22. März 2018, Donnerstag
“Mein Gott, was war das bitte?”
Ich wuchtete meinen Rucksack vom Boden und schwang ihn über meine Schulter. Ben war dicht hinter mir, als ich den Klassenraum verließ.
“Definitiv, was hast du bei der dritten Aufgabe raus?”
“Ben, du weißt doch, was wir gesagt haben. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wir reden nicht mehr über Klausuren, nachdem wir sie geschrieben haben.”
“Stimmt ja…”
“Aber ich hab 36m².”
“Hm… bei mir sind 54,75m² rausgekommen.”
“Welp.”
Ben holte schnell zu mir auf und wir gingen zu unserem üblichen Platz in der Schule.
“Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich die Klausur verhauen hab.” Ich ließ meinen Rucksack auf den Boden fallen und setzte mich auf eine Treppenstufe.
“Ich denke mal, dass die halbe Klasse die Klausur verhauen hat. Zumindest ihren Gesichtern nach.”
“Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon.”
“Geht’s dir gut? Deine Wangen sind ziemlich gerötet.” Ben streckte einen Arm aus und fasste mit seiner Hand an meine Stirn. “Du fühlst dich etwas wärmer an als sonst.”
“Ich fühl mich ziemlich gut, glaube ich. Geht’s dir gut?”
“Yeah.”
Ben musste nicht wissen, dass ich mich schon seit Wochen nicht mehr normal gefühlt hatte. Er musste nicht wissen, was mit mir los war. Nicht mal ich wusste, was genau mit mir los war.
“Nur noch Englisch…”, murmelte Ben vor sich her, so, dass ich ihn kaum verstand.
“Ja, wenigstens etwas.” Ich atmete angestrengt aus und lehnte mich leicht zurück. “Ich freue mich schon auf die Osterferien. Wirklich.”
“Ich mich auch. Österreich wird wahrscheinlich ziemlich cool. Ski fahren, die Alpen, heiße Schokolade…”
Ich schlug Ben leicht auf den Arm.
Er rutschte von mir weg und rieb die Stelle, die ich getroffen hatte. “Aua.”
“Und was soll ich die nächsten zwei Wochen machen? Ganz alleine zu Hause sein.” Ich seufzte. “Ohne meinen besten Freund.” Und lehnte mich an seine Schulter.
“Es sind nur zwei Wochen, du Idiot. Dir passiert schon nichts. Wir können abends Facetimen, wenn du mich wirklich so sehr vermisst.”
Ich war mir nicht so sicher, ob mir wirklich nichts passieren würde, wie Ben es meinte. Tief in mir drin gab es einen Teil, der wusste, dass mir nichts passieren würde, aber dass ich mich nicht mehr so fühlen würde, wie zuvor.
“Ich werde dich ganz sicher anrufen.” Die Pausenklingel begleitete meine Worte und wir machten uns auf den Weg zum Klassenraum.
Die letzten 90 Minuten vergingen ziemlich schnell. Wir schauten einen Film und durften gehen, als es wieder klingelte.
“Nimmst du den Bus oder holen deine Eltern dich?” fragte ich Ben, als wir durch die Aula liefen.
“Mein Vater holt mich ab… ich denke nicht, dass er was dagegen hätte, dich mitzunehmen.”
Während wir nach Hause fuhren, redeten wir über die Pläne, die wir für die nächsten zwei Wochen hatten. Ich hatte so gut wie keine Pläne, nicht wie Ben und seine Familie. Aber das war okay. Ich würde schon einen Weg finden, die nächsten Wochen zu verbringen.
Wenn ich nur gewusst hätte, dass dies mein letzter Tag sein würde, an dem ich normal war.
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Die Springerin
FanfictionInnerhalb von ein paar Wochen hatte sich Karina's Leben komplett verändert. Vom Menschen zur Springerin. Und von normal zu etwas, das sie nie für möglich gehalten hätte. Dass sie sich von einem Ort zum anderen teleportieren kann, sogar durch Univers...