10.

5.7K 121 6
                                    

Normalerweise konnte ich, während ich joggte, abschalten und einfach mal an gar nichts mehr denken.

Aber nach diesem schrecklichen Tag war das einfach nicht möglich.
Liz tat mir mehr als nur weh, weil sie sich plötzlich so abweisend benahm.
Ich konnte doch auch nichts für unsere Situation.
Wollte sie das Spiel jetzt etwa das ganze halbe Jahr so weiterspielen?
Abweisend zu mir sein und die Gefühle zwischen uns einfach ausblenden? 
Klar wollte sie meinen Dad kennenlernen und auch nur dafür war sie hier, aber ich konnte mir nicht vorstellen dass es ihr damit nicht genauso schlecht erging wie mir.. Oder? Verdammt, was geht nur in diesem Mädchen vor...

Als ich meine übliche Runde um den Block fertig gelaufen war und vor unserem Haus ankam setzte ich mich noch kurz auf die Mauer vor unserem Haus.

Ich hörte wie die Haustüre plötzlich aufging und wünschte mir, ich wäre unsichtbar.
Immer wenn ich hier saß kam meine Mom raus um mit mir zu reden, weil sie genau wusste dass ich hier saß um nachzudenken.
Ich drehte mich zur Haustüre um.
"Mom, ich... ", setzte ich an,
brach meinen Satz aber ab, weil nicht Mom sondern Liz vor mir stand.

"Ich.. Wollte einen kleinen Spaziergang machen. ", sagte sie in der kühlen Art, die sie eben schon hatte.
Es nervte mich. Ich hatte das nicht verdient, dass sie mich so behandelte.
Also sagte ich in der selben kühlen Art: "Viel Spaß."
Ich dachte das wäre es, aber plötzlich wurde ihr Gesichtsausdruck sanfter und sie meinte: "Könntest du vielleicht mitkommen? Ich kenne mich hier nicht wirklich aus, wie du weißt."
Sie blickte mich mit ihrem süßen Lächeln im Gesicht an und ich konnte ihr einfach nichts abschlagen wenn sie so guckte. Aber warum änderte sich ihre Art mir gegenüber plötzlich doch wieder? Von den Stimmungsschwankungen der Mädchen hatte ich ja schon öfter was gehört und auch in meiner kurzen Beziehung mit Rose zu spüren bekommen, aber sicherlich nicht in dem Ausmaße wie jetzt von Liz. 

Aber um herauszufinden, wie sie über all das dachte, musste ich sie wohl begleiten. Und natürlich wollte ein Teil von mir auch mit ihr allein sein, selbst wenn wir Halbgeschwister waren. Verdammt, ist das beschissen!
"Okay... ", antwortete ich ihr also schlussendlich.

Schweigend gingen wir nebeneinander her. Es war ein erdrückendes Schweigen.
Ich sah sie an.
Ihrem Blick merkte ich an, dass sie etwas sagen wollte, aber nicht wusste, was.
Vorsichtig setzte ich an: "Du..."
"Jake, nicht. Du brauchst jetzt nichts zu sagen. Ich habe mir in den letzten
zwei Stunden so viele Gedanken gemacht.. Ich bin fertig mit diesem Tag... Fertig damit, nach einer Lösung zu suchen... Wir.. Wir sollten einfach das beste daraus machen."
Ich sagte nichts dazu. Mir fiel nichts Passendes ein. Ihr zu sagen, wie groß mein Verlangen nach ihrer Nähe immer noch war wäre womöglich eine schlechte Idee. Nicht mal ich selbst konnte glauben, dass ich sie so sehr nahe bei mir spüren wollte, obwohl wir den gleichen Vater haben.
Plötzlich nahm sie meine Hand.
Ich glaubte es kaum aber sie hatte es getan.
So gingen wir, wieder schweigend, bis nach Hause. Aber dieses mal war es ein angenehmes Schweigen.

Vor dem Haus wollte ich ihr gerade sagen, wie schön es gewesen war, als sie ruckartig ihre Hand wieder wegnahm und ihren ich-lass-keinen-an-mich-ran Blick wieder aufsetzte.
"Jake, es tut mir leid. Das war ein Fehler. Wir dürfen das nicht! Vergiss bitte was passiert ist!"
Dann senkte sie den Kopf und ließ mich ohne ein weiteres Wort einfach stehen.

Wütend kickte ich einen Stein weg, der vor mir auf dem Boden lag. 

Nochmal würde ich sie nicht so leicht davonkommen lassen. Es ist alles in Ordnung, wenn sie es gerade für richtig hält, sie entscheidet, wann wir gerade mehr Nähe haben können. Aber es ist nicht nur ihre Sache, die hier läuft. Es ist unsere. 

Und ich bin kein Spielzeug. 

Verbotene LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt