Kapitel 2

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Stumm stand ich im Flur. Ich schaute mich um.

Zuhause in Amerika sah alles anders aus. Meine Eltern, meine Geschwister und ich lebten in einem Haus. Es war recht groß. Wir waren eine glückliche und friedliche Familie, doch an diesem einen Tag, war alles vorbei. Wegen ihm!

Bei dem Gedanken daran stiegen mir Tränen in die Augen. Meine Beine wurden schwach, bis ich auf den Boden fiel. Erst jetzt realisierte ich, was passiert war. Ich würde die wichtigsten Menschen aus meinem Leben nie wieder sehen. Ich fing an zu schreien und zu weinen. Verzweifelt kauerte ich mich auf dem Boden zusammen. Ich konnte mir gut vorstellen, wie das aussehen musste, doch es war mir egal. Es tat so gut einfach alles rauszulassen. Mit jedem Schrei wurde meine Seele leichter.

Es dauerte nicht lange, da kam eine Person und nahm mich in den Arm. Diese Umarmung, diese Wärme und dieses Gefühl der Sicherheit in seinen Armen taten so gut. Obwohl ich ihn nicht kannte, kam es mir so vertraut vor.

Langsam beruhigte ich mich wieder. Erst jetzt bemerkte ich, dass der, der mich in den Arm genommen hatte Ju war. Wir lagen uns lange in den Armen, bis ich merkte, dass ich sehr müde wurde. War ja auch kein Wunder, denn ich hatte in den letzten 30 Stunden nicht ein bisschen geschlafen und das waren wirklich sehr anstrengende Stunden.

Ehe ich mich versah, war ich auch schon im Reich der Träume.

Mein Traum handelte von mir und meiner Familie. Wir aßen zum Frühstück. Aber irgendetwas war anders. Die anderen waren alle so blass. Auf einmal spuckte mein Vater einen blutigen Klumpen aus. Ich schrie so laut ich konnte. Dann bebte der Boden.

Ich riss meine Augen auf. Zum Glück war dies nur ein Traum.

,,What happened? (Was ist passiert?)", fragte Ju mich.

,,I had a nightmare. My family and I ate breakfast and than my father... (Ich hatte einen Alptraum. Meine Familie und ich aßen zum Frühstück und dann hat mein Vater...)", weiter kam ich nicht, denn ich brach in Tränen aus. Ju nahm mich sofort wieder in den Arm. Warum tat er dies? Warum half er einem fremden Mädchen?

,,Why do you help me? (Warum hilfst du mir?)", fragte ich ihn.

,,I can understand you really good. But you shouldn't give up your life. In your age the life begins and it doesn't end. (Ich kann dich wirklich gut verstehen. Aber du solltest dein Leben nicht aufgeben. In deinem Alter fängt das Leben erst an und es endet nicht.)", erklärte er. Ich war glücklich jemanden zu haben der mich verstand. Ich fragte mich, ob ich ihm vertrauen konnte. Aber davon abgesehen war es noch zu früh. Ich war einfach noch nicht bereit. Die Zeit würde noch kommen.

Ich merkte, dass ich bei Ju und seinen Freunden sicher war. Mit diesem Gedanken schlief ich in seinen Armen ein.

Als ich aufwachte, war Ju nicht mehr da. Ich bekam sofort Panik, dass ihm auch etwas passiert sein könnte. Diese Sorge konnte ich aber sofort wieder ablegen, denn Ju kam mit einem Tablett in das Zimmer.

,,I made you breakfast. (Ich habe dir Frühstück gemacht.)", sagte er.

,,Thank you! (Danke!)", entgegnete ich. Er streckte mir das Tablett entgegen und ich nahm es an. Ehrlichgesagt verstand ich immer noch nicht so ganz, warum er mir half, aber ich war froh, jemanden zu haben.

,,After you ate, I will teach you some german. (Nachdem du gegessen hast, werde ich dir ein bisschen Deutsch beibringen.)", meinte er noch, bevor er aus dem Raum verschwand. Er hatte Recht, ich musste Deutsch lernen. Ich aß das Frühstück. Als ich fertig war, nahm ich das Tablett und ging damit durch die Wohnung, auf der Suche nach einer Küche. Kurze Zeit später fand ich endlich eine und mit ihr auch Ju, denn er saß in ihr.

Als er mich erblickte, kam er auf mich zu, nahm mir das Tablett aus der Hand, stellte es weg und deutete mit seinem Kinn auf einen Stuhl, als Zeichen, ich sollte mich hinsetzen. Dies tat ich auch und Ju setzte sich mir gegenüber. Sofort begann er damit, mir Deutsch beizubringen. Wir lernten ungefähr drei Stunden. In dieser Zeit hatte ich gelernt, wie man auf deutsch Smalltalk und Verkaufsgespräche führt.

,,Do you want to go shopping? Than you can test, if you can talk in these situations. (Willst du shoppen gehen? Dann kannst du testen, ob du in diesen Situationen reden kannst.)", wollte er wissen. Nein, das konnte ich nicht tun, ich hatte doch gar kein Geld und ich will auf keinen Fall, dass Ju mir auch noch Kleidung kauft. Er hatte schon genug für mich getan.

,,No. I don't want you to spend Money for me. You did enough. (Nein. Ich will nicht, dass du Geld für mich ausgibst. Du hast genug getan.)", versuchte ich sein Angebot abzulehnen.

,,Come on girl! It's really no problem. You can give it back to me, when you earn your own money, okay? (Komm schon Mädchen! Es ist wirklich kein Problem. Du kannst es mir zurückgeben, wenn du dein eigenes Geld verdienst, okay?)", nun hatte er mich überredet. Wir gingen sofort los in die Stadt. Als erstes waren wir in einem Schuhladen. Ich hatte mir ein Paar Schuhe ausgesucht, als mir auffiel, dass meine jetzigen sehr abgenutzt waren. Früher bekam ich nur jedes halbe Jahr neue Schuhe, denn meine Eltern gaben viel Geld für die Schule meiner Geschwister und die meine aus. Außerdem mussten sie noch unser Haus bezahlen. Dieses Haus hatte ich einfach zurückgelassen. Es war nicht einfach, doch die Tatsache, dass dort meine tote Familie war und ich in diesem Haus in sehr großer Gefahr war, machte es mir leichter. Ich schwelgte in Erinnerungen, als eine Verkäuferin kam, war ich jedoch wieder in der Realität.

,,Hallo, kann ich ihnen helfen?", fragte sie mich mit einem künstlich aufgesetzten Lächeln.

,,Ja ähm... ich möchte diese ähm.. äh... Schuhe kaufen.", stammelte ich.

,,Dann müssen sie nach da hinten zu der Kasse.", die Frau zeigte auf einen langen Tresen, wo man bezahlen konnte. Ich schaute Ju, der neben mir stand, an und er nickte mir zu. Ich war diesem Typen echt unendlich dankbar. Ich meisterte auch das Kassengespräch, zwar nicht ohne Fehler oder stammeln, aber das wird schon noch.

In dem nächsten Laden hatte ich drei Hosen und fünf T-Shirts gefunden. Mit diesen ging ich zur Kasse.

,,Hallo.", begrüßte mich die Kassiererin.

,,Hallo.", entgegnete ich und legte dabei die Sachen auf den Tisch.

,,Wollen sie noch ein Gutschein dabei haben, mit dem können sie bei ihrem nächsten Einkauf fünfzehn Euro sparen oder sie verschenken ihn einfach.", sagte sie schnell und sehr undeutlich. Ich schaute Ju hilfesuchend an.

,,Ja bitte!", äußerte  er und lächelte mich dabei an. Das war echt unangenehm.

Ju bezahlte noch schnell und dann gingen wir auch schon wieder zurück zu seiner Wohnung.


Lost (Julien Bam FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt