Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen wachte ich auf dem Sofa liegend und verwirrt auf. Ich stand auf und ging ins Bad. Ich hatte tiefe Augenringe und entschied mich, erstmal zu duschen. Als ich mich frisch gemacht hatte, ging ich Brötchen holen.
Es war Sonntag und es waren nicht viele Leute auf der Straße. Trotzdem traf ich einen unserer Nachbarn. Ich grüßte kurz aber freundlich und ging weiter. Ich war nicht in der Stimmung zu reden. Nachdem ich die Brötchen und die Zeitung bezahlte, ging ich in den Park. Er ist mein Lieblingsort in der Umgebung und ich bin oft dort. Da kann ich alleine sein und bin ungestört. Ich übe dort meine Theaterrollen oder mache Spaziergänge. Heute setzte ich mich einfach auf die Bank vor dem Ententeich, aß meine Brötchen und las Zeitung.
Plötzlich viebrierte mein Handy und ich schreckte aus meinen Gedanken. Es war eine Sms von meinem Freund Luke.
Er wohnt genau auf der anderen Seite von Kanada, in Quebec. Ich wohne in einem Vorort von Vancouver. Wir hatten uns vor fünf Jahren bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr in British Columbia kennen gelernt. Ich war damals 19, er 20. Mit der Zeit verliebten wir uns.
Er schrieb:Hey Honey,
Gehts dir gut? Wie war das Theater?
Vermiss dich xxxIch vermisste ihn auch und er fehlte mir. Die letzten Tage waren sehr anstrengend gewesen. Wir hatten extra Proben im Theater machen müssen und die Texte sind schwer. Ich hätte gerne mit ihm zusammen gesessen und über alles geredet. Aber dass ging nicht. Wir sahen uns erst in zwei Monaten wieder, im August, denn dann hatte ich Geburtstag. Wir wollten gemeinsam eine Woche Urlaub machen und dann müsste ich wieder zum Theater. Länger als eine Woche kann man die Aufführungen nicht abgeben.
Ich seufzte und schrieb ihm zurück.Hi Schatz,
Das Theater war mega :) Mir geht's gut, aber ich vermiss dich. Was macht die Arbeit? Skypen wir heute Abend?
XXXIch legte mein Handy zur Seite und starte eine Weile wehmütig vor mich hin und sah den Enten zu. Als mein Handy erneut klingelte, schreckte ich hoch und mir viel glühend heiß wieder ein, dass ich um 11 mit Tamara zum shoppen verabredet war. Heute war Verkaufsoffener Sonntag und wir wollten Sommerkleider kaufen gehen. Mittlerweile war es zwanzig nach 11 und ich schrieb ihr eilig zurück.
Sry Tam, bin gleich bei dir. Tut mir leid.
Ich ging auf direktem Weg zu Tamaras Wohnung und sie erwartete mich bereits. Kein Wunder. Ihr skeptischer Blick ruhte auf mir und ich wusste, dass ich was sagen sollte. Für Tam war es ein rotes Tuch zu spät zu kommen und sie duldete es nur mit einer guten Entschuldigung.
Ich entschuldigte mich und sagte ich hätte mit Luke geschrieben und die Zeit vergessen. So halb stimmte es wenigstens. Sie sah mich mitleidig an und meinte: " Ach Süße, schon ok. Ich verstehe nur nicht warum er nicht zu dir zieht! In deiner Wohnung ist genug Platz und seine Familie kann er von hier eh schneller erreichen als von Quebec aus."
"Ich weiß und er weiß es auch. Wir arbeiten an einer Lösung, aber mit seiner Arbeit ist dass alles ein bisschen kompliziert." Ich guckte traurig auf meine Schuhe und Tam nahm mich in den Arm. Sie wusste das es ein kritisches Thema für mich war, doch sie sprach es immer wieder an. Sie hatte es nicht so mit dem Entschuldigen deshalb sagte sie: "Komm, wir wollen doch die schönsten Kleider nicht anderen überlassen!" Damit zogen wir los und stürmten das Einkaufszentrum.
Drei Stunden später saßen wir bei Starbucks und freuten uns wie Teenager über unsere neu erstandenen Klamotten. Triumphierend gingen wir zu ihr nach Hause. Entspannt ließen wir den Abend ausklingen und ich machte mich auf den Heimweg.
Unterwegs kam ich an einer Brücke vorbei unter der seit Monaten mehrere Obdachlose hausten. Ich hatte sie eigentlich immer ignoriert doch jetzt erinnerten sie mich an den Man aus der S-Bahn. Ich zuckte zusammen, als mich einer der Männer anstarrte. Schnell ging ich weiter. Ich beeilte mich nach Hause zu kommen.
Auf meiner Couch angekommen, schwirrte mir wieder das Bild des Mannes durch den Kopf. Konnte ich nicht einfach aufhören darüber nachzudenken? Nein, anscheinend nicht. Er wollte mir nicht aus dem Kopf gehen. Dabei hatte ich nichts falsches getan. Die meisten anderen Leute hatten ihm auch nichts gegeben. Ein Mann hatte ihm eine Flasche zu trinken gegeben. Selbst das hatte ich nicht getan. Je länger ich darüber nach dachte, desto schrecklicher fühlte ich mich.
Um auf andere Gedanken zu kommen guckte ich einen Film.
Danach skypte ich noch mit Luke, dem besten Freund den man sich wünschen kann. Erschöpft von dem langen Tag, schlief ich mit einem Lächeln auf den Lippen ein.________________________________
Heyy :D
Das war das zweite Kapitel. Gefällt es euch? Votes und Kommentare sind immer gern gesehen.
Eure Maja ;)
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Auf der Suche nach dem Glück
General FictionHier geht es um die Geschichte einer Schauspielerin und eines Obdachlosen. Sie sehen sich das erste Mal in der Bahn und sie kann nicht aufhören an ihn zu denken. Sie versucht ihn zu finden, damit sie ihm etwas Geld schenken kann. Unerwartet sehen s...