1. BFF-Talk oder warum man sich nicht in seinen Erzfeind verlieben sollte

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SOPHIE:

"Was soll ich tun, wenn er mich wirklich fragt?" Ich sehe meine beste Freundin Karla leicht verzweifelt an. "Ich meine, ich kann ja schlecht mit ihm hingehen, oder?"

Es ist beinahe 1 Uhr morgens und wir befinden uns in meinem Zimmer in dem Haus, in dem mein Onkel und ich wohnen. Ich liege rücklings auf meinem Bett und starre die Decke an, während Karla auf ihrem Schlafsack neben dem Bett sitzt. Ich kann ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, dafür ist es zu dunkel. Natürlich könnte ich aufstehen und die paar Schritte bis zu meinem Schreibtisch gehen und die Taschenlampe einschalten, die dort liegt, aber ich bin zu müde.

Wir haben eine lange Nacht hinter uns. Die Pyjama-Party heute Abend hatten wir lange im Voraus geplant und sie ist wirklich hervorragend verlaufen.

Wir haben mindestens drei Filme gesehen und uns die Bäuche mit Popcorn, Eis und Törtchen vollgestopft, die mein Onkel gebacken hat. Törtchen sind so ziemlich das einzige, was ihm in der Küche gelingt. Leider bin ich ebenfalls nicht gerade eine Meisterköchin - wenn ich ehrlich sein soll, bringe ich kochtechnisch nicht das Geringste zusammen. Also ernähren wir uns hauptsächlich von Fertigessen. Dazu, um das ganze etwas weniger ungesund zu machen, Obst und Gemüse aus dem Supermarkt.

Wie gesagt, es war ein schöner Abend, bis uns irgendwann die kitschigen Filme und die Snacks ausgegangen sind und wir das Licht abdrehen mussten. In so einer Situation kann man mit seiner besten Freundin über alles reden. Zuerst war es auch ganz witzig. Karla hat ewig von unserem Lieblingsschauspieler Jack Alien geschwärmt und ich habe hin und wieder leise geseufzt.

Aber dann, dann hat sie sich in ihrem Schlafsack aufgesetzt und ein bedeutungsvolles Gesicht gemacht. Ich habe sofort gewusst, was jetzt kommt. Das Thema, von dem ich gehofft hatte, sie habe es vergessen. Über das ich mit niemandem reden will, nicht einmal mit meiner besten Freundin. Aber so etwas akzeptiert sie ja nicht.

"Sag mal, Sophie...", hat sie angefangen, "Wie geht es eigentlich diesem absolut süßen Typen, der ja praktischer weise dein Erzfeind ist?"

"Uhm, gut, denke ich mal.", antworte ich und hoffe, sie würde nicht weiter auf das Thema eingehen. Aber eigentlich sollte ich es mittlerweile besser wissen.

"Ach komm schon Sophie, du bist doch immer noch in ihn verliebt, hab ich recht?"

Ich gebe nur ein undefinierbares Geräusch von mir. Titus ist wirklich der letzte, über den ich heute reden will. Schlimm genug, dass ich mich wieder jeder Vernunft in ihn verliebt habe.

Karla, offenbar nur noch neugieriger durch meine einsilbigen Antworten, bohrt gnadenlos weiter.

"Seid ihr seit dem Valentinstag eigentlich richtig zusammen? Warte - ", sie schlägt sich die Hände vor den Mund "- sag bloß, er hat dich geküsst!?"

Ich richte mich ruckartig auf. "Nein!", ich schreie fast. Aber das ist der einzige Weg meine Verlegenheit zu überspielen. Allein der Gedanke er würde mich küssen, reicht aus, um meinem Gesicht die Farbe einer überreifen Tomate zu verleihen. So hoffe ich, dass sie die Röte meiner Wangen auf meine Aufregung hin deutet.

"Weder noch", füge ich noch hinzu, schon etwas ruhiger. Ich will meinen Onkel schließlich nicht aufwecken. Wer weiß, was er dann denkt, bei ihm kann man ja nie wissen.

"Wie", fragt Karla ungläubig "Es ist nichts passiert?"

"Nein", bestätige ich. Wir sind nur unseren Agenten hinterhergelaufen. Was kann ich denn dafür, dass sie zuerst ein Eis gegessen, dann ein Museum besucht, den Sonnenuntergang von einer Aussichtsplattform beobachtet und zum Schluss mit der Kutsche durch den Park gefahren sind - und das alles in Paris!"

"Oh man Sophie!", Karla seufzt schwärmerisch. "Das klingt sooooooo romantisch!"

"War es auch", flüstere ich, kaum hörbar. Karla hört es natürlich trotzdem. Sie kichert leise.

Dann hört sie plötzlich auf. Ihre Stimme hat etwas beschwörendes, als sie fragt: "Sag mal, glaubst du er fragt dich, ob du mit ihm zu dem großen Metro City Frühlingsball gehst, der vom Hauptquartier organisiert wird?"

Ich stocke ebenfalls. Alles, was ich denke, ist, nein, nein, nein, bitte, bitte frag mich nicht. Denn was sollte ich denn anderes außer nein sagen? Ich kann nicht mit meinem Erzfeind, der auch noch zufällig Dr Kralles Neffe ist zu einem Hauptquartier-Ball gehen! Oder?

Also liege ich hier und warte auf Karlas Antwort.

"Naja", beginnt sie schließlich, "Was WILLST du tun, wenn er dich fragt?"

"Ich-", ich zögere, "ich weiß es nicht.", antworte ich schließlich. "Und können wir jetzt bitte endlich das Thema wechseln?"

TITUS:

Ich sitze vor meinem Computer und versuche, mich auf den Bildschirm zu konzentrieren. Gerade bin ich dabei, ein neues Programm zu schreiben, dass es uns ermöglichen soll, auf geheime Konten des Hauptquartiers zuzugreifen und ich bin fast fertig, aber irgendwie kann ich mich nicht konzentrieren.

Verdammt. Ich wollte das Programm doch schon heute Nacht testen! Aber es ist wohl schon zu spät für so etwas. Mir fallen die Augen zu und es ist wohl besser, entscheide ich, das morgen fertig zu machen, als heute in meinem Zustand und dann einen Fehler zu machen.

Ich seufze, schalte den Computer auf Stand-by und stehe auf. Nach dem ich kurz geduscht, mich umgezogen und mir die Zähne geputzt habe, liege ich in meinem Bett und versuche, einzuschlafen.

Aber genauso wenig wie ich mich vor 15 Minuten auf das Computerprogramm konzentrieren konnte, kann ich mich jetzt darauf konzentrieren, einzuschlafen. Es geht einfach nicht.

Morgen wird mein Onkel wieder irgendeinen komplett verrückten Plan aus dem Hut zaubern, den ich dann wieder ausführen darf. Und ich werde es wieder versuchen, und wieder versagen. Und dann wird mein Onkel wieder einmal mich bestrafen, obwohl es doch klar war, dass sein Plan von vorne herein zum Scheitern verurteilt war.

Plötzlich stutze ich. Woran liegt es eigentlich, dass ich jedes Mal gegen Sophie verliere? Bin ich wirklich schlechter als sie? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Es wird wohl eher daran liegen, dass ich mir in Wirklichkeit kaum Mühe gebe, die Pläne meines Onkels erfolgreich umzusetzen. Ich weiß ja, wie verrückt sie sind.

Manchmal, wenn ich ihr wieder von einem der Pläne erzählen muss, ist es sogar richtig peinlich, zuzugeben, dass ich an so einem Unsinn beteiligt bin.

Ich starre in die Dunkelheit. Was sie wohl gerade macht? Denkt sie an mich, so wie ich an sie? Sei nicht albern, Titus, ermahne ich mich selbst. Warum sollte sie ausgerechnet an dich denken?

SOPHIE:

Ich liege in meinem Bett und starre immer noch an die Decke. Karla ist bereits vor einer halben Stunde eingeschlafen - zum Glück. Das Thema Titus haben wir für heute auch abgehackt. Sie hat noch versucht, mich dazu zu bringen, zuzugeben, dass ich in ihn verliebt bin, was aber nicht funktioniert hat. Ich meine, ich bin mir noch nicht einmal selbst sicher, ob ich wirklich verliebt bin oder nicht. Immerhin war ich noch nie verliebt.

Bis da eines Tages dieser umwerfend süße Junge auf Chef Gontiers Stuhl im Hauptquartier gesessen ist, gefragt hat, wie ich heiße und dabei so charmant gelächelt hat, dass es sofort um mich geschehen war.

Ich verfluche Titus immer noch dafür, dass wir uns auf diese Art und Weise begegnen mussten. Vielleicht, wenn er sich gleich als Dr Kralles Neffe zu erkennen gegeben hätte, hätte ich keines von diesen verrückten Gefühlen. Keine Schmetterlinge im Bauch, wenn er mich anlächelt oder mal wieder Schnucki nennt, keine glühend roten Wangen, keine weichen Knie.

Verdammt, warum denke ich überhaupt an ihn? Warum verschwende ich meine wertvolle Hirnkapazität damit, an meinen Erzfeind zu denken?

Aber ich kann es nicht lassen. Ich stelle mir vor, was er wohl gerade macht. Ob er wohl auch an mich denkt, so wie ich an ihn? Sei nicht albern, Sophie, ermahne ich mich selbst. Warum sollte er ausgerechnet an mich denken?

My Love or my Enemy?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt