Talinas Prayer

243 15 3
                                    

Blutbespritzt und erschöpft stand die junge Jägerin vor dem alten Gebäude, das sie selbst soeben in Brand gesetzt hatte. Die Flammen waren das einzige, das die Dunkelheit erhellte und in der kalten Herbstnacht ein wenig Wärme spendeten. Talina atmete tief durch. Ein eisiger Schauer durchlief sie.

In der Ferne konnte sie sehen, wie Dean und Sam auf sie zukamen – kaum weniger abgekämpft als sie selbst. Seit die Apokalypse begonnen hatte, sahen sie oft so aus. Noch häufiger als es schon vorher der Fall gewesen war. Schweigend standen sie zusammen, vereint im Wissen darum, dass es doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war, vereint in den Fußstapfen ihrer Väter, die einst ebenfalls gejagt, gekämpft hatten.

♫ Wise man said just walk this way 

to the dawn of the light.

Wind will blow into your face

as the years pass you by. ♫

(♫ Ein weiser Mann sagte, geh diesen Weg

zu der Dämmerung des Lichts.

Wind wird in dein Gesicht wehen

während die Jahre vergehen. ♫)

Eisig strich Wind um sie herum, während hinter ihnen mit lautem Knistern das Feuer weiter prasselte, Haus und Leichen gleichermaßen verschlang und alle Spuren tilgte. Sie sah zu den Winchester-Brüdern hinüber, die sich gerade nahezu wortlos absprachen. Jetzt würden sich ihre Wege wieder trennen und Talina würde allein in das schäbige Motel zurückkehren, in dem sie schon die vergangene Nacht verbracht hatte, versunken in Gedanken und Ängste.

♫ Hear this voice from deep inside.

It's the call of you heart.

Close your eyes and you will find

passage out of the dark. ♫

(♫ Hör diese Stimme aus deinem tiefsten Inneren.

Es ist der Ruf deines Herzens.

Schließ deine Augen und du wirst sie finden

die Passage aus der Finsternis. ♫)

Nicht zum ersten Mal würde sie sich fragen, wo Gott war, während die Menschheit ihrem Ende näherte, während Dämonen über die Erde fegten und mordeten, während Jäger hilflos waren im Angesicht der Mengen an Feinden, denen sie gegenüber standen.

Mit knappen Worten verabschiedete sie sich von den Winchesters, tauschte ein paar freundliche Worte aus und kehrte in das Motelzimmer zurück, in dem sie sich zunächst einmal eine Dusche gönnte.

Draußen ging bereits die Sonne aus, als wolle sie die Hoffnung spenden, die Gott ihnen doch versagte, weil er schwieg, während Lucifer, der Morgenstern, freien Fußes umherwanderte, tötete und manipulierte, während er die Reiter aussandte, die die Apokalypse durch die Straßen trugen.

♫ Here I am.

Will you send me an angel?

Here I am

in the land of the morning star. ♫

(♫ Hier bin ich.

Wirst du mit einen Engel schicken?

Hier bin ich

im Land des Morgensterns. ♫)

Trotz des heißen Wassers wollte ihr einfach nicht warm werden. Seufzend stellte sie das Wasser ab und griff nach einem Handtuch. Gott würde ihnen nicht helfen. Sie mussten es selbst schaffen, wenn sie nicht wollten, dass Luzifer die Erde nach seinen Vorstellungen gestaltete – und Menschen waren dabei nicht inbegriffen. Wenn sie leben wollten, mussten sie kämpfen und das war ihr Platz!

♫ Wise man said just find your place

in the eye of the storm.

Seek the roses along the way

just beware of the thorns. ♫

(♫ Der weise Mann sagte, finde deinen Platz

im Auge des Sturms.

Such die Rosen auf dem Weg

nur hüte dich vor den Dornen. ♫)

Sie hasste sich dafür, dass sie sich so allein gelassen fühlte, immerhin war sie es ja gar nicht. Mit ihr standen die anderen Jäger der Bedrohung gegenüber und sogar der eine oder andere Engel hatte sich auf die Seite der Menschheit geschlagen und versuchte die Apokalypse zu verhindern. Das durfte sie nicht vergessen.

♫ Here I am.

Will you send me an angel?

Here I am

in the land of the morning star. ♫

(♫ Hier bin ich.

Wirst du mit einen Engel schicken?

Hier bin ich

im Land des Morgensterns. ♫)

Gleich wurde ihr etwas wärmer ums Herz. Sie dachte an Castiel und was er bereits jetzt schon alles für sie (und natürlich auch die Winchesters) getan hatte. Er hatte sich sogar gegen seine eigenen Brüder, seine Familie und alle seine Pflichten gestellten, all die Ideale, denen er einen unvorstellbar langen Zeitraum treu gewesen war. Wie sehr wünschte sich die junge Frau, der Engel wäre nun hier, in dessen Anwesenheit sie sich gleich viel sicherer fühlte.

♫ Wise man said just raise your hand

and reach out for the spell.

Find the door to the promised land.

Just believe in yourself. ♫

(♫ Der weise Mann sagte, erhebe nur deine Hand

und strecke sie aus nach dem Zauber.

Finde die Tür in das versprochene Land.

 Glaube nur an dich selbst. ♫)

Talina schlüpfte in einen alten Pyjama und wickelte sich in die dicke Bettdecke, den Blick auf die aufgehende Sonne gerichtet, die sie durchs schmutzige Fenster sehen konnte. Castiel. In Gedanken sprach sie seinen Namen aus, stellte sich den Engel vor, der immer einen Trenchcoat trug und einen etwas verwirrten Eindruck machte.

♫ Hear this voice from deep inside.

It's the call of you heart.

Close your eyes and you will find

way out of the dark.

(♫ Hör diese Stimme aus deinem tiefsten Inneren.

Es ist der Ruf deines Herzens.

Schließ deine Augen und du wirst ihn finden

den Weg aus der Finsternis. ♫)

Ein leises Geräusch wie von schlagenden Flügeln ließ sie aufblicken und riss sie aus ihren Gedanken. Da stand er. Direkt vor ihr. Getaucht in das orangene Licht der Morgensonne stand der Engel, dessen blaue Augen von Sorge, aber auch von Wärme und Güte sprachen. Sie hörte ihn ihren Namen sagen und ein Lächeln legte sich auf ihrer beider Lippen.

„Castiel."

Alle Angst schien von ihr abzufallen. Was mehr konnte sie von Gott erwarten? Er hatte ihr einen Engel gesandt, der ihr beistand und ihrem Herzen Frieden gab. Mehr Gewissheit brauchte sie nicht. Die Welt, die sie liebte, würde nicht untergehen.

♫ Here I am.

Will you send me an angel?

Here I am

in the land of the morning star. ♫

(♫ Hier bin ich.

Wirst du mit einen Engel schicken?

Hier bin ich

im Land des Morgensterns. ♫)


Talinas Prayer (Cas x OC) [german]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt