Time Traveler [Guns N' Roses]

Prolog

Die Worte flossen von ihrem Kopf über ihren Stift auf das Papier und bildeten Sätze, die eine Geschichte bildeten. Sie liebte es, abends, wenn sie Zeit fand und nichts zu tun hatte, auf dem Fenstersims zu sitzen und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Die Worte sprudelten meist nur so aus ihrem Stift und sie sah die Geschehnisse direkt vor ihren Augen, als wäre sie mitten drin; als wäre sie die Hauptfigur der Geschichte und sie dokumentierte dies alles, was sie erlebte, nur. Ihre Reisen in ferne Länder, die neuen Bekanntschaften, die endlosen Weiten, die Freiheit. Oft schrieb sie, um ihrem Leben auch nur eine kurze Weile zu entfliehen. Im einem Moment saß sie noch hier im Jahre 2015 auf ihrem Fenstersims, im nächsten Moment war sie im Jahre 400 v. Chr. im alten Rom. Oder doch lieber als Heldin des zweiten Weltkrieges in Deutschland? Ihre Geschichten schickten sie so viel um die Welt, dennoch blieb sie immer nur an einem einzigen Ort. Ihrem Fenstersims. Nirgendwo anders konnte sie so entspannen und die Worte fließen lassen, wie hier. Es war, als würde ihr die Sicht aus dem sechsten Stock über L.A. die nötige "Magie" geben, ihrem Alltag zu entfliehen. Sie schnappte Dinge auf und verarbeitete diese dann abends über der Skyline von L.A.

So auch jetzt gerade. Erst an diesem Tag hatte sie mitbekommen, dass Axl Rose und Slash, Sänger und Ex-Gitarrist einer ihrer Lieblingsbands Guns N' Roses, sich anscheinend wieder befreundet hatten. Diese Nachricht hatte sie mit ziemlicher Freude erfüllt. In ihrem Kopf schwirrten seitdem tausende und abertausende Ideen für Geschichten und sie hatte sich schon vor dem Schreiben zu Guns N' Roses Ende der 80er geträumt, sodass sie es kaum erwarten konnte, bis es endlich Abend geworden war.

Ihr Stift kratzte schneller über das Papier, als sie überhaupt denken und träumen konnte. Mal wieder war es, als wäre sie direkt im Geschehen ihrer Geschichte. Nur irgendetwas fühlte sich anders an, als sonst. Tatsächlich hörte sie sogar eine Gitarre im Hintergrund spielen. Sie blinzelte leicht und verlangsamte das Schreiben. Das Gitarrenspiel klang viel zu echt, als dass es aus ihrer Fantasie hätte entspringen können.

Sie erstarrte, die Bilder vor ihren Augen verschwanden, sobald sie aufhörte, zu schreiben. Der Klang der Gitarre hielt weiterhin an. Verwirrt blickte sie aus dem Fenster, keiner ihrer Nachbarn würde jemals auf die Idee kommen, das Gitarrespielen anzufangen. Dazu waren diese viel zu penibel, wenn es um die Lautstärke ging. Vor allem der griesgrämige Alte direkt unter ihr beschwerte sich schon oft genug darüber, dass sie anscheinend viel zu laut durch ihre Wohnung wandere. Sie schüttelte leicht den Kopf. Sie musste sich das wohl einbilden.

Ihr Blick fiel wieder auf das Papier vor ihr und fast wäre sie vor Schreck von ihrem Fensterbrett gefallen. Die Buchstaben, die sie selber geschrieben hatte, leuchteten vor ihr in einem seichten orangefarbenen Ton, das dem Licht einer Kerze glich. Sie blinzelte mehrere Male, doch als das Leuchten immer noch nicht verschwand, schloss sie die Augen und rieb sie langsam. Wahrscheinlich war sie einfach nur müde. Das würde auch dieses komische Gefühl erklären, was sie in diesem Moment empfand. Ein Gefühl, als würde irgendeine Kraft, sie in etwas hineinziehen...

Als sie die Augen öffnete, stellte sie zufrieden fest, dass das Glühen der Buchstaben verschwunden war. Dafür war der Raum, in dem sie sich befand, viel dunkler als zuvor. Es war, als wäre er von Kerzenlicht beschienen...

Langsam ließ sie ihren Blick von ihrem Papier ab und sah in ihr vermeintliches Schlafzimmer.

Ihr wurde sofort klar: Dies war nicht ihr Schlafzimmer.