,,Lukas!", dringt die Stimme von einer sehr ärgerlich klingenden Helena in mein Ohr. Ich spüre ihren Atem auf meiner Stirn. Sie muss sich wohl direkt über mich gebeugt haben. Ich öffne meine Lider einen Spalt und sehe in ihre blaugrünen Augen, die mir missbilligend, ja fast schon tadelnd entgegenblicken. ,,Lukas!", wiederholt sie eindringlich. Ihre kalte Hand legt sich auf meine Wange, tätschelt sie grob. Habe ich einen wichtigen Geburtstag vergessen oder will sie mir wieder eine Standpauke verpassen? ,,Was ist los?", bringe ich nach einigen Anläufen nuschelnd über die Lippen. Ihr stark geschminktes Gesicht verschwindet aus meinem Blickfeld, stattdessen sehe ich den dunklen Horizont über der frisch geputzten Dachfensterscheibe. Wie spät ist es? Habe ich wieder einen Tag durchgeschlafen? ,,Du musst aufstehen", fordert Helena ungeduldig. ,,Wieso?" Ich schaffe es meine Augen ganz zu öffnen. Das helle Licht brennt wie Feuer in meinen Augen. ,,Du musst in die Schule", erinnert sie mich vorwurfsvoll. ,,Hast du das vergessen?" Schule. Einen Moment denke ich über den Begriff nach, als mir die Bedeutung bewusst wird, setze ich mich ruckartig auf. ,,Oh nein." Ich schüttele den Kopf. ,,Egal was du sagst, ich habe mich entschieden. Ich setze keinen Fuß mehr in eine Eliteschule. Das habe ich dir übrigends schon gesagt, falls du das vergessen haben solltest." ,,Das musst du auch nicht." Helena lächelt. Ein seltsames, selbstsicheres und gleichzeitig triumphierendes Lächeln. ,,Wir haben dich am Bremer-Städte- Gymnasium angemolden. Keine Eliteschule, wie du uns ausdrücklich zu verstehen gegeben hast." Ich öffne den Mund um etwas zu sagen, aber mir fehlen die passenden Worte. Meine Adoptiveltern würden mich nie in eine normale Schule schicken- davon bin ich bis jetzt zumindest ausgegagen. ,,Aber", setze ich an. ,,Das könnt ihr nicht tun. Ich bin 18 und somit Volljährig. Das heißt ich kann für mich selbst entscheiden..." ,,Falsch, mein Lieber", unterbricht Helena mein Gestammel. ,,Wenn du dich an unsere Abmachung zurückerinnerst: du bestehst dein Abitur und im Gegenzug darfst du bei uns wohnen, essen und bekommst Geld." Erneut erscheint dieses selbstsichere Lächeln auf ihren Lippen. ,,Das ist unfair", stelle ich empört klar, worauf sie nur mit den Schultern zuckt. ,,So ist das Leben." Sie tritt ans Fenster und öffnet die Fensterflügel. Kalte Luft strömt ins Luftinnere. ,,Ich sehe dich in zehn Minuten pünktlich am Früstücksstisch. Deine Tante ist noch hier, falls du das ebenfalls vergessen haben solltest", sagt sie noch, ehe die Türe hinter ihr ins Schloss fällt. ,,Verdammt!" Ich lasse mich in die weichen Kissen zurück fallen und balle wütend die Hände zu Fäusten. Frau und Herr Wagner drohen ihrem Adoptivsohn mit dem Rausschmiss, wenn er nicht das Abitur besteht! Das ist wirklich das Letzte! Meine Abneigung zu ihnen wächst ins Unermässliche. Aber was ich kann ich schon tun? Ich habe außer den beiden niemanden mehr. Meine leiblichen Eltern haben sich schon vor Jahren aus dem Staub gemacht und meine Freunde habe ich durch die ganzen Umzüge auch verloren. Wenn ich also nicht auf der Straße leben und Hartz4 empfangen will, muss ich ihrem Wunsch Wohl oder Übel nachkommen.
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Wenn Liebe einfach wäre
RomanceLukas Wagner ist der Neue Schüler des Bremer- Städte- Gymnasiums. Zwangsweise. Denn er hat einen Deal mit seinen Adoptiveltern: er schafft sein Abitur und dafür kann er bei ihnen wohnen, essen und bekommt Geld. Gleich am ersten Tag wird sein Leben g...