Kapitel 3

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Aus irgendeinem Grund weiß ich, dass heute ein besonderer Tag werden würde. Ich spüre, dass eine Anspannung im Schloss herrscht und sich die Angestellten mir gegenüber merkwürdig verhalten. Ob das jetzt gut oder schlecht ist weiß ich nicht.

Nach dem Frühstück wurden meine Körpermaßen gemessen und alle haben ihre Köpfe sofort zum Boden geneigt sobald sie mich sahen. Aber nicht auf die Art und Weise, wie sie es immer tun. Es lag etwas in ihren Blicken, was ich nicht deuten konnte. Vielleicht war es Mitleid?

Den Tag verbringe ich teils im Unterrichtssaal mit Sprachkunde und teils mit dem Anprobieren von verschiedensten Kleidern für das Essen mit meinen Eltern heute Abend.

Mittlerweile ist es schon 17:34Uhr und ich kann nicht aufhören alle 2 Minuten auf die Uhr zu schauen, um sicher zu stellen, dass ich nicht zu spät bin. Ungeduldig trippel ich von einem Fuß auf den anderen und betrachte mich noch ein letztes mal im Spiegel.

Auf meinem Kopf thront eine silberne Krone bestückt mit vielen winzigen Diamanten, die bei jedem Kontakt mit Lichtschein aufblitzen und kaum aufhören wollen zu funkeln. Meine dunkelbraunen Haare wurden gelockt und hochgesteckt. Eine Locke hat sich aber wie immer aus der Hochsteckfrisur herausgeschmuggelt und hängt nun an meiner rechten Schläfe hinunter. Ich trage kleine runde Smaragdohrringe und eine prunkvolle Kette besetzt mit vielen Edelsteinen. Mein Abendkeid ist schulterfrei und um die Taille so eng geschnürt, dass ich mich frage ob ich überhaubt etwas vom Abendessen runterbekomme. Obwohl man meine Füße unter dem Kleid nicht sieht, musste ich silberne Highheels anziehen, womit ich mich jetzt in Richtung Treppe begebe.

Mittlerweile ist es kurz vor sechs und ich hake mich bei einem Angestellte ein, mit dem ich die Treppen hinuntergehe.

Ich laufe durch den langen Korridor und erreiche schließlich den Speiseraum. Ich streiche mir mein Kleid glatt und betrete den Saal, wo meine Eltern schon sitzen. Beide drehen ihre Gesichter zu mir und betrachten mein Kleid und meinen Schmuck. Was sie sehen scheint sie zufrieden zu stellen und ich bin ein wenig erleichtert.

Meine Mutter gibt mir ein flüchtiges Lächeln "Setz dich bitte Valentina Stella Luna Rosalia. Heute gibt es Kabeljau mit Oliveneis und Fenchelpüree." Mir wird schlecht. Ich hasse Oliven...und das auch noch als Eis?! Die Speise wird uns serviert, wir beginnen zu essen und schweigen.

"Das Wetter war heute wunderschön nicht wahr? Die Sonne und diese frische Luft! Einfach herrlich. Außerdem blühen schon die ersten Blüten im Garten!" Weil keiner dazu etwas sagt redet meine Mutter weiter "Valentina Stella Luna Rosalia. Erzähl doch mal, was du heute gemacht hast."

Meine Eltern wissen ganz genau, dass ich nicht viele Optionen hier im Schloss habe, um mich den Tag über zu beschäftigen. Trotzdem antworte ich ich höflich "Ich war im Unterricht, Mutter" "Und was hast du gelernt?" Warum fragt meine Mutter immer nach Dingen, die sie sowieso nicht interessiert und in ein paar Minuten wieder vergisst. Ich möchte grad antworten und über die neue Grammatik in Französisch erzählen, da erhebt mein Vater seine Stimme "Also wirklich! Solche langweiligen Gespräche kann sich doch keiner anhören. Ich komme direkt zum Thema, worüber deine Mutter und ich uns schon länger Gedanken gemacht haben."

Ich bin erleichtert, dass dieses sinnlose Gespräch beendet ist; habe aber das Gefühl, dass sich mein seltsames Bauchgefühl das sich im Laufe des Tages entwickelt hat nun bestätigt wird. Mein Vater fährt fort "Du bist fast volljährig und bist von deiner Lebenserfahrung immer noch auf dem Stand einer 10-jährigen." Er schaut mich herablassend an, schüttelt leicht den Kopf und isst weiter. Stirnrunzelnd überlege ich was er damit gemeint haben könnte, denn ich weiß immer noch nicht mehr als das worüber ich vorher auch schon im klaren war. "Was dein Vater damit meint ist, dass du ab morgen etwas mehr Abwechslung in deinem Alltag brauchst, um diese dir fehlende Lebenserfahrung zu sammeln"
Aha, meine Eltern wollen mir also ein spannenderes Leben geben. Das freut mich, aber wie wollen sie das anstellen? Als ob mein Vater meine Gedanken gelesen hätte verkündet er "Genieß diese letzte Nacht noch in deinem eigenen Bett, denn ab morgen wirst du dein Zimmer, dieses Schloss, und diese Insel für die nächsten 2 Monate verlassen müssen."
Mir klappt mein Mund auf und ich schaue zwischen meinen Eltern hin und her um zu sehen, ob das soeben der schlechteste Witz war, den sie je gemacht hatten. Doch meine Mutter nickt nur und mein Vater beobachtet stumm meine Reaktion.

Er ahnt wohl schon was von mir als Kommentar kommen wird und warnt mich vor "Es ist schon beschlossen und du hast keine Chance dich aus dieser Aktion herauszureden. Alles ist geplant und du wirst morgen früh abreisen." Mein Hals ist trocken und ein Schauder läuft mir über den Rücken. Mir ist heiß und kalt gleichzeitig. Das schlimmste ist nicht, dass es so kurzfristig ist oder dass sie über mein Leben hinter meinem Rücken bestimmen, sondern dass ich mein gesamtes Leben in diesem Schloss verbracht habe und sie nun von mir erwarten, dass ich mich in einer völlig unbekannten Umgebung zurechtfinden soll.

"Dein Koffer ist schon gepackt, also kannst du dich jetzt direkt schlafen legen. Wir werden uns auch ins Schlafgemach begeben. Gute Nacht mein Kind." Damit steht meine Mutter auf und verschwindet mit meinem Vater. Irgendwann sind ihre Schritte verhallt und ich sitze alleine an der riesigen Tafel. Mein Oliveneis ist schon völlig geschmolzen und sieht genauso aus wie ich mich fühle. Wie ein Häufchen Unglück.

♡ Bye Bye ♡

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 18, 2015 ⏰

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