Kleider machen Leute |Neue Fassung| Teil 2

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Es war ein wirklich merkwürdiges Abendessen hier in Frankreich. Paula und Werner saßen nebeneinander, und Werner wagte kaum, auch nur ein Wort zu sagen. Ihre braunen, leicht gelockten Haare umrahmten ihr rosiges Gesicht und er errötete jedes Mal, wenn er in ihre dunklen Augen sah. Immer mal wieder wollte Werner etwas erwidern, doch immer, wenn er den Mut fast aufgebracht hatte drehte sie sich zu ihm um und lächelte ihn an. Stumm verfluchte er seine Zunge, und als der Abend vorbei war gab Paula ihm ihre Handynummer. „Der Abend hat mir gefallen.", sagte sie leise und schüchtern und gab ihm einen Zettel. „Vielleicht treffen wir uns mal wieder.", fügte sie noch hinzu und huschte schnell wieder ins Haus. Werner blieb, fast schwebend vor Glück, einfach stehen.

Der Copilot hatte das Ganze beobachtet und wurde sofort eifersüchtig. So oft hatte er Paula nach ihrer Handynummer gefragt, und so oft hatte sie ihn abgewiesen. Er war immer in dem Glauben gewesen, Paula würde niemandem ihre Nummer geben, doch Werner schon und nun war der Copilot so eifersüchtig, dass er fast aufgeschrien hätte vor Frust. „I hätt's mir denke solla. Des Mädel is anschpruchsvolla als d'andren!", fluchte er leise vor sich hin. „I werd se scho für mi g'winne!", fasste er einen Entschluss und schlich sich wieder zurück in das Flugzeug. Als Werner die Bundesminister sicher am Stuttgarter Flughafen landete, nahm er ein Taxi. „Wo hin?", fragte der Taxifahrer, und das war das Letzte, was Werner in diesem Moment hören wollte, weil er nicht wusste, wohin er sollte. Paula würde in ein paar Tagen wieder zurück nach Stuttgart kommen, und letztendlich war es diese Tatsache, die ihn entscheiden ließ, wohin: „Bitte zurück zur Waage!" Das Taxi setzte sich in Bewegung. Zwischen drin hielten sie noch beim Mediamarkt, damit Werner sich ein Handy kaufen konnte und schließlich hielt es vor dem Nobelrestaurant. Der reiche und berühmte Koch Giovanni Nigleo stürmte im selben Moment aus dem Restaurant und öffnete dem falschen Milliardär die Taxitür. Kaum war Werner ausgestiegen, da plapperte Nigleo auch schon auf Französisch los. „Monsieur! Bitte!", flehte Werner verzweifelt, der natürlich kein Wort verstand. „Es ist eine schreckliche Missglück passiert!", rief Nigleo und schob Werner in das Restaurant. „Alle Sachen! Weg!", sprach der Koch weiter und andere Gäste wurden aufmerksam. „Was ist weg?", fragte Werner und wurde von Nigleo in einen Fahrstuhl geschoben. „Ihr Gepäck, Monsieur. Die Limousine ist einfach davon gefahren, und nun sind all ihre Koffer weg!", erklärte Giovanni Nigleo weiter. Er konnte ja nicht wissen, dass Werner kein Gepäck gehabt hatte, außer... „Der Schein!" Werner erinnerte sich an seinen Obdachlosenschein, mit dem er bei Hilfsstellen immer Kleidung bekommen hatte. „Verzeihung, was haben sie gesagt?", fragte Nigleo, aber Werner winkte nur niedergeschmettert ab. Der Fahrstuhl hielt und Nigleo zog Werner weiter, bis sie ein Zimmer mit silberner Tür erreichten. „Das ist ihre Schlüsselkarte.", sagte Nigleo und drückte Werner eine silberne Karte in die Hand. Der falsche Milliardär hielt die Karte an einen Scanner, und der erkannte sie sofort. Das Schloss knackte, die Tür schwang auf und gab den Blick frei auf ein wundervolles Zimmer. "Ich weiß, sie sind wohl anderes gewöhnt, aber mehr Luxus haben wir nicht: Freies W-LAN auf dem Zimmer, drei Flat Screens in bester Qualität, vier Bäder, eine DVD- Sammlung, ein Heimkino und ein Pool in Bad Nummer 3.", erklärte Nigleo. „Wo.. wohnen sie?" „Äh... auf Mallorca. Ich habe eine Villa, dort.", log Werner. Nigleo nickte anerkennend und verließ das Zimmer. „Oje.", meinte Werner und ließ sich verzweifelt auf das Wasserbett in der Mitte des riesigen Raumes sinken. Er schluckte schwer. Das könnte ja was werden.

Eine Woche später, Mittagszeit.

Werner hatte gelernt, sich wie ein Milliardär zu benehmen und zu kleiden. Denn schließlich machten Kleider ja Leute, und in drei weiteren Pokerrunden in den vergangenen Tagen hatte er fast 20 000 € gewonnen. Im Moment saß er an seinem üblichen Platz im Restaurant Waage und verdaute den Kaviar, als Nigleo zu ihm kam. „Mein Freund!", begrüßte er den vermeintlichen Milliardär. „Heute Abend ist eine Disco-Veranstaltung hier in Stuttgart! Alle, die etwas auf sich halten werden dort sein, ich bin der Catering Service, und ich dachte, vielleicht wollen sie auch?" Werner dachte nach. Jeder, der etwas auf sich hielt? Vielleicht auch Paula? „Ich werde kommen, Giovanni.", willigte Werner ein. Und so begab sich der falsche Milliardär in die Stadt und kaufte sich ein neues Outfit, um nicht zu schlecht auszusehen. Am Abend dieses Tages fuhr dann eine Limousine vor einem Club etwas abseits der Innenstadt vor und Werner Strapinzki stieg aus. Schnell hob er anmutig das Kinn und schritt in den Club. Viele Leute waren da, und irgendwo weiter hinten entdeckte Werner auch sehr schnell Paula, die in einem wundervollen Kleid an der Bar stand und zur Musik hin und her wippte. Betrunken sah sie nicht aus, und Werner fasste den Entschluss, zu ihr rüber zu tanzen. Als er sie fast erreicht hatte, entdeckte er aber den Copilot bei Paula, der ihr übermütig einen Kuss auf die Wange drückte. Das Lächeln wich aus Werners Gesicht und er blieb stehen. Paula wurde vom Copilot auf die Tanzfläche gezogen. Als sie an ihm vorbei gezerrt wurde blieb ihr Blick an Werner haften. Werner aber konnte den Anblick von Paula und dem Copilot nicht ertragen und ging zu der Stereoanlage. Der DJ stoppte auf Werners Wunsch hin (und 20 €) die Musik und alle schauten Werner an. „Ich muss leider etwas verkünden.", sprach Werner und ließ sich die Traurigkeit nicht anmerken, die ihre kalten Klauen in sein Herz geschlagen hatte. „Ich werde wieder abreisen müssen, zurück nach Mallorca.", sagte Werner und alle schauten ihn still an. Plötzlich sah Werner jemanden durch die Tür nach draußen huschen, jemanden mit braunen gelockten Haaren und einem wundervollen Kleid. Paula. Frierend stand sie draußen vor dem Club und winkte ein Taxi heran, das gerade vorbei kam. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Werner fort ging. Als das Taxi hielt und Paula einsteigen wollte, hielt sie jemand am Arm fest. Es war Werner, der all seinen Mut zusammengefasst hatte und sie zurückhielt. „Ich...", versuchte er stammelnd, zu erklären, warum er sie festhielt. „Du musst gehen? Nach Mallorca?", fragte Paula mit zitternder Stimme. Werner nickte. „Ich hatte, gehofft,... du... du...", fuhr sie fort, doch ihre Stimme brach und Werner schloss die weinende junge Frau in seine Arme. Er merkte erst jetzt richtig, wie verliebt er in sie war. Paula löste sich aus der Umarmung und blickte Werner an. „Sei nicht traurig.", sagte Werner etwas verlegen. „Es gibt eine Person, die ich nie vergessen werde." Er meinte Paula, und das wusste sie auch. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, beugte sich zu ihr hinab und küsste sie.

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