Dear BPD,
wir kennen uns nicht. Du hast keine Identität, keinen Namen, mit dem ich dich ansprechen könnte. Du bist ein Teil von mir und dennoch kenn ich dich kaum. Auch, wenn du die volle Kontrolle über mich besitzt. Wie soll ich dich nennen? Bei dem Namen, bei dem dich alle nennen, dem du jedoch nie gleichst? Ich nehme einfach deine Abkürzung. Dann fällt es mir vielleicht leichter.
Ich war noch nie gut meine Gefühle zu äußern. Und vielleicht ist das auch der Grund, warum du existiert. Weil du nur aus Gefühle bestehst. Du bist der Teil, den ich jahrelang unterdrückt habe und nun zurückkommt. Wie um mir zu sagen: Ich bin noch da, du Wichser und ich werde nicht gehen, egal wie sehr du versuchst, mich loszuwerden.
Das war mein erster Fehler. Zu versuchen, dich, meine Gefühle, loszuwerden. Aber was erwartest du von mir? Entweder du kämpfst oder du rennst. Fight or Flight. Und ich konnte eben nicht kämpfen. Also bin ich weggelaufen. Vor dir. Vor meinen Gefühlen.
Es ist nicht leicht mit dir zu leben. Du nagst an mir, ziehst mich runter. Durch dich fühlt sich jeder Tag wie der letzte an. Durch dich wird meine Liebe zu Obsession, meine Trauer wird Suizid und meine Freude Euphorie. Es ist, wie ein Rausch. Du weißt es kommt der Punkt, an dem du dich wieder scheiße fühlst. Aber du kannst nicht anders.
Denn das ist nicht mein Körper. Wann immer ich ihn ansehe, sehe ich mich nicht. Ich weiß nicht, wie ich aussehe. Wer ich bin. Was ich bin. Aber ich weiß, wer du bist. Auch, wenn du viele Namen trägst. Und doch keiner zutrifft. Du bist das Resultat meiner Traumatas, meines Weglaufens und Überlebens. Der jahrelangen Angst. Du bist das Ergebnis all dem, was ich vergessen wollte. All das, was ich im Stich gelassen habe. Du trägst keinen Namen. Aber ich weiß trotzdem, wer du bist. Denn du bist ich. Du bist ein Teil von mir.
Du hast schon wieder angefangen, dich an jemanden zu klammern. Mir Suizidgedanken in den Kopf geworfen, mich solange heulen lassen, bis ich physische Schmerzen habe. Weißt du, was das mit mir macht? Vielleicht. Denn du bist ich. Aber das hilft nicht. Denn auch, wenn du ich bist, wenn wir in einem Körper stecken, will ich dich nicht. Im Gegenteil. Du bist der Ursprung meiner Probleme. Du bist eine Krankheit. Und du trägst viele Namen. Ich nenn dich BPD. Andere Borderline. Du bist ich. Denn du bist meine Persönlichkeitsstörung, du bist meine tiefste Angst. Mein Trauma, meine Kindheit. Du bist all das, was ich verloren habe und nie zurückhaben wollte.
Wir tragen einen Namen. Wir leben in einem Körper. Und wir fühlen das gleiche. Aber ich frag mich dennoch, wie es ohne dich wäre.
Mein Name ist Mikael und deiner BPD. Aber wir sind trotzdem eine Person.