Kapitel 1

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Wie an den meisten Abenden komme ich kaum dazu eine zu rauchen, weil im Pizza König so viel los ist. Jeder Tisch ist besetzt, die Kellner kommen, genau wie unser Lieferservice, kaum hinterher. Selbst in der Küche herrscht Chaos, obwohl jeder da ist, der irgendwie zu erreichen war. Selbst Leute wie ich, die eigentlich frei haben.

Der Donnerstag ist immer mein freier Tag, aber heute sind irgendwie alle überfordert, deshalb hat mich mein Chef hierher bestellt. Bob ist ein guter Kerl, wenn so viel los ist, stellt er sich immer mit in die Küche. Wenn ich samstags bei meiner Schicht verkatert bin, schont er mich und auch bei Verspätungen drückt er ein Auge zu, deshalb beschwere ich mich nicht, dass er mich an Tagen wie heute doch zur Arbeit holt. Abgesehen davon, hatte ich ohnehin nichts vor und bekomme zum Ausgleich dafür an einem anderen Tag kommende Woche frei. Demnach verliere ich absolut gar nichts, wenn ich einfach den Mund halte und tue, was von mir verlangt wird.

>Brandon, du nimmst meinen Wagen und bringst das weg!<, höre ich meinen Chef hinter mir und drehe mich zu ihm um. Bevor ich antworten kann, habe ich acht große Pizzen auf den Armen, darauf zwei Zettel mit der jeweiligen Adresse, sowie einer Liste, wo welche Pizza hingebracht werden soll. Daneben liegen seine Autoschlüssel. Sein Opel ist zwar kein Lieferwagen und auch nicht mit Werbung vom Pizza König beklebt, aber in solchen Fällen ist ihm das egal.

>Bin schon weg<, versichere ich ihm, obwohl er schon wieder verschwunden ist. Die Pizzen landen in einer Styroporbox, welche ich mir unter den Arm klemme und zum Auto trage. Mit wenigen, großen Schritten bin ich am Ausgang, dann überquere ich den Parkplatz und öffne den Opel mit der Funkfernbedienung. Die Box landet im Kofferraum, dann umrunde ich das Auto und setzte mich rein. Die beiden Adressen finde ich auch ohne Navi, darum lasse ich es aus, schnalle mich an und fahre los.

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Die erste Adresse führt mich mitten in die Stadt zu einem gewöhnlichen Mehrfamilienhaus. Drinnen ist es laut und auf dem Weg zur Tür kann ich durch ein Fenster ein Pärchen in meinem Alter beim Rummachen sehen.

Schon wieder so eine komische Party. Ich bin wirklich froh, dass ich mit so etwas nicht mehr meine Zeit verschwende.

Zwar gehe ich noch in Bars und Clubs, aber mit solchen Hauspartys von Schulkameraden habe ich nichts mehr zu tun. Früher war ich auf jeder davon zu finden, heute ist es mir einfach zu blöd. Sich mit Leuten zu betrinken, die man jeden Tag in der Schule sieht, verliert einfach irgendwann seinen Reiz. Zumal dort immer irgendetwas Komisches passiert, was dann für Gerede oder Gerüchte sorgt.

Seufzend drücke ich die Klingel, welche schrill im Haus läutet. Bei dem schrecklichen Geräusch überkommt mich eine Gänsehaut und ich wünsche mir, dass ich sie nicht noch einmal drücken muss, starre die graue, stählerne Tür an.

Nur Sekunden später wird mein Wunsch erfüllt, als ein schlaksiger Kerl die Tür öffnet. Er sieht schrecklich aus, offenbar hat er schon das ein oder andere Bier zu viel gehabt. Er hält sich am Türgriff fest, offensichtlich betrunken, blinzelt ein paar Mal, starrt das rote T-Shirt an, welches ich trage. Es ist alles an Arbeitskleidung, was wir tragen müssen und überhaupt nicht mein Stil, aber immerhin sieht das Logo auf meiner Brust nicht so übel aus. Obwohl es mich schon manchmal stört, dass die Leute meinen Namen darauf lesen und dann so tun, als würden sie mich kennen.

>Ich habe hier eure Pizzen<, erkläre ich knapp, halte ihm die fünf Kartons hin.

>Oh, ja<, nuschelt er, zieht seinen Geldbeutel aus der engen Jeans.

>Das macht fünfunddreißig-<

>Ja, ja<, unterbricht er mich lallend. Er braucht drei Anläufe, bis er einen Schein daraus hervorgezogen hat, ohne alle anderen mitzunehmen, dann drückt er mir einen Fünfziger in die Hand. >Passt so<, meint er, legt seinen Geldbeutel auf die Kartons und nimmt sie mir ab. Normalerweise bin ich dagegen, alkoholisierte Menschen auszunutzen, aber meine anderen Pizzen warten im Auto auf mich und ich habe auch nicht die Geduld mit ihm zu diskutieren. Außerdem kann ich das Trinkgeld gut gebrauchen.

Schüler x Lehrerin_recover (FSK18)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt