Kapitel 1

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Die Uhr tickte, draußen hörte man den Wind über die Palmen wehen und das Rauschen des Meeres, das nicht weit lag, war deutlich aus dem Fenster zu hören. Es hätte zum Entspannen still sein können, doch Bill machte das schrecklich nervös. Anstatt den Kopf auf das Kissen zu legen und die Ruhe zu genießen, wie er es sonst immer tat, wenn sein Bruder wieder mal unterwegs war, knabberte der Sänger an seinen Fingernägeln und starrte gebannt auf den Monitor vor ihm. Sein Laptop lag bequem auf seinen Oberschenkeln, trotzdem störte den Frontmann etwas und er suchte immer wieder nach einer passenden Sitzposition.

Er war bereits 3 Mal auf dem Klo und war zweimal in der Küche um nach etwas Essbarem zu suchen, aber dort war nichts. Er wusste, dass der Kühlschrank leer war, schließlich reisten sie viel, aber diese Warterrei machte ihn wahnsinnig. Er verzweifelte, als er sich selbst dabei erwischt hatte, wie er wieder an den Fingernägeln knabberte und versteckte seine Finger in seinen strahlend wasserstoffblonden Haaren, die er noch gar nicht gekämmt hatte, wie ihm auffiel.

Wieder wanderte sein Blick auf den Namen, der auf dem Monitor geschrieben stand.

lana_whatever

Er seufzte und schürzte seine Lippen. Was war bloß los mit ihm? War es, weil er sie vermisst hatte? Oder weil er Angst davor hatte, dass sie ihn für sein damaliges Verhalten erniedrigt? Der Rocksänger schüttelte leicht den Kopf und kräuselte die Augenbrauen um den Gedanken aus dem Kopf zu schlagen.

Bill wurde von vielen Leuten gehasst. Das machte ihm lange nichts mehr aus, denn er wusste, dass er neben den ganzen Feinden auch seine Freunde hatte. Und seine geliebte Freundin Karolyn, die alles dafür tun würde, dass es ihrem Bären gut geht, würde ihm ebenfalls niemals von der Seite weichen. Bei dem Gedanken an sie musste er unwillkürlich lächeln und nahm sich vor, ihr, gleich nachdem er mit Lana seinen Chat beenden würde, zu schreiben.

Trotzdem spürte der 25-jährige, wie sein Magen sich kräftig zusammenzog und er sich leicht krümmte. Er war so nervös. So schrecklich nervös und er wusste immer noch nicht genau warum. Er wusste nicht einmal, was Lana von ihm wollte. Das einzige, was er in der Woche von ihr bekam war eine Mail.

_________
❝Schick mir am Samstag auf Skype eine Freundschaftsanfrage.

lana_whatever

Ich muss noch was erledigen. ❞
_________

Wieder huschten seine Augen auf den Namen.

lana_whatever

Sie hat seine Anfrage immer noch nicht angenommen und er biss sich auf seine volle Unterlippe. Früher war sie doch auch nie zu spät da. Sie war immer pünktlich, jeden Samstag und sie war diejenige, die ihn dann immer auf dem Handy angerufen hatte und ihn gehetzt hat. Wieder suchte er sich Hilfe bei der Uhr. Sie schlug fast 11 im Vormittag und als er die Zeitverschiebung mit einberechnete, kam er auf 8 Uhr abends. Bei Lana in Deutschland war es also noch gar nicht so spät. Trotzdem hatte er sie früher erhofft.

"Es ist so komisch ihn warten zu lassen.", murmelte Lana leise und hatte immer noch ihre beste Freundin Zoe an der Leitung.

"Meiner Meinung nach, solltest du ihn für immer warten lassen.", entgegnet Zoe ehrlich und hebt die Augenbrauen. Die Qualität ist schlecht, aber Lana erkennt, was Zoes Blick ihr sagen möchte.

"Nein, Z. Ich hab ihm schon Bescheid gesagt, das wäre asozial von mir.", erklärte Lana ihrer besten Freundin und spürte, wie ihr die Kehle zuschnürte. Draußen war es so schön kühl, während ihr bereits eine Schweißperle über die Stirn lief. Vorsichtig wischte sie die Perle mit dem Handrücken weg und fächelte mit einem Schulheft vor ihrem Gesicht. Sie war sehr beunruhigt und schloss die Augen.

"Das ist alles so unlogisch. Das macht alles nur noch schlimmer, Lana. Du wirst ihn nie vergessen können.", schnaubt sie und Lana senkt den Blick. Sie wusste, dass Zoe Recht hatte, aber sie wollte ihm bloß ihre Stärke und Ehrlichkeit beweisen. Außerdem wollte sie sich irgendwie auch für den letzten Streit entschuldigen. Das Problem war jedoch, dass sie das nicht konnte, ohne selbstsicher und hart klingen zu können. Sie sah sich jetzt schon heulend mit einer Schüssel Eis vor dem Fernseher sitzen und seufzte.

"Lana.", holte Zoe ihre beste Freundin zurück. "Du musst das nicht machen."

Ihr Kopf ist nun ganz nah an der Kamera und sie schaut Lana hartnäckig an. Das entkräftete Mädchen weiß, was Zoe erreichen möchte. Sie will ihr ins Gewissen reden.

"Nein, Z. Ich zieh' das durch. Ich schaffe das schon." Das Schlimmste an der ganzen Sache war, wie Lana sich selbst versuchte anzulügen. Sie redete sich immer wieder ein, stark und kühl zu ihm zu bleiben und um letzten Endes nicht doch noch abzubrechen, verabschiedete sie sich von ihrer Freundin und legte auf.

Sie klickte zögernd mit der Maustaste auf den Chat von ihm und starrte auf den Namen.

lookhowfarwevecome

Sie knetete die Hände und erblickte zwei Felder.

Annehmen. Ablehnen.

Sie müsste nur ihren Zeigefinger runterdrücken, genau das war der Schlüssel zur Tür. Diese eine klitzekleine Bewegung und sie würde in die Welt versinken, in die sie eigentlich nie zurück wollte.

Sie verschnaufte kurz, sagte leise nochmal zu sich selbst, dass sie das packen würde und nahm die Anfrage an. Lana wollte bloß einmal mutig sein. Bloß das eine Mal.

Als Bills Benachrichtigungston ertönte zuckte er unbewusst zusammen und kletterte schnell zu seinem Laptop, den er kurz auf die Bettecke gestellt hatte um seine Mails auf dem Handy zu checken. Er dachte, dass er sich bei der Mail von ihr verlesen hatte, weil er doch schon so lange wartete.

Aber jetzt war sie da. Noch nie hatte er eine so plötzliche Nähe empfunden, wenn er laß, dass er und jemand anderes die Kontaktdaten ausgetauscht hatten. Sein Herz schlug schneller und er schluckte. Er müsste jetzt so sein, wie er immer war, dann würde er nichts falsches tun.

Es kam nichts. Niemand schrieb und er überlegte, ob er zuerst schreiben sollte, wobei das nicht seine Art war. Zumindest nicht die Art, die Lana von ihm kannte. Er hörte Pumba im Haus herumtrappeln und überlegte gleichzeitig.

❝Hey ❞

Es war sie. Sie hatte geschrieben und seine Hände schwitzten. Es waren simple drei Buchstaben, die er jetzt nicht anders genutzt hätte wie sie, und so tippten auch seine Finger rasch über die Tastatur.

❝Hey ❞

lana_whatever schreibt...

❝Ich wollte den neuen Horrorfilm mit dir schauen, der jetzt endlich draußen ist. ❞

Bills Herz setzte augenblicklich aus. Er wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte, dass sie nicht auf den letzten Streit zurückgriff, oder ob er wütend reagieren sollte, weil sie ihn wegen solch einer albernen Sache angeschrieben hatte. Er war verwirrt. Sowas war ihm noch nie passiert. Er wusste immer, was er sagen konnte, er war Bill. Er war auf Spontanität eingestellt. Er schrieb, telefonierte und redete seit Jahren mit fremden Leuten, aber Lana verwirrte ihn. Lana war auch nicht fremd, er kannte sie. Allerdings nicht so.

"Scheiße.", fluchte Lana und legte Daumen und Zeigefinger auf ihr Nasenbein. Sie musste sich jetzt schon die Tränen zurückhalten, weil sie verstand, wie lächerlich sie auf Bill wirken musste. Er schrieb nichts und sie kniff die Augen stärker zusammen, hörte das Blut panisch von Ader zu Ader rauschen.

Schnell versuchte sie sich wieder Mut zu zu reden. Sie war stark. Sie war jetzt sie selbst und wusste, was sie wollte. Sie wollte fair sein und ihm zeigen, wie zuverlässig sie war.

lookhowfarwevecome schreibt...

❝Du meldest dich nach einem halben Jahr wieder um diesen Film mit mir zu gucken? ❞

lana_whatever schreibt...

❝Ich hatte es versprochen. ❞

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 16, 2015 ⏰

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Versprochen. -Egal was kommt.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt