Kapitel 10 - Was uns verändert

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„Wie konnte das alles passieren? Wie konnte es so weit kommen? Jens und ich sahen beide so unglücklich aus. Was war das für ein schreckliches Büro? Was ist aus meinen Haaren geworden? Und was hat das alles mit der heutigen Nacht zu tun? Ist das meine Zukunft?" Die Fragen sprudeln nur so aus mir heraus, während meine Teetasse vor mir auf dem Tisch hin und her tippelt, um meine Aufmerksamkeit zu erhaschen.

Arvala Abaphilius war mit mir zurück zu den Stühlen in der Mitte des Raumes geflogen, nachdem ich es endlich geschafft hatte, mich von den Eindrücken des Bildes zu lösen. Jetzt kämpfe ich gegen die Tränen und verstehe die Welt nicht mehr.

„Trink einen Schluck Tee, die Tasse wird unruhig", sagt Arvala Abaphilius und ohne, dass ich was dagegen tun kann, öffne ich meine Lippen und nippe an dem Tee. Sofort beruhigen sich meine wild durcheinander schießenden Gedankenbahnen.

„Nun zu deinen Fragen, Clea. Du musstest das sehen, weil du etwas verstehen sollst und für mein Empfinden ist das Erleben dem Erklären immer vorzuziehen." Mit ihrer gestreckten, rechten Hand macht sie eine große Geste in den Raum hinein. „Das ist eine der Dinge, um die es in diesem Atelier geht. Wir verlieren uns, wenn wir uns allzu oft vor uns selbst verstecken. Kommt dir das bekannt vor?"

Ich schüttle den Kopf, aber Arvala Abaphilius lässt nicht locker: „Sicher? Hast du in letzter Zeit nie eine Entscheidung getroffen, weil du dachtest, dass etwas Bestimmtes von dir erwartet wird? Oder weil du dachtest, es ist so leichter? Weil du Angst hattest, deinem Herzen zu folgen?"

Öhm. Na ja, jetzt, wo sie es so ausdrückt.

„Weißt du, Clea, wir haben im Leben so viele Möglichkeiten, in die verschiedensten Richtungen abzubiegen. Niemand kann uns sagen, wohin wir zu gehen haben, um unser Glück zu finden und das ist beängstigend. Umso wichtiger ist es, tief in sich hineinzuhören. Unsere innere Stimme kann uns leiten. Wir sollten sie nicht mit Ausreden abspeisen." Sie zwinkert mir zu. „Und das Gemälde. Nun, es ist eine deiner möglichen Zukunftsbilder. Du hast ja gesehen, alles ist im Fluss. Alles kann von einer weiteren Entscheidung weggespült werden. Du bist dort gelandet, nachdem du mit Jens zum Abschlussball gegangen bist, obwohl du eigentlich mit jemand anderen hättest dort sein sollen. Du hast dein BWL-Studium angefangen, und Jens war zufälligerweise auch dort. Du hast dich von deinen Eltern, Mia und Ben entfremdet und dich dem Geld und dem Erfolg zugewandt und so weiter und so fort. Es ist nicht eine falsche Entscheidung, die unser Leben negativ beeinflusst. Es ist die Entscheidung, immer weiter an dieser falschen Entscheidung festzuhalten. Manchmal sind Veränderungen gut."

Sie greift nach einem kleinen Foto, das wie aus dem Nichts vor ihr auf dem Tisch erschienen ist. „Ich möchte dir etwas zeigen. Erkennst du, wer das ist? Ich habe es mir aus einem anderen Atelier zustellen lassen."

Das ganz und gar außergewöhnliche Atelier der Arvala Abaphilius ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt