Gefühle

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 Mein Herz setzte für einen Moment aus. Nur für einen klitzekleinen Moment und doch fühlte es sich an wie eine Ewigkeit. Stumm blickte ich auf die Buchstaben und versuchte den Satz zu entziffern. Ich spürte, wie die Tränen hochstiegen, bis sie schlussendlich kleine heiße Spuren des Schmerzes hinterließen. Es raubte mir die Luft zum Atmen und schnürte mir die Kehle zu. Die Gefühle, die ich gerade empfand, waren nicht mal ansatzweise in Worten zu beschreiben..

Mein Leben war wie in diesen Komödien, nur dass es für mich nichts mehr zu lachen gab. Er schrieb mir nicht oft und er schenkte mir noch seltener seine Aufmerksamkeit. Nur dann, wenn ich das Gefühl hatte, ohne ihn weiter machen zu können. Immer nur dann, wenn ich glaubte, ich käme über ihn hinweg. Nur dann sah ich seinen Namen auf meinem Display und alles fing von vorne an. Als würde jemand die Rückspul Taste drücken, bis zu diesem Moment, wo ich das erste Mal feststellte, wie sehr ich ihn liebte. Und jedes Mal stellte ich fest, dass ich nie damit aufgehört hatte, sondern nur besser damit umgehen konnte. Vielleicht hatte ich angefangen, es zu verdrängen, mich davon abzulenken, denn ich wusste, dass es nie sein durfte und dass es nie passieren würde. Er würde mich nie so sehen, wie ich ihn sah. Er würde mich nie lieben. Unerwiderte Liebe. Ich habe schon so viele Bücher gelesen und so viele Menschen, die in einer ähnlichen Lage waren oder es vielleicht auch noch sind, kennengelernt. So viele Menschen, die verstehen können, wie ich mich fühle. Und doch gab es in jeder Geschichte ein Happy End. Doch ob es hier eins geben wird? Ich hoffe, es. Ich wollte, dass mein Leben wie in einem Film ist und ich mich gerade einfach nur in der Spannungsphase befinde, kurz bevor der Protagonist zu seinem verdienten Ende gelangt.

Nicht dass ich erwarten würde, meinen Prinzen zu bekommen, sondern dass ich zu mir selber fand und ich mich eines Tages so liebte, wie ich andere Menschen lieben konnte.

Und doch beliebt immer eine Frage bestehen, verschwinden die Gefühle für jemanden, den man wirklich aufrichtig geliebt hat, oder werden Sie nur schwächer und bleiben in dir zurück wie eine Narbe auf deiner Haut... Ich hatte nie das Gefühl, dass meine Gefühle je komplett verschwunden waren, sondern nur auf Flugmodus waren. Es ist schwer zu beschreiben und noch schwerer darüber nachzudenken. Liebe ist ein merkwürdiges Konzept. Man vertraut sich selbst einer Person an, man begehrt sie, man würde alles für sie tun, nur damit die Person glücklich ist und zu einem gewissen Grad ist man von ihr abhängig. So viele wünschen sich geliebt zu werden, so viele brauchen dieses Gefühl geliebt zu werden und so viele würden nicht mal gehen, wenn sie ein Schlag auf den Kopf treffen würde. Wir sind nicht dazu bestimmt, alleine zu sein. Wir brauchen andere Menschen in unserem Leben. Und genau so brauchte ich die Gefühle für ihn in meinem Leben.

Es war wie eine schlechte Angewohnheit, die man nur schwer abschütteln konnte. Und wenn ich tief in mein Inneres hineinschaute, wusste ich, dass ich nicht nur ihn liebte, sondern auch das Gefühl, das diese Liebe in mir auslöste. Stumm starrte ich weiter auf mein Display und las die Nachricht zum hundertsten Mal durch. Ich kannte ihn mittlerweile schon sehr gut und doch überraschte es mich immer wieder aufs Neue. Er überraschte mich immer wieder aufs Neue. Eins war jedoch immer klar: Er würde für mich nie wirklich erreichbar sein. An manchen Tagen zweifelte ich daran, dass ihm überhaupt etwas an mir lag und an anderen Tagen wirkte es so, als wäre ich ihm wichtig. Dieses Hin und Her der Gedanken und Gefühle, die er in mir auslösten, brachten mich dazu, nie loslassen zu können.. Diese Art der Gedanken fesselte mich an ihn und dieser unerwiderten Liebe, weil ein Teil von mir nicht glauben konnte, nicht glauben wollte, dass er nichts für mich empfand. Je länger ich darüber nachdachte, umso eher hörte ich mich an wie eine Süchtige, die dringend einen Entzug machen sollte. Glaubt mir, ich hatte es versucht. Hatte versucht, ihm fernzubleiben, andere Menschen kennenzulernen, die auch zu haben sind. Hatte versucht, ihn aus meinem Leben auszublenden und ihm keinen Funken an Interesse entgegenzubringen. Aber das Schicksal hat uns immer wieder auf die ein oder andere Art und Weise zusammen gebracht. Manchmal konnte ich es einfach nicht aushalten, und an manchen Tagen meldete er sich auch bei mir. Es schien nicht möglich zu sein, kein Teil mehr von seinem Leben zu sein. Jedes Mal, wenn ich seine Stimme hörte und sein Gesicht vor mir sah, wurde mir klar, dass ich mich nie ganz von ihm lösen könnte. Dass ich nie ganz den Abstand zu ihm haben könnte, den ich bräuchte, um wirklich einmal loslassen zu können. Frei sein von der Sucht, die mich einfängt und zu sich zieht.

Es ist schwer gegen seine eigenen Süchte anzutreten und es ebenso schwer loszulassen, vor allem wenn man sich emotional an etwas gebunden hat. Meine Gedanken schienen oft durcheinander und wirbelten verschiedene Bilder vor meinem inneren Auge hervor, eine Art Nebenwirkung von der Sucht, die mich belastete. Auch wenn ich es nie als eine Last angesehen hatte, ihn zu lieben. Wie könnte auch ein so schönes Gefühl eine solche Last sein. Es waren eher die Umstände, die dazu führten, dass ich oft Abends an meinem Fenster saß, in den Himmel hinaufblickte zu den Sternen und stumm weinte. Die Sterne, die für mich immer schon ein Funken der Hoffnung in dem Meer aus Dunkelheit waren. Sido schrieb einmal ein Lied namens Liebe und eine der Zeilen beschreibt meine Situation ziemlich gut. Auch wenn nicht ganz im selben Kontext „Wenn ich ohne nachzudenken, ständig an dich denken muss." So war es. Ich dachte ständig an ihn. Er nahm meine Gedanken ein und wenn ich anfing, mich dagegen zu wehren und mich tagsüber abzulenken, da träumte ich von ihm. Ich träumte davon, wie er mir sagte, dass er dasselbe für mich empfand und dass er nur nicht wusste, wie er es mir sagen sollte. Ich träumte davon, wie er mich im Lichte des Mondes sanft küsste und mir tief in die Augen schaute. Die Augen, in denen ich mich immer verlor. Es nahm mich auf eine kleine Reise mit. Am Anfang dachte ich, ich könne seine Gefühle aus seinen Augen heraus lesen, bis mir klar wurde, dass es meine eigenen waren, die ich in seinen Augen erkannte.  

Unerwiderte Gefühle - Im Schatten deiner SelbstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt