„Alphonse, gehst du schon wieder tauchen?" Ich zuckte zusammen und schaute meinen Vater an, der im Türrahmen stand. Meine Sporttasche in der Hand drehte ich mich um. „Warum denn nicht, Dad? Ich meine, ich habe Urlaub und nichts zu tun. Also kann ich auch genauso gut weiter das Meer erkunden gehen." Doctor Aitsch seufzte. „Aber sei vorsichtig. Wir wissen nicht, wie lange du wirklich im Wasser aushalten kannst." Ich nickte kurz. „Ich weiß, Dad. Ich werde schon aufpassen, versprochen." Dann verließ ich eilig das Haus, in dem auch die Praxis meines Vaters war, und fuhr mit meinem dunkelgrünen BMW M5 zum Parkplatz am Strand. Dann schnappte ich mir meine Sporttasche und ging zu einem abgelegenen Teil des Strandes von Miami, der aufgrund der ungewöhnlich kühlen Temperaturen fast wie ausgestorben war. Seufzend streifte ich mir mein T-Shirt über den Kopf, zog mir meine Badehose an und watete in das kühle Wasser.
Kurz schnappte ich nach Luft, dann wurde das Wasser um meine Beine herum etwas wärmer. Immer wieder staunte ich über meine Fähigkeiten in Bezug auf Wasser. Ich konnte unter Wasser atmen, es formen, wenn ich wollte oder sogar die Temperatur im geringen Maße ändern. Zudem blieben meine Sachen immer trocken, außer ich wollte, dass sie nass wurden. Ich schüttelte den Kopf und tauchte unter. Früher war ich nie geschwommen, wenn ich es vermeiden konnte. Damals hatte ich Angst vor dem Ertrinken, weshalb ich mich geweigert hatte, überhaupt in die Nähe des Meeres zu gehen. Bis zu dem Tag, als ein Klassenausflug ans Meer anstand und mich ein Typ von einem Steg ins ca zwei Meter tiefe Wasser geschubst hatte. An dem Tag hatte ich unerklärlicherweise meine Angst verloren und kam nun regelmäßig ans Meer, um zu tauchen. Schnell konzentrierte ich mich wieder und schwamm weiter und tiefer hinaus als sonst. Staunend begutachtete ich die Korallen und Meerestiere um mich herum, bis ich hinter mir ein tiefes Knurren hörte, welches durch das tiefblaue Wasser hallte. Die Fische um mich herum flohen panisch und ich drehte mich im Wasser um und erschrak heftig.
Ein riesiger schwarzgrauer Hund schoss mit gefletschten Zähnen auf mich zu. Moment mal, ein Hund?! Im Wasser?! Schnell drehte ich mich wieder um und schwamm schneller als je zuvor durch das Wasser, doch der Köter blieb mir dicht auf den Fersen. Ich schrie auf, als ich seinen heißen Atem an meinen Füßen spürte, und trat nach hinten aus. Der Hund jaulte kurz auf und blieb ein Stück zurück, als ich vor mir in einer kleinen Schlucht einen Palast sah. Ich blinzelte überrascht, tauchte dann aber tiefer und schaffte es vor dem Hund in diesen seltsamen Palast, der innen genau wie von außen funkelte, als wäre er eben mal schnell auf dem Meeresgrund gebaut worden. Vor der Tür knurrte der Hund enttäuscht auf und schwamm nach einer Weile weg, vielleicht, um einen anderen Eingang zu suchen. Ich seufzte erleichtert und lehnte mich mit geschlossenen Augen gegen die Tür.
Jemand räusperte sich dicht neben mir und ich riss die Augen wieder auf. Vor mir stand ein junger Mann in voller Kriegsrüstung, kurz geschorenen braunen Haaren und meergrünen Augen. Über seine eine Gesichtshälfte zog sich eine lange Narbe und an der Innenseite seines rechten Unterarms prangte ein Tattoo und die Buchstaben SPQR. Wenn ich das richtig sah, handelte es sich um ein Schwert und einen Dreizack, die sich kreuzten. Außerdem hing ein langes Schwert an einem Gurt über seiner Schulter. Ich schluckte. „Ähm... tut mir leid, falls ich hier eingedrungen sein sollte. Wer bist du und was ist das für ein Ort?", fragte ich nervös. „Ich bin Lancelot. Und Ihr seid in Poseidons Palast. Wie habt Ihr diesen Ort gefunden?", antwortete der Mann mit regungsloser Stimme. Ich war verwirrt. „Poseidon? Wer benennt sein Kind bitte nach einem Gott?" Lancelots Gesicht verzerrte sich leicht. „Vorsicht. An Eurer Stelle würde ich nicht so vom Herrn des Hauses reden, auch wenn er Euer Vater ist."
„Hä? Was soll das denn heißen? Mein Vater lebt bei mir mit im Haus. Da kann nicht irgendso ein komischer Typ mit einem Götternamen mein Vater sein", konterte ich verständnislos. Der Kriegertyp verzog das Gesicht, seine Augen funkelten wütend. „Ihr habt keine Ahnung, Ihr wisst nichts über Eure Herkunft. Und doch nehmt Ihr Euch das Recht heraus, so zu reden." Ich zuckte leicht zusammen, als Lancelot seine Hand auf seinen Schwertgriff legte. Wenn ich nicht aufpasste, würde ich wahrscheinlich als Schnitzel enden. Entschuldigend hob ich die Hände. „Sorry, aber ich habe echt keine Ahnung, von was du redest. Und wieso sprichst du mich so vornehm an?" Lancelot reagierte nicht sofort, dann drehte er sich um und ging davon. „Folgt mir, ich möchte Euch etwas zeigen", sagte er nur.
Ich folgte ihm zögernd. Er führte mich in einen riesigen Thronsaal, an dessen Ende sogar eine Person auf dem Thron saß. Nur dass eben diese Person gute vier bis fünf Meter groß war. Ich schluckte nervös. „Ähm, wer ist das?" Lancelot ignorierte mich und kniete sich vor den Thron, seine Rüstung klirrte leise. „Vater, er ist gekommen. Jedoch glaubt er mir nicht." Der bärtige Mann auf dem Thron nickte langsam und stand auf, in der Hand hielt er einen enorm großen Dreizack. Ich trat unwillkürlich einen Schritt zurück, als ich die knisternde Luft um mich herum wahrnahm. „Ich... äh... es tut mir leid, hier eingedrungen zu sein. Ein großer schwarzgrauer Hund hat mich unter Wasser gejagt." Mir war bewusst, wie unglaubwürdig sich diese Worte anhörten. Aber es war wahr.
Der Bärtige verzog keine Miene, sondern kam langsam näher. Mit jedem Schritt schien er zu schrumpfen, bis er eine normale Größe erreicht hatte. „Hallo, Alphonse. Du bist groß geworden", begrüßte er mich mit leiser Stimme. Ich blinzelte verwirrt, mein Mund stand leicht offen. „Äh, was? Kann mir mal bitte jemand erklären, was hier vor sich geht?" Der Mann seufzte. „Ich hatte zwar geahnt, dass du keine Ahnung von deiner Herkunft hast, aber dass es so schlimm ist, hatte ich nicht erwartet. Ich bin Poseidon, der griechische Gott des Meeres. Das ist einer meiner Söhne, Lancelot, und sein Höllenhund Stretchie."
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Zwischen den Welten
FantasyDer 21-jährige Alphonse hat seit seiner Geburt ein Geheimnis, welches nur sein Vater Doctor Akira Aitsch kennt. Alphonse kann unter Wasser atmen. Eines Tages, als er im Meer taucht, findet er einen riesigen Unterwasserpalast, wird von einem Höllenhu...