Kapitel 1

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Ich ließ meinen Blick zu meiner Mutter Marie wandern. Mama saß gerade auf ihrem Stuhl. Wie immer. Sie hatte die Schultern angespannt und ihre Augen sahen mich gebieterisch an. Ohe mit der Wimper zu zucken. Ohne Regung. Ohne Gefühle.

»Ähm ...«, räusperte ich mich und durchbrach damit die unangenehme Stille. 

Langsam schloss meine Mutter die Augen und öffnete sie wieder.

»Die Prophezeiung ...«, nahm ich den Faden auf und beobachtete sie. Ich vertraute ihr. Allerdings wollte ich jede einzelne Reaktion von ihr sehen, um nichts zu verpassen.

Mama nickte kurz. Natürlich wusste sie, wovon ich sprach und natürlich hatte sie nicht vergessen, was wir zuvor besprochen hatte. Eigentlich, was sie mir erzählt hatte. »'Die Tochter der Chefin wird die Welt mit den magischen Fähigkeiten retten. Sie ist auserwählt, alles Gute zu befreien und das Böse zu vernichten.' Hast du dir sie Prophezeiung etwa nicht gemerkt?!«, sagte sie, wobei Marie den letzten Satz eher entrüstet schrie. 

Ich mochte sie nicht. Wobei, so konnte man das nicht nennen. Natürlich mochte ich meine Mutter, sie war nur etwas ... »speziell« ... Ich liebte sie, wie eine Tochte ihre Mutter nun eben liebte, allerdings störte mich so einiges an ihr. Logisch. Ein Kind hatte immer was an den Eltern auszusetzen. Hatte Mama gesagt. Früher.

»Natürlich habe ich es mir gemerkt, ich wollte nur sicher sein, dass ich mich richtig erinnere«, erwiderte ich höflich und musterte sie aus dem Augenwinkel. 

Die war anders als früher. Irgendwie kam es mir so vor, als sei sie ... machthungrig. Sie wollte alles haben, alles besitzen. Sie wollte jede Person beherrschen, niemand durfte etwas gegen sie sagen. Seit ... Finja verschwand. Meine beste Freundin. Die einzige Person, die mich wirklich verstand. Die einzige Person, sie überhaupt mit mir befreundet sein wollte. Alle anderen fanden meine Mutter »abstoßend«. Das stimmte nicht, fand ich zumindest. Sie war die Chefin der Geheimnishüter, die wurden vom jedem verabscheut. Und respektiert. Aber mehr verabscheut.

»Zieh heute etwas gutes an«, sagte meine Mutter, dann stand sie auf und drehte sich um. Wahrscheinlich musste sie wieder zu einem wichtigen Treffen. Wie immer.

»Heute ist dein Tag«, hörte ich sie noch raunen. »Vermassle es nicht.«

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⏰ Last updated: Aug 31, 2024 ⏰

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GeheimnishüterWhere stories live. Discover now