1. Kapitel

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Habt ihr schon einmal etwas getan, was nicht wieder rückgängig gemacht werden konnte, etwas das euer Leben daraufhin verändert hat?
Naja, das ganze fing an einem eigentlich schönen Donnerstagnachmittag an. Die Sonne strahlte und es war keine Wolke zu sehen. Aber anstatt ins Schwimmbad zu gehen, wie fast alle in meinem Alter, musste ich mal wieder in meinem Zimmer sitzen, weil meine Tante mir wieder einmal Hausarrest gegeben hatte. Mein Cousin hatte mich verpetzt als ich an einem Abend heimlich zu meinem besten Freund gegangen war. Das fande meine Tante anscheinend gar nicht gut, denn nachdem sie sich mit meinem Onkel besprochen hatte, haben die beiden mir eine Woche Hausarrest gegeben. Ich durfte nur noch raus, wenn ich zur Schule musste, was diese Woche aber nur noch einmal war. Das Wochenende musste ich dann wahrscheinlich ohne meinen besten Freund Tom auskommen.

Ich überlegte gerade was ich machen könnte, da klopfte es an der Tür.
,,Taric, rück mal deine Konsole raus! Meine ist kaputt gegangen", flötete mein zwei Jahre älterer Cousin.
Genervt drehte ich mich auf meinem Bett um. ,,Damit du die auch kaputt machen kannst?"
,,Wenn du sie mir nicht gibst nehme ich sie mir eben. Ich muss mit den Jungs ein wichtiges Match gewinnen."
,,Benutz doch deinen Computer", sagte ich kalt.
,,Den hat Dad mir weggenommen weil ich nachts daran gezockt habe."
,,Sei froh, dass er dir kein Hausarrest gegeben hat. Meine Konsole bekommst du sicher nicht. Was soll ich denn dann machen."
,,Keine Ahnung, ließ doch nen paar Wälzer. Als ,Streber' müsste dir das doch super gefallen."
,,Ich lese aber nicht gerne."
So langsam wurde ich echt sauer. Ich war garantiert kein Streber und warum musste Sam mich immer nerven. Es würde mich auch nicht wundern, wenn seine Konsole gar nicht kaputt war und er mich nur ärgern wollte.

,,Dann geh eben mit deinem komischen Freund raus...ach ja...geht ja nicht. Du hast ja Hausarrest", lachte mein Cousin laut und knallte die Tür hinter sich zu.
Blödmann, dachte ich mir.
Etwas schwerfällig erhob ich mich von meinem Bett und ging zum Fenster. Von hier oben konnte man das kleine Wohngebiet mit dem Park, in dem ich wohnte, leicht überblicken. Die Schule war zum Glück nicht weit und ich konnte jeden Morgen mit Tom dort hingehen. Wenn ich ehrlich sein sollte, ich wusste nicht wo ich mich wohler fühlte...entweder hier bei meiner Tante und meinem Onkel oder in der Schule wo ich zwar meinen besten Freund hatte, aber sonst alle ,,Coolen" auf mir rumhackten, nur weil ich nicht die neusten Trends mitmachte. Meine ,,Familie" gab mit zwar viele Sachen aber wirklich freundlich waren sie zu mir nie. Ich vermutete ja dass sie mir nur die vielen Sachen gaben, damit ich ihnen nicht auf die Nerven ging.

Frustriert lehnte ich mich etwas aus dem Fenster. Unten war der Fußgängerweg, wo gerade eine Frau mit ihrem Hund spazieren ging. Gelangweilt schaute ich ihr hinterher. Eigentlich hatte mein bester Freund versprochen hier heute vorbeizukommen. Auch wenn es riskant war, ich wollte mich ja nicht den ganzen Tag langweilen. Als ich eine Bewegung am Rand des Gehwegs sah, leuchteten meine Augen gespannt auf. Tom war sonst nie so früh. Als ich den Kopf aber etwas drehte, sodass mich die Sonne nicht mehr blendete, sah ich dass es nicht mein Kumpel war. Es war Emir aus meiner Klasse. Ich wollte schnell in meiner Zimmer verschwinden bevor er mich sah. Aber es war schon zu spät.

,,Hey, Loser! Wieso sitzt du da oben in deiner Bude. Hast du etwa Angst, dass du dich nicht nach draußen traust?"
Emir lachte gehässig, lehnte sich gelassen an eine Laterne und schaute zu meinem Fenster hoch. Ich ballte die Fäuste. Stress mit diesem Jungen wollte ich schon gar nicht. Aber wenn ich ihm sagte, dass ich Hausarrest hatte, würde ich nur noch mehr Spott abkriegen und ich bin kein Mensch den das nicht stört wenn sich andere über einen lustig machen.

,,Hau ab! Ich habe zu tun", sagte ich etwas angespannt.
,,Och...der kleine Streber muss sicher noch ein freiwilliges Referat vorbereiten für die extra Schleimpunkte."
Am liebsten hätte ich Emir das dumme Grinsen aus dem Gesicht gekratzt. Aber dann würde ich mächtig Ärger bekommen und außerdem war er größer und stärker als ich.
,,Taric, der Streeeeber", rief Emir weiter.
,,Lass mich einfach in Ruhe", versuchte ich ruhig zu sagen.
Ich wusste dass es nichts bringen würde aber besser als nichts war es. Und ich wollte nicht dass ich zu wütend wurde und wirklich anfing rumzubrüllen wie mein Cousin das immer machte.
,,Lass ihn in Ruhe", brüllte plötzlich jemand mit dunklen Harren und schubste den überraschten Emir zur Seite.
Tom! Mein Kumpel stand meinem Schulfeind gegenüber und funkelte ihn wütend an.
,,Pfff..hier riecht es sowieso nach Streber. Ich haue lieber ab."
Der dunkelblonde Junge war so schnell verschwunden wie er wieder gekommen war. Ich war froh einen Freund wie Tom zu haben. Auf ihn konnte man sich immer verlassen. Ich schaute nach unten wo er mich lässig anschaute.
,,Ich komme hoch."

Er sprang leichtfüßig auf die Fensterbank der Küche. Ich hoffte dass dort niemand war. Meine Tante war bei der Arbeit und mein Onkel schaute sicher Fernsehen. Und Sam war sicher am zocken.
Tom zog sich mit den Händen an meinem Fenstersims hoch und schaute mich frech an.
,,So, nächste illegale Tat. Wir werden noch zu richtigen Gangstern", lachte er.
Ich boxte ihm freundschaftlich auf den Arm und konnte mir ein Grinsen auch nicht verkneifen.
,,So...was machen wir", fragte mein Kumpel uns schaute sich in meinem Zimmer um, als würde er etwas suchen.
,,Ich habe mir gestern das neue Spiel für den PC gekauft. Hast du Lust das mit mir auszuprobieren?"
,,Klar doch", freute sich Tom.

Wir spielten eine Runde und schafften es sogar in einem Minispiel auf die Top 100.
,,Top 100 ist gut, oder?", fragte ich vorsichtig.
,,Na logisch, bei über 100.000 Spielern schon. Mich würde es nicht wundern wenn..."
,,Warte!" unterbrach ich meinen Kumpel. ,,Es kommt wer!"
,,Ach, Quatsch, ich höre nichts. Aber wie wir ja wissen hörst du viel besser als ich."
,,Es kommt wirklich wer", flüsterte ich beunruhig.
Jetzt waren die Schritte schon auf der Treppe nach oben.
,,Schnell, du musst abhauen", sagte ich beunruhigt. ,,Wenn meine Tante dich hier erwischt bin ich gefühlt tot."
Ich hatte sie an den Schritten erkannt, wie sie schwer die Treppe hochstampfte.
,,Vielleicht kommt sie ja gar nicht in dein Zimmer", behauptete Tom.
Ich schaute nochmal beunruhigt Richtung Tür.
,,Na gut, ich gehe. Dann bis morgen!", rief mein bester Freund und hastete Richtung Fenster.
Ich achtete nicht auf ihn sondern nur auf die Tür, die einen Moment später aufflog.

SchattenwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt