Prolog

40 2 0
                                    

Hallo ihr Lieben,
Das hier ist eine Fortsetzung zur Geschichte „Im Schatten des Unausgesprochen". Ich würde euch empfehlen den ersten Teil vorher zu lesen. Ich hoffe euch gefällt die Fortsetzung. Link zur ursprünglichen Geschichte: https://www.wattpad.com/story/341031415?utm_source=ios&utm_medium=link&utm_content=story_info&wp_page=story_details&wp_uname=bergkind567

Prolog

Die Sonne schien spürbar länger, das Gezwitscher der Vögel erklang über die Ländereien und um die Schlossmauern wehte der samtweiche Geruch von Frühling. Der Duft von nasser Erde und Blütenknospen, der einem getragen von den milden Temperaturen um die Nase tanzte, sobald man aus einer von Hogwarts Türen nach draußen trat, traf auch mich. Ich nahm einen tiefen Atemzug, als ich über eine der vielen Brücken von Hogwarts ging. An diesem Morgen hatte ich absichtlich diesen Umweg genommen. Ich wollte nicht direkt vom Frühstück in die Bibliothek zum Lernen gehen. Wenigstens kurz wollte ich die frische Luft und die Sonnenstrahlen genießen. Ich trat an die Brüstung, legte meine Hand auf den kalten Stein und schaute hinunter auf die Ländereien, die Hogwarts umgaben. Gefühlt jeden Tag wurde es grüner und der Winter schien schon weit entfernt zu sein. Für einen Moment lauschte ich dem Gesang der Vögel und dem Pfeifen des Windes, bevor ich zurück ins Schloss ging. Ich versuchte mir das leichte Gefühl zu erhalten, während ich durch die Korridore zur Bibliothek ging. Kraftvoll stieß ich die Tür auf und das Gefühl war verloren. Anstrengung und Verzweiflung lagen in der Bibliothek. Es waren nur noch wenige Wochen, bis wir unsere Zwischenprüfungen haben würden. Am Ende der Fünften Klasse mussten alle Schüler in allen Fächern eine schriftliche und eine praktische Prüfung ablegen. Am Anfang des Schuljahres war mir nicht bewusst gewesen, was Professor Black von mir verlangte, als er sagte, dass ich die Zwischenprüfung wie alle anderen bestehen müsste, um weiterhin Hogwarts besuchen zu dürfen. Wenn ich gewusst hätte, wie unfair das gewesen war, hätte ich protestiert. Mit meinem Studienbuch hatte ich zwar gut etwas aufgeholt und ein gewisses Händchen für die Zauberei hatte ich auch, doch immer wieder wurde mir bewusst, wie groß meine Lücken waren. Es gab Momente, in denen ich beachtliche Teile einfach nicht verstand. Das zeigte sich auch in meinen Noten. Ich bestand, aber mehr als ein "Annehmbar" war so gut wie drin. Poppy hatte gesagt, dass die Zwischenprüfungen deutlich schwerer waren, als die kleinen Prüfungen, die wir über das Jahr verteilt geschrieben hatten. Also machte ich mir in fast allen Fächern große Sorgen um die Prüfungen. Außer in Kräuterkunde. Dort hatte ich vor wenigen Wochen in einer Probeprüfung "Erwartungen übertroffen" erreicht.
Es war noch so früh am Morgen, dass nur wenige der Schreibtische besetzt waren. Bei dem Wetter waren vermutlich auch viele auf den Ländereien und lernten dort. In der Mitte der Bibliothek standen die meisten hölzernen Schreibtische. Genau an diesen saßen bereits Poppy, Portia und Mary-Ann. Poppys Blick wanderte stetig zwischen einem Buch und einem Blatt Pergament hin und her. Dabei schrieb sie schnell und trotzdem in sauberer Schrift etwas auf. Neben ihr saß Mary-Ann mit einem großen Wälzer vor dem Gesicht zurückgelehnt in einem Stuhl. Ich setzte mich neben Portia, die ihren Kopf auf den Tisch gelegt hatte und Gedankenverloren in die Richtung des Ausgangs schaute. Vermutlich suchte sie nach einem Grund, damit sie gehen konnte. Als sie mich sah richtete sie sich auf: "Da bist du ja"
