11 | Another way

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Mein Wecker klingelte. Es war 9:30 Uhr. Die Sonne, welche schrag am Himmel stand, schien durch die Fenster an meiner Dachschräge und ließen den Staub in dem Licht verspielt hin und her tanzen. Einen Moment sah ich dem Staub mit zusammen gekniffenen Augen zu. Heute war ein warmer, sonniger Tag.
Nach einigen Minuten schlug ich die Decke von meinem Körper und ließ meine Füße über die Bettkante hängen. Müde rieb ich meine Augen.
Wenn ich mich heute nicht Hyunjin hingeben würde, wäre ich am Ende des Tages traumatisiert. Warum ich von Anfang an nichts gegen Hyunjins Vorhaben tat? Anfangs dachte ich mir nicht wirklich etwas dabei. Wieso sollte jemand wie er sich so eine Mühe um jemand so unbedeutend wie mich machen? Also war meine vor erste Reaktion, zu ignorieren, was er tat. Je aufdringlicher er wurde, desto mehr Angst bekam ich vor ihm, trotzdem verspürte ich jedes Mal Aufregung durch meinen Bauch kribbeln, wenn er sich in meiner Nähe befand.
Es war wie eine Art Abenteuer. Eine Art Abenteuer, zu dem man auserwählt wurde, man aber nicht die Möglichkeit hatte, die Reise wieder abzubrechen. Also musste ich dieses Abenteuer und die damit verbundene Reise antreten.

Koste es, was es wolle.
Mit dieser Einstellung erhob ich mich von meinem Bett. Langsam betrat ich die Treppe, welche in das erste Stockwerk führte, in dem auch das Bad lag.
In dem Bad angekommen, drehte ich an dem Temperaturregler der Dusche, um die für mich perfekte Temperatur einzustellen. Meine Klamotten streifte ich von meinem Körper ab, während ich gleichzeitig mein Spiegelbild beobachtete.
Ich streckte einen Fuß unter die Dusche, um zu testen, ob das Wasser warm genug war, nachdem ich dieses angestellt hatte.
Anschließend ließ ich dann auch meinen kompletten Körper von Wasser überspülen. Ich wusch mich gründlicher als sonst, was mich deutlich mehr Zeit kostete. Die Dusche weckte mich auf und erfrischte mich, wodurch ich klarer denken konnte. Meine Gedanken, die bis eben noch wie wild in meinem Kopf gekreist hatten, schienen jetzt geordneter zu sein.
Sobald ich fertig mit dem Duschen war und mich angezogen hatte, war ich dafür bereit, dass Hyunjin hier aufkreuzen konnte.

Was mich erschreckte, war, dass ich es nicht einmal ekelig oder abstoßend fand, mit einem Jungen rumzumachen, anstatt mit einem Mädchen. Ganz früher hatte ich definitiv anders darüber gedacht. Wenn man es so wollte, hätte ich es damals sogar etwas unnaturlich und ekelig gefunden. Wie es aber schien, hatten sich durch die Zeit und die Ereignisse meine Gedanken drastisch verändert.Würde mich heutzutage fragen, was schlimm an Homosexualität wäre, hätte ich keine genaue Antwort darauf.
Gespannt saß ich in dem Wohnzimmer und blickte immer wieder auf die Uhr. Meine Mutter hatte vor dreißig Minuten das Haus verlassen und mich alleine zurückgelassen. In meinem Körper kribbelte alles. Es fühlte sich so an, als würden tausende von Krabbeltieren in und auf meinem Körper herumkrabbeln.
Wollte ich das wirklich?
Was war, wenn er mir weh tat, oder zu weit ging? War ich bereit, das auch einzustecken, oder konnte ich so etwas überhaupt genießen?
Ich redete mir ein, dass Hyunjin mich nur ins Bett bekommen wollte und ich ihn danach nie wieder so in die Augen blicken würde, wie ich es in der letzten Zeit konnte. Irgendwie erleichterte mir dieser Gedanke einiges.

Meinen bloßen Körper einem mehr oder weniger Fremden zu zeigen, war wahrscheinlich für viele eine Überwindung. Doch hier war ich.
Und es gab kein zurück mehr, denn ich hörte unsere Klingel den typischen Klingelton durch unser Haus läuten lassen.
Mein Herz begann so stark und schnell zu schlagen, dass ich mir einbildete, dass es weh tat.
Langsam erhob ich mich.
Meine Beine fühlten sich taub an.
Meine Atmung war flach und kaum hörbar.
Einen Schritt nach dem anderen näherte ich mich der Tür, hinter der mein Unheil auf mich wartete.
Ich umschloss die Türklinke mit einem festen Griff und drückte sie runter, während ich die Tür zu mir zog.
Das war der Moment, in dem ich mich in Hyunjins Schönheit verlor. Er hatte einen Zahnstocher lässig zwischen die Zähne geklemmt, wie als sei es eine Zigarette. Seine Lederjacke, welche er nur an dem oberen Ende festhielt, hatte er über seine Schulter gelegt. Seinen Motorrad Helm hielt er in seiner rechten Hand.

"Lässt du mich auch rein, oder willst du nur hier stehen und mich mit roten Wangen anstarren?", riss er mich aus meinen Gedanken.
"T-tschuldigung", stotterte ich, komplett
überfordert von den plötzlichen Schmetterlingen in meinem Bauch. Ich trat für ihn zu Seite.
Hatte ich mir so viele Gedanken über ihn gemacht und so begonnen Gefühle für ihn zu entwickeln? Ich wusste es nicht. Rückgängig war jetzt aber nichts mehr zu machen, also wartete ich, bis Hyunjin seine Jacke aufgehängt hatte und seine Sneaker abgestellt hatte.
Mit durchdringendem Blick sah er mir in die Augen, wodurch ich erneute Schmetterlinge spüren konnte.
"Du musst dich nicht dafür schämen mich heiß zu finden", ließ er mich wissen. "Es ist okay, die Wahrheit zu erkennen", sprach er weiter.
Warum musste er so arrogant sein? Warum musste er so selbstverliebt sein?!
Schuchter sah ich zur Seite und brach so unseren Blickkontakt ab. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie er mir mit seinem Gesicht näher kam. Ich spürte seine Hand an meinem Unterkiefer, welche mich kraftvoll zu ihm drehte.

Mit großen Augen sah ich ihn an. "Ist in dem Haus noch jemand außer dir und mir?", fragte
er ernst.
Hastig schüttelte ich meinen Kopf, worauf hin er schmutzig grinste. Erneut erhob er seine Stimme: "Das heißt nur wir beide, alleine, zusammen."
Nennt mich verrückt, doch durch seine Worte biss ich mir unbewusst auf die Lippe. Von oben sah er mich an. Um ihm in die Augen zu sehen, musste ich meinen Kopf in den Nacken legen.
Mit einer simplen, leichten Kopfbewegung deutete in Richtung der Treppe, hoch zu meinem Zimmer. Ich verstand.
Etwas unsicher wand ich ihm den Rücken zu, um die Treppe hoch zu laufen. In seiner Gegenwart fühlte ich mich wie ein hilfloser, kleiner Junge, welcher keine Machte hatte.
Ich hörte, Hyunjins Schritte hinter mir. Als wir ganz oben angekommen waren, betrat ich mein Zimmer.
Hyunjin, hinter mir, ließ meine Zimmertür ins Schloss fallen und ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass ich seine Beute war.

Abused | HyunlixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt