Tsukkiyama - A Song To Comfort You

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Nach dem verlorenen Spiel gegen Aoba Jōsai und dem misslungenen Sprungflatteraufschlag ringt Yamaguchi mit Selbstzweifeln ...

Triggerwarnung: Dieses Kapital enthält Selbsthass und Suizidgedanken


Yamaguchi wollte am liebsten so lange den Atem anhalten, bis er das Gefühl hatte zu zerplatzen und sich damit in Luft aufzulösen. Doch zu seinem Leidwesen setzte sich wie immer sein Überlebensinstinkt durch und er zog nach einer bestimmten Zeit gierig Sauerstoff ein.

Bittere Galle stieg seine Kehle hinauf, er hatte keinen Bissen von dem Essen herunterbekommen, das Ukai ihnen nach dem verlorenen Spiel ausgegeben hatte. Seine Mitspieler hatten die Köstlichkeiten nur so heruntergeschlungen, das hatten sie sich auch verdient, er selbst nicht, davon war Yamaguchi überzeugt.

Ihm wurde ganz schlecht bei dem Gedanken an das Spiel, insbesondere den letzten Satz, gegen Aoba Jōsai. Die Mannschaft um Oikawa hatte in Führung gelegen, als er für den Aufschlag eingewechselt wurde. Ursprünglich hatte er sich gefreut, nicht mehr nur ein Statist, sondern Teil des Teams auf dem Feld zu sein. Doch draußen auf dem Spielfeld wurde er von den Reizen schier überflutet. Das Flutlicht war zu hell, das Publikum zu laut, das Netz zu hoch gewesen, ebenso die Erwartungen an ihn und damit auch die Last auf seinen Schultern.

Selbst jetzt, im Nachhinein, konnte er nicht genau erklären, was dazu geführt hatte, dass der Ball am Netz hängengeblieben und in ihrer eigenen Spielfeldhälfte zu Boden gefallen war. Das Geräusch des dumpfen Aufpralls würde er jedoch nie vergessen. Gleiches galt für das Gefühl der Schmach, als Ukai ihn sofort wieder ausgewechselt hatte. Frustriert und mit Tränen in den Augen hatte er erneut seinen Platz auf der Bank eingenommen.

Er hatte alle enttäuscht, seine Mitspieler, seinen Trainer und Shimada. Shimada, der sich extra Zeit für ihn genommen und seit einer Woche diesen verdammten Sprungflatteraufschlag mit ihm geübt hatte. Meine ganzen Bemühungen waren für umsonst, da war sie wieder, diese innere Stimme, die ihn schonungslos auf all seine Unzulänglichkeiten hinwies. Lange Zeit war sie still gewesen, aber nun ertönte sie laut und deutlich, und sie fing gerade erst an.

Am besten ich lass' es sein, flüsterte sie. Was kann ich dem Team schon bieten? Alles, was ich kann, kann jemand anderes besser. Ich bin nur durchschnittlich. Abgehängt bin ich der Einzige aus meinem Jahrgang, der nicht zur Standardaufstellung gehört und als Bankwärmer von der Seitenlinie aus zusieht.

Yamaguchi erhob keinerlei Widersprüche, die Stimme hatte recht und dieses Zugeständnis beflügelte sie regelrecht in ihrer Ansicht und Lautstärke. Ich bin nicht genug, nicht würdig auf dem Feld zu stehen. Ich gehöre nicht hierher, werde es nie tun. Am besten lass' ich es sein, sonst werde ich nur erneut versagen und erneut alle enttäuschen.

Yamaguchi steigerte sich in diesem Augenblick immer weiter in seine Zweifel und Ängste hinein, das war ihm bewusst, aber er konnte nicht aufhören. Seine Atmung wurde unruhig. Panisch begann er die aufkommenden Tränen wegzublinzeln, während er angestrengt versuchte seine Miene zu wahren.

Nicht dass jemand seine schmerzverzerrten Gesichtszüge bemerkt hätte. Die anderen Teammitglieder schliefen, erschöpft vom Spiel und eingelullt von den gleichmäßigen Bewegungen des Mannschaftsbusses. Sie schliefen, er verzweifelte.

Mit einem unterdrückten Schluchzen griff sich Yamaguchi an den Kopf. Seine Hände waren kalt und seine Finger zitterten. Die Stimme sollte endlich aufhören, aber das tat sie nicht. Sie war laut und unnachgiebig, fluchte und schimpfte so lange, bis der Damm brach und heiße Tränen unaufhörlich über seine Wangen rannen. Unterdessen ertönte ein gehässiges Lachen in seinem Kopf.

Yamaguchi wischte sich mit dem Handrücken fahrig übers Gesicht, als sich Tsukishima auf dem Sitz neben ihm bewegte. Er sollte nicht sehen, was für eine Heulsuse er war. Yamaguchi starrte stumpf geradeaus auf die Lehne des Sitzes vor ihm, doch das bunte Muster des Bezugs verschwamm, sobald sich erneut Wasser in seinen Augen sammelte.

Ängstlich zuckte er zusammen und duckte sich ein wenig, aber das hinderte Tsukishima nicht daran, ihm seine Kopfhörer aufzusetzen. Der blonde Mittelblocker hatte scheinbar nicht geschlafen, sondern Musik gehört und aus dem Fenster gesehen, und dabei in der Spiegelung der Scheibe die Verzweiflung seines Freundes bemerkt.

Yamaguchi lauschte konzentriert, das Blut rauschte in seinen Ohren, dann wurde die Stimme in seinem Kopf zunehmend leiser bis sie gänzlich verstummte. An ihre Stelle trat Chris Martin, der als Leadsänger von Coldplay den Refrain anstimmte: And it was all yellow. And your skin, oh yeah, your skin and bones turn into something beautiful. And you know, for you, I'd bleed myself dry. For you, I'd bleed myself dry.

Blinzelnd sah Yamaguchi seinen Sitznachbarn an. "Tsukki", schniefte er, so leise, dass er es durch den Klang in den Kopfhörern selbst kaum hörte. Tsukishima antwortete nicht, wortlos strich er über die tränenfeuchte, mit Sommersprossen bedeckte Wange seines Freundes. Anschließend drückte er Yamaguchis Kopf an seine Schulter, zwang ihn, sich anzulehnen.

Seinem Schicksal ergeben schloss Yamaguchi die Augen und seine Tränen versiegten allmählich. Müdigkeit, welche bereits seit Ende des Spiels in ihm steckte, machte sich bemerkbar und ehe er noch über irgendetwas nachdenken und sich den Kopf zerbrechen konnte, schlief er ein, begleitet vom letzten Vers des Lieds: Look at the stars, look how they shine for you and all the things that you do.


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⏰ Letzte Aktualisierung: 3 days ago ⏰

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