"Ich hab einen kleinen Umweg genommen", erklärte ich flüsternd und zog mein Studienbuch sowie Schreibunterlagen aus meinem Umhang hervor. Dann sah auch Poppy mich an. Sie war so vertieft in ihre Arbeit, dass sie mir nur kurz zu nickte. Mary-Ann schien mich erst gar nicht zu bemerken. Ich bewunderte sie für ihren Eifer, gerne würde ich auch so konzentriert für die Prüfungen lernen, aber meine Gedanken wanderten viel zu häufig zu meiner Mutter. Besser gesagt zu der kurzen Erinnerung, die ich durch das Denkarium gesehen hatte. Mit der Zeit verschwammen die Details immer mehr und ich konnte nicht mal mehr sagen, welche Haarfarbe sie hatte. Es wurde höchste Zeit, dass ich mir die Erinnerung noch einmal richtig ansah. Ich musste sie erkennen können um sie zu finden. Allerdings musste ich auch wissen, wo ich suchen sollte, um sie zu finden. Ich hatte keine Ahnung, wo ich anfangen sollte und eigentlich sollte ich mich auch auf die Prüfungen konzentrieren. Vor allem dann, wenn ich das Waisenhaus, das für die Sommerferien mein Zuhause sein würde, nicht ganzjährig besuchen wollte. Zusammen mit Professor Weasley und Meralda war ich am vergangenen Wochenende nach London gereist, damit wir uns das Waisenhaus für junge Mädchen anschauen konnten. Da ich aktuell keine bekannten lebenden und nicht verrückten Verwandten hatte, war das die einzige Möglichkeit gewesen, mich für die Zeit der Ferien unterzubringen. Alleine durfte ich nicht in Hogwarts bleiben. Es hätte ein Lehrer mit mir vor Ort sein müssen, aber diese eins zu eins Betreuung würde die Suche nach meiner Mutter über alle Maßen erschweren. Das Kinderheim war zwar kein sonderlich schöner Ort, aber für die kurze Zeit wohl in Ordnung. Außerdem würde ich dann 16 Jahre alt sein. In dem Alter hätte ich bestimmt gewisse Freiheiten. Genau wusste ich das nicht, aber die Vorstellung machte den Umstand erträglicher.
Neben meiner Mutter wollte ich auch unbedingt zusammen mit Sebastian Sallow ein Heilmittel für seine Schwester Anne finden. Dafür fühlte ich mich mehr als verantwortlich, seit ich die Aufzeichnungen über die alte Magie vernichtet hatte. Zwar hatte ich keine Wahl gehabt, aber das erleichterte mir mein schlechtes Gewissen nicht. Außerdem sah ich auch, wie Sebastian darunter litt. Er war der Lösung so nah gewesen, nur um sie dann wieder zu verlieren. Seitdem gab es wenige so unbeschwerte Momente wie der bei dem Sonnenuntergang am Strand im Süden. Auch wenn mich das traurig machte, beflügelte mich allein die Erinnerung an diesen Moment jedes Mal aufs Neue und ich spürte ein Flattern in meinem Bauch, wie bei meinem aller ersten Besenflug.
"Nicht starren auch arbeiten", ermahnte mich plötzlich Mary-Ann lachend hinter ihrem Buch hervor. Erschrocken, richtete ich mich auf und fokussierte meinen Blick wieder. Ich hoffte, dass ich mein leeres Blatt Pergament nicht zu lange angestarrt hatte. Das Lachen der anderen verriet mir, dass es wohl so gewesen sein musste. Noch bevor ich etwas zu meiner Verteidigung sagen konnte, tauchte wie aus dem Nichts Mrs. Scribner auf und sah uns böse an: "Meine Damen! Das hier ist immer noch eine Bibliothek. Wenn ich bitten dürfte"
Bevor sie ging, schloss sie ihren Mund noch mit einem nicht vorhandenen Schlüssel ab und ich musste mich zusammenreißen, damit ich nicht laut los lachte. Es waren immer die Momente, in denen man nicht lachen durfte, die dann besonders witzig waren. Ich biss mir jedoch kurz auf die Lippen, um den Reflex zu unterdrücken und fing dann auch an Notizen auf mein leeres Blatt Pergament zu schreiben.

Im Schatten des Verlorenen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt