Kapitel 1: Der neue Job

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6 Uhr Morgens... Viel zu früh, da ich gestern abend mit meinen Eltern noch die gesamte neue Wohngegend erkundet hatte. Nun laufe ich mit Regenschirm und Cape zu meiner Arbeit, die nur 5 Minuten von meiner kleinen Wohnung entfernt ist. Die nassen Haare kleben mir an der Stirn und es schüttet wie aus Kübeln. "Na klasse!", denke ich, "Was für ein schöner erster Arbeitstag." Als ich endlich vor "Der Platte" stehe, spüre ich ein leichtes Kribbeln im Bauch. Was wird mich wohl erwarten? Ich trete in das Geschäft ein und rufe laut "Guten Morgen!". Doch merkwürdigerweise antwortet niemand, noch kann ich irgendeine andere Person sehen. "Merkwürdig" denke ich, " ich hatte doch extra gestern noch mal hier angerufen, um mich zu versichern, das heute wirklich mein erstes Tag ist". Als nach fünf Minuten immer noch keine Spur von einem anderem menschlichen Wesen ist, fange ich an, im CD-Regal zu stöbern. " Hey, suchst du etwas Bestimmtes so früh am Morgen?" ertönt eine Stimme hinter mir. "Ähhhm... Waaas? Nein ich wollte..." stottere ich und drehe mich um. Vor mir steht ein Junge in meinem Alter, der unverschämt gutaussehend ist und mich freundlich angrinst. "Entschuldigung, ich habe mich nur ein wenig erschrocken, da ich hier schon seit einer Weile auf jemanden warte. Ich suche Herr Klemer... Aber das bist sicher nicht du, oder?"antworte ich. "Nein, ich bin Ryan. Nett dich kennen zu lernen. Wer bist du denn und was führt dich in genau diesen kleinen Laden?" lacht er. Wow, er sieht nicht nur einschüchterd gut aus, er hat sogar noch Manieren. "Oh, hi Ryan, ich bin Alice und gerade erst hierhin gezogen... Ich sollte heute eigentlich meinen ersten Arbeitstag bei Herr Klemer beginnen, aber wie es aussieht..." "... ist Herr Klemer gerade nicht da. Du hast Recht. Herr Klemer hat mich beauftragt, dich hier einzuweisen." vollendet er meinen begonnenen Satz. "Jackpot!" denke ich "Was hätte mir besseres passieren können, als von einem Typ wie ihm alles gezeigt zu bekommen?" Und so nimmt der Tag seinen Lauf. Nachdem mir Ryan den kompletten Laden, von der Abstellkammer bis hin zu dem winzigen Lager gezeigt hat, darf ich endlich selbst helfen, jedoch blöderweise nur etwas in die Regale einzuordnen. "Kassieren ist heute noch Männersache." scherzt Ryan. Ich bin überrascht, wie gut wir uns nach einigen Stunden schon verstehen, doch Ryan und ich scheinen einfach den selben Humor zu haben.
Um Punkt 19 Uhr stehen wir zwei vor "Der Platte" und Ryan dreht den Schlüssel im Schloss um. Ich kann es mir nicht verkneifen, auf seine muskulösen Oberarme zu starren, doch zum Glück bekommt er davon nichts mit. "Was hast du heute Abend noch vor, Alice? Ich würde dich gerne zum Essen einladen, so ein Kollegen-Dinner sozusagen." fragt Ryan plötzlich. "Ich muss eigentlich noch etwas erledigen..." stammle ich. Wie immer ist es mir höchst peinlich, von jemandem zu etwas eingeladen zu werden, doch tief in meinem Inneren schreie ich vor Freude. "Ach komm schon! Du kannst doch nicht nach 13 Stunden Arbeit immer noch etwas zu erledigen haben. Oder bist du etwa schon verabredet?" drängt er weiter.
Höre ich da etwa eine Spur von Beunruhigung in seinen Worten? Doch ich hatte ewig keinen festen Freund mehr und deshalb kann ich natürlich nicht mehr "Nein" sagen und versichere ihm gleich, hier sowieso noch niemand zu kennen. (Das ist noch nicht mal gelogen. Außer der nette Oma die mir direket gegenüber wohnt und die uns gestern Abend noch Schokopudding vorbeigebracht hatte, bin ich wirklich noch niemandem begegnet.) Und so sitzen wir eine Busfahrt später in einem kleinen Chinesen und essen unsere Nudeln.

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