Kapitel 1

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Die Silhouetten von Baumwipfeln waren vor dem nachtschwarzen Himmel zu erkennen. Durch die Bäume wehte ein starker Wind, es bahnte sich ein Sturm an und sogleich setze starker Regen ein. Im Wald suchte sich etwas seinen Weg durch das Unterholz. Das Geräusch schneller Schritte wurde durch das Platschen von Pfützen begleitet. Gescheucht wie ein Tier, rannte eine menschliche Gestalt durch den Wald, verfolgt von einer kleinen Gruppe, die mit Laternen und Waffen gerüstet war. Die gejagte Gestalt brach durch das Gebüsch auf eine Lichtung heraus. Zum Vorschein kam ein junger Mann. Er hatte eine hochgewachsene, breitschultrige Statur und schwarzes, zerzaustes Haar, das normalerweise in alle Richtungen wild abstand. Sein Gesicht wies markante Züge auf und lies ihn dadurch sehr erwachsen erscheinen. Schwer atmend lief er weiter und der Regen ließ seine Kleidung sowie seine Haare an ihm kleben. Er geriet außer Puste und schleppte sich wackelig über die Lichtung und schaute sich in Richtung seiner Verfolger um.

Taumelnd setzte er seinen Weg fort. Als er jedoch durch Unachtsamkeit mit dem Fuß über ein Erdloch stolperte, fiel er in das nasse Gras und konnte spüren, wie sich die Erschöpfung in seinen Beinen ausbreitete. Der junge Mann war an einigen Stellen verletzt aber kämpfte sich trotz allem weiter, während die Verfolger sich ihren Weg auf die Lichtung bahnten. "Fasst ihn!", brüllte ein stämmiger Mann mit breiten Schultern über den strömenden Regen hinweg. Der junge Mann sah hinter sich und verzog sein Gesicht vor Schmerzen, während er sich vom schlammigen Boden abstützte. Die Erschöpfung machte ihm genauso, wie seine Wunden, schwer zu schaffen. Sein Blick verschwamm langsam.

Er war am Ende seiner Kräfte angelangt und ließ den Kopf in den Dreck sacken. Während er nur noch bemerkte wie die Gruppe auf ihn zukam, versuchte er sich gegen die ihn erschlagende Erschöpfung zu wehren, doch vergeblich. Er war nicht mehr in der Lage sich über seinen ausgelaugten Körper hinweg zu setzen und somit seinen Verfolgern ausgeliefert. Langsam schloss er seine Augen und spürte wie eine tiefe Bewusstlosigkeit sich über seinen Geist legte.

In einem Schloss, welches durch eine kleine Stadt umgeben auf einer Klippe am Meer lag, tänzelte eine junge Frau mit langen schneeweißen Haaren, gut gelaunt den Flur entlang. Die Haare waren zu einem Zopf geflochten, welcher sanft hin und her wippte bei jedem Schritt. Ihre Kleidung umspielte ihre grazile, jugendliche Figur, welche aus einem knielangen Kleid mit langen Ärmeln und kniehohen Lederstiefeln bestand. Sie schaute sich mit ihren kristallblauen Augen in den Fluren um. Das Licht der aufgehenden Sonne strahlte durch die großen Fenster, als sie von unten aus dem Schlosshof laute Stimmen vernahm, die ihre Aufmerksamkeit auf sich zogen. Sie lief zum nächstgelegenen Fenster und öffnete dieses, um einen besseren Blick auf das Geschehen zu haben. Die junge Frau schaute hinunter in den Hof, um herauszufinden, was die Quelle der lauten Stimmen war. Eine kleine Gruppe, bestehend aus Jägern und Söldnern, kamen von einer nächtlichen Jagd zurück. Diese waren schwer bewaffnet. Sie führten ein Pferd mit sich, welches einen kleinen Karren hinter sich herzog. Auf dem Karren befand sich ein Käfig aus dicken Metallstäben. In diesem lag bewusstlos ein junger Mann gefesselt an Händen und Füßen. Die junge Frau runzelte die Stirn, ihr Interesse wurde nur noch mehr durch diesen Anblick geweckt. Sie beobachtete das Schauspiel, das sich unten im Hof zutrug, bis die Gruppe mit dem Karren unter einem Torbogen aus ihrer Sicht verschwunden war. Sie überlegte mit leisen gemurmelten Worten zu sich: „Seit wann nehmen wir Gefangene? Unsere Bürger folgen doch streng allen Gesetzen." Tatsache war, dass es in der Stadt sehr ruhig zuging. Selten kam es zu Tumulten und wenn doch, handelte es sich meist nur um kleine Taschendiebe oder harmlose Rangeleien zwischen Bürgern, welche jedoch nie mit einer Gefangennahme von Leuten ausgingen. Alle Bürger lebten friedlich miteinander, die wichtigste Regel war jedoch: Es darf niemand die Stadtmauern verlassen, der keinen triftigen Grund dafür hat!

Es musste einen anderen Grund geben, dass sie nun nach so langer Zeit wieder einen Gefangenen hatten. Sie blickte entschlossen auf, stieß sich mit Schwung vom Fenster ab und eilte den Flur entlang, um mehr herauszufinden. Ihr wurde immer gesagt, sie solle sich mehr für das Königreich und die Bürger interessieren.

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