"Auf ewig."

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"Boah Jan, das hört sich echt nicht mehr gesund an, lass uns mal zum Arzt gehen."
Wieder einmal habe ich mitten in der Nacht eine von diesen Scheiß Hustanfällen gekriegt und zu allem Überfluss ist Andre davon wach geworden. Ich will nicht, dass er mitkriegt, wie ich Blut ins Wachbecken huste und ich will nicht, dass er sich Sorgen macht. Wahrscheinlich sollte ich mich wirklich mal durchchecken lassen, nur damit er mich nicht ständig mit diesem Blick ansieht.
"Morgen, in Ordnung? Jetzt würde ich mich viel lieber wieder ins Bett legen. Mit dir."
Er grinst mich an, nimmt meine Hand und zieht mich zurück in unser Zimmer. Wir legen uns ins Bett und Andre legt seinen Arm um mich.
"Ich liebe dich, weißt du das?"
Ich lächele ihn an. Ja, ich weiß es. Ich weiß es, weil er nicht einmal sauer ist, dass ich ihn mitten in der Nacht geweckt habe, wenn auch aus Versehen. Ich weiß es, weil er sich jeden Sonntag einen Wecker stellt, nur damit er mir auf jeden Fall das Frühstück ans Bett bringen kann. Ich weiß es, weil er mich anfasst, als wäre ich zerbrechlich und mich ansieht, als wäre ich das Schönste auf der Welt. Also ja, ich weiß es.
"Ich weiß. Ich liebe dich auch, Andre."
-
"Lungenkrebs? Aber da kann man doch sicherlich etwas gegen machen!"
Andre sieht den Arzt verzweifelt an und ich schließe meine Augen. Lungenkrebs. Ich habe also Krebs. Das kann doch nicht sein. Das ist doch ein schlechter Witz.
"Der Krebs ist zu weit entwickelt, ich kann nichts mehr für sie tun. Es tut mir wirklich Leid. Soll ich sie einen Moment allein lassen?"
"Ja, ja, ähm, das wäre nett."
Andres Stimme klingt merkwürdig hohl. Der Arzt lächelt uns matt an und verlässt den Raum. Ich schweige immer noch. Andre steht auf und tritt fest gegen die Wand: "So ein Scheiß! Das kann doch nicht wahr sein!"
Erst jetzt bemerke ich die Tränen auf seiner Wange und stehe langsam auf:
"Andre, hey, Andre. Sieh mich an. Ich liebe dich."
Ich lege meine Hände um seinen Kopf und wische mit meinen Finger seine Tränen weg. Dann lege ich meine Stirn an seine und atme tief durch. Andre schluchzt noch ein paar mal und wird dann ruhiger. Plötzlich löst er sich von mir und fängt wieder an zu sprechen:
"Es ist so wahnsinnig unfair, verstehst du? Wir sind gerade mal sechs Jahre zusammen und wir wollten mal heiraten. Wir haben doch überhaupt nichts verbrochen, wir haben uns immer bemüht nett zu allen zu sein und trotzdem..." Er macht eine kurze Pause, um wieder zu Atem zu kommen: "...und trotzdem hast du jetzt diese Scheiß Krankheit. Das ist nicht fair, das ist einfach nicht fair!"
Er schnauft und beginnt hektisch im Raum auf und ab zu tigern.
"Hör auf Andre, das hat doch keinen Sinn."
Ich fange ihn ein und hindere ihn am weiterlaufen, in dem ich meine beiden Arme um ihn lege und ihn zu mir heran ziehe. Er legte seinen Kopf auf meine Schulter und ich drücke ihn noch fester an mich. "Ich liebe dich so sehr, Jan, ich kann mir ein Leben ohne dich gar nicht vorstellen. Ich liebe dich Jan, ich verzweifle allein schon bei dem Gedanken daran. Ich liebe dich, du kannst mich nicht verlassen. Ich liebe dich so sehr..."
Sein wirres Gerede bricht ab und er sackt ein wenig in sich zusammen. Ich schiebe ihn behutsam in Richtung Bett. Es ist zwar nur ein simples Krankenhausbett, aber jetzt gerade kommt es mir vor wie ein Lebensretter. Lebensretter. Ich bräuchte so einen. Ich will nicht sterben. Andre lässt sich auf das Bett fallen und zieht mich zu sich heran. Er drückt mich an sich, fester als er es sonst tut. Ich drücke ihm einen Kuss auf den Mund und er sieht mich an, mit tränennassen Augen: "Ich liebe dich"
-
"Es ist so weit. Wenn sie ihn noch einmal sehen wollen, dann jetzt."
Ich nicke und betrete den Raum. Da liegt Jan. Wie benommen mache ich einige Schritte auf ihn zu und lege meine Hand auf seine. "Jan, das ist wohl das letzte mal, dass ich dich sehe und..."
Ich kann nicht mehr sprechen, meine Zunge fühlt sich an, als wäre sie an meinen Gaumen geklebt. Ich liebe ihn so sehr. Dieser Moment darf nicht aufhören, aber ich bin so wahnsinnig macht und hilflos, das macht mich krank. Ich kann nichts dagegen tun, Jan wird gehen und ich kann rein gar nichts unternehmen. Ich muss hier sitzen und warten bis mein anderes Leben anfängt, mein Leben ohne Jan. Ein Leben, welches ich gar nicht erst kennenlernen möchte. Ich lege meinen Kopf auf seinen Bauch und hinterlasse einen kleinen, nassen Fleck. "Auf ewig, Jan."
Ich drücke meinen Mund noch ein letzes Mal auf seinen, schmecke noch ein letztes Mal den süßen Geschmack und stehe dann auf um den Arzt hinein zu holen.
"Stellen sie die Geräte jetzt ab"
-

Sorry :D
Kritik wäre nett. Danköy.


JANDRE OS: "Auf ewig."Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt