Chapter 12

20 5 0
                                    

Chad und Dany hätten mich eigentlich am nächsten Abend abholen und mit Lena zusammen von diesem abscheulichem Grundstück verschwinden wollen. Ich war mir immer noch nicht ganz sicher ob ich den Zweien vertrauen konnte, aber eine andere Möglichkeit hätte ich gar nicht gehabt.

Völlig in Gedanken versunken starrte ich an die weisse Wand vor mir. Ein leichter Durchzug kühlte meine Füsse und Hände ab. Sie mussten wohl in allen Räumen die Fenster und Türen weit aufgesperrt haben. Diese hier im Zimmer war aber wie immer fest verschlossen. Doch ich wusste dass ich den ganzen Raum, nein das ganze Haus bald hinter mir lassen würde und das lies mein Herz höher schlagen. So eine Freude hatte ich das letzte mal als ich. Meine Gedanken stoppten bei diesem Gedanken und mein Puls verlangsamte sich. Ich atmete schwer. Das letzte Mal war ich so glücklich, als ich mit Katharina zu ihrem Ferienhaus gefahren war. Innerlich musste ich kurz lachen. Das nannte man dann wohl Inorie des Schicksales.

Als meine Hände zu zittern beganen, zog ich einen grauen Pullover aus dem Schrank und zog ihn über mein schwarz weisses T-Shirt. Nach nur wenigen Minuten fror ich trotzdem wieder. Ich nahm mir dicke Wollsocken aus dem Schrank und eine Felljacke (kein echtes Fell). Das Zimmer war eiskalt und beim ausatmen bildeten sich schon diese Rauchwolken oder wie man die auch immer nennt. Als ich auch noch zu schlottern began, war ich mir sicher, dass es jemand mit Absicht kalt werden lies, um mich ein wenig zu foltern. Zu meinem Entsetzen, befand sich auch keine Winterjacke im Kleiderschrank, also zog ich mir einfach mehrere Pullover über und ging auf und ab im Zimmer, um mich warm zu halten. Ich hatte zum Glück noch einen dicken gestrickten Schaal zu hinterst im Schrank gefunden, den ich mir um den Nacken bis zu meiner Nasenspitze gebunden hatte. Die Kälte machte mich mit der Zeit schlapp. Die Kleider zogen mich auf den Boden. Ich war müde. An der Wand liess ich mich zu Boden sinken. Es dauerte nicht lange bis ich einschlief.

Jemand flüsterte meinen Namen von hinten. Ich sah niemanden, ich hörte nur die Stimme, aber ich konnte sie nicht deuten. Tief und kratzig. Immer und immer wieder flüsterte diese Stimme meinen Namen in richtung meines Ohres. Mit der Zeit wurde sie immer lauter und wütender. Lawinja! Lawinja! Immer schneller wiederholte sich mein Name. Ein weisser Punkt schob sich in das Bild. Er wurde immer grösser bis alles weiss war. Ich hörte Leute um mich herum die wild durcheinander sprachen und langsam unterschieden sich auch die Weisstöne. Ich lag in einem Krankenhaus. Jetzt konnte ich sogar meinen eigenen Atem wieder hören.

Lawinja du bist endlich wach!!

Dany und Chad standen am Rand des Bettes. Ich sah pure Freude in ihren Augen und auch ein wenig Hoffnung. Sie stürtzten sich schon fast auf mich. Ich probierte etwas zu ihnen zu sagen, doch meine Stimme versagte. Egal wie fest ich es versuchte, nichts. Meine Stimme war weg. Verzweifelt versuchte ich es nochmals und nochmals. Nein nein, schrie ich innerlich.

,, Ganz ruhig", hörte ich einen Artzt von rechts zu mir sprechen.,, Ihnen wurden die Stimmbänder schwer verletzt durch die Kälte. Wir wissen nicht wie lange es geht oder ob es überhaupt möglich ist, dass Sie wieder sprechen können. Es tut uns sehr leid." Mir blieb die Spuke weg. Wie lange war ich dann in diesem Zimmer? Wie lange war ich Ohnmächtig gewesen? Was ist in der Zwischenzeit alles passiert? Ein dicker Kloss bildete sich in meinem Hals. Ich schluckte um ihn zu verdrängen aber er wurde immer grösser und härter. Es schmerzte und wurde unerträglich. Jemand legte seine raue Hand an meine Wange. Ich blickte in Chads glitzernde Augen.,, Es tut mir so leid, ich habe erst viel zu spät gemerkt, was meine Mom angestellt hat." Anspanung war in seinem Gesicht abzulesen. Eine winzige Träne kullerte seine Wange hinunter. Ich griff nach seiner Hand, die immer noch an meiner Wange ruhte. Sie war warm und überlieferte mir ein Gefühl von zu Hause. Ich atmete ruhig ein und aus. Meine Augen schlossen sich automatisch und ich lächelte. Ich wollte diesen Moment nicht vergehen lassen. Er konnte genau so wenig etwas dafür wie Dany oder der Artzt.

Chad fasste ganz leicht mein Kinn.,, Wir haben noch eine Überraschung für dich hier." Er drehte sich zu Dany und zeigte auf die grosse Eingangstüre des Zimmers. Dieser hüpfte schon fast zu ihr und drückte auf die Klinke. Ein kreischend, lachendes Kind stürmte herein und auf mich zu. Pinke Kleider sprangen auf meine Beine, aber es tat nicht einmal weh. Unter dem blonden Schopf versteckte sich Lena. Voller Freude nahm ich sie in meine Arme. Am liebsten hätte ich sie sofort gefragt wie es ihr gehe, aber das wurde ein bisschen schwierig. Bevor sie mich jedoch fast erdrückte mit ihren dünnen Armen, hob sie Chad von mir weg und stellte sie auf ihre dürren Beine. Ihre Augen glitzerten genau so wie Chads vorhin. Dany hatte mittlerweile eine Tasche in den Händen und zog einen Block und einen Kugelschreiber heraus. Er überreichte mir die zwei Sachen und ich wusste gar nicht wo ich anfangen sollte zu fragen. Am besten zuerst mit etwas schönem und nicht mit der Frage was passiert ist. Das wollte ich mir als letztes aufsparen.

Das RichtigeWhere stories live. Discover now