten aber noch mehr kommen, meinte meine Mutter. Nicht lang und meine Schwester rannte schon los um zu spielen. Ich schaute meine Mutter an und sie bat mich sie wieder zu holen.

Ich stand also genervt auf und ging in die Richtung von dem Kletterlabyrinth. Der ist verdammt groß, wenn man das erste mal hier ist, kann man sich sehr leicht darin verirren.

Ich rief den Namen meiner Schwester, aber sie reagierte nicht drauf und verschwand im Labyrinth. Muss ich ihr also echt hinterher.

Ich quetschte mich durch die engen Gänge und versuchte meiner Schwester hinterherzukommen. Sie war verdammt schnell. Nach jedem abbiegen sah ich sie nur kurz und dann war sie schon hinter der nächsten Wand. Ich streifte durch Plastikbälle auf der weichen Matte und versuchte so gut wie möglich auf keinen Ball zu treten, damit ich nicht ausrutschte. Ich rief mehrmals ihren Namen, aber sie rannte einfach weiter.

Bei einer T-Kreuzung hab ich dann gestoppt. Ich schaue nach rechts und links, aber sehe sie nicht. Ich hab sie verloren. Es würde Stunden dauern sie hier zu finden. Ich schaute noch einmal nach links und dann stoch mir was ins Auge. Ich sah Stoff von einer Matte abgerissen von einer Wand hängen. Es sah aus, als ob man dahinter krabbeln könnte. Dort müsste sie bestimmt sein. Ich ging also auf die halb abgerissene Matte zu und hob sie hoch. Ich rief nochmal ihren Namen. Keine Antwort.

Ich krabbelte hindurch und stand auf. Es war ein langer, verstaubter und kalter Gang aus Beton. Es fühlte sich nicht richtig an hier zu sein, aber ich muss meine Schwester finden. Eine einzelne Leuchtstoffröhre, welche genug Licht abgab damit man etwas sehen kann, hing an der Decke. Ab und zu flackerte sie. Am Ende des Flures war eine Tür. 

Seltsam dass dort eine Tür ist. Vielleicht ein Notausgang? Ich weiß es nicht. Sie war Dunkelblau und sah schwer aus. Der Türgriff sah metallisch aus.

Ich ging auf die Tür zu und umschloss den kalten Türgriff mit meinen warmen Fingern und blieb kurz stehen. Es war wirklich sehr ruhig. Ich hörte meinen ruhigen, aber auch leicht zittrigen Atem und das leise Summen von der Leuchtstoffröhre. Ich riss mich zusammen und öffnete die Tür.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 10 ⏰

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