Geburt

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Der gellende Schrei einer werdenden Mutter zerreißt die Stille der Nacht. Es folgt ein verzweifeltes Wimmern, dann bricht auch dieses Geräusch ab und es bleibt nur das unverständliche Murmeln einer alten Frau. Die Amme versucht verzweifelt, die Blutungen zu stillen, während der neue Vater leise schluchzend das Gesicht in den Händen birgt. Er bringt es nicht über sich, seine geschundene Frau und das blutverschmierte Baby anzusehen, das jetzt still am Boden liegt und mit großen Augen die dunkle Welt um sich herum bestaunt. Die Amme stößt einen frustrierten Schrei aus, so sollte eine Geburt nicht sein, alles hieran war falsch, so falsch!  Die Frau war gesund gewesen. Beide vorigen Geburten waren problemlos verlaufen. Sie konnte nicht verstehen, wie es dazu gekommen war. Noch nie hatte sie gesehen, dass bei einer Geburt Knochen brechen, Haut platzt und mit dem Kind flüssige Gedärme auf den Boden klatschen. Die Folter die diese arme Frau in den letzten drei Stunden durchleben musste war nicht mit den Schmerzen einer normalen Geburt zu vergleichen. Was von ihr noch übrig war, war kaum noch als Mensch zu erkennen. Fast alles außer ihren Knochen und einzelnen Hautfetzen verflüssigte sich, kaum dass das Kind die Augen aufgeschlagen hatte und durchtränkte nun das Laken und die dünne Strohmatratze. Auch das Kind war falsch. Es hatte noch kein einziges Geräusch von sich gegeben, lag einfach nur da und blinzelte durch die langen Blut verklebten Wimpern zu ihrem Vater. Erschöpft und leise weinend lässt sich die alte Frau neben dem Kind auf den Boden sinken und hebt es auf. Mit einem Ärmel versucht sie, das kleine Gesicht sauber zu wischen, verschmiert jedoch nur das Blut, da auch sie davon getränkt ist. Die klaren blauen Augen blicken zu ihr auf und ein helles, keckerndes Lachen kommt aus dem kleinen Körper, während die winzigen Hände in der Luft nach ihr greifen. Jetzt mischen sich Tränen mit dem Blut auf ihrem runzligen Gesicht und tropfen leise auf den Bauch des Kindes. Der gequälte Schrei des Vaters lässt sie wieder hochschrecken. Er hatte vorsichtig den Kopf seiner Frau berühren wollen und das, was von ihrem Gesicht noch übrig war, rutschte von ihrem Schädel auf das Laken. Das Auge war aus seiner Höhle gerollt und zerfloss nun auf dem Boden zu einer glitschigen Pfütze. Verstört springt er auf und flüchtet aus der engen Hütte so schnell seine Beine ihn tragen können. Sekunden später ertönt der Klang eines Hammers auf dem Amboss, immer wieder unterbrochen von abgehackten Schreien und Schluchzen.

Lorien - Ein Larp TagebuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt