Es war stockdunkel, als ich an diesem Abend auf dem Weg nach Hause durch die engen Gassen und Hinterhöfe lief. Der Himmel war wolkenverhangen. Sicher würde es bald wieder regnen. Konzentriert setzte ich einen Fuß vor den anderen und versuchte in der Finsternis das Schimmern der Pfützen am Boden zu erkennen, damit ich mir keine nassen Füße holte.
Ich dachte an den Abend zurück. Ich hatte zusammen mit Yuna, Mei und ein paar Anderen beim Karaoke zusammengesessen, um Yunas Geburtstag nachzufeiern. Mit 35 von 100 Punkten hatte ich haushoch gegen die anderen verloren, aber das war mir egal. Es hatte einfach Spaß gemacht.
Leider war aber auch Haru dort gewesen. Eigentlich kannten wir uns schon unser ganzes Leben lang, doch irgendwann in der Mittelschule war er mit seiner Familie weggezogen. Einfach so, ohne mir auch nur ein Wort zu sagen. Dabei hatte er mir damals versprochen, immer auf mich aufzupassen. Im letzten Sommer war er dann plötzlich wieder da gewesen und ging seitdem mit mir in eine Klasse. Doch bisher hatten wir kaum ein Wort gewechselt. Irgendwie vermisste ich unsere Freundschaft von früher.
Während ich meinen Gedanken nachhing, hatte ich plötzlich das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Hastig drehte ich mich um. Hatte sich da gerade etwas bewegt? Nervös beschleunigte ich meine Schritte. Immer wieder warf ich einen kurzen Blick nach hinten. Doch obwohl das Gefühl verfolgt zu werden nicht nachließ, konnte ich niemanden entdecken. Normalerweise war es auf meinem geheimen Schleichweg ruhig. Doch nun machte sich ein mulmiges Gefühl in mir breit. Die Hauptstraße war nicht weit von hier. Ich konnte den Lärm der Autos hören und die Beleuchtung der Straßenlaternen erahnen. Ich musste nur noch die nächste Straßenkreuzung überqueren. Ich begann zu rennen. Das Wasser zu meinen Füßen spritzte empor und durchnässte meine dünnen Stoffschuhe.
Plötzlich hörte ich hinter mir das Scheppern eines Mülltonnendeckels. Als ich erneut hinter mich blickte, erkannte ich einen Schatten. Groß und breit gab er die Silhouette eines Mannes preis. Doch er rannte mir nicht hinterher. Hoffnung keimte in mir auf, dass ich ihn abhängen konnte. Doch bevor ich die Straßenecke erreichte, traten drei weitere Schatten aus dem Dunkel hervor und blockierten meine möglichen Fluchtwege. Ich saß in der Falle! Mein Herz klopfte vor Angst und wilde Gedanken rauschten durch meinen Kopf. Als sie auf mich zukamen, blieb ich abrupt stehen und machte ein paar Schritte nach hinten, bis ich gegen etwas stieß.
"Na, was haben wir denn da?", hörte ich die Stimme des Mannes, gegen den ich geprallt war. Erschrocken drehte ich mich um.
"Ein hübsches Vögelchen", sagte einer der anderen Männer.
"Du lässt die Finger von ihr!", kam die Antwort.
"Warum regst du dich denn gleich so auf? Hab' doch nur meine Meinung gesagt", grummelte er.
"Ich habe dich nicht darum gebeten", murrte der erste. "Also halt die Klappe." Einer der anderen Männer griff nach meinem Handgelenk. Instinktiv versuchte ich mich zu befreien, doch seine Hand hatte sich wie ein Schraubstock darum geschlossen. Der Anführer der Bande legte seine Hand an mein Kinn und drehte mein Gesicht zu sich.
"Mit dir werden wir viel Spaß haben", sagte er. Dann gab er dem Kerl, der mich festhielt ein Zeichen und ich spürte, wie er mich mit sich ziehen wollte. Panisch schrie ich um Hilfe. Doch weder in den Fenstern noch auf der angrenzenden Straße regte sich etwas.
"Sei still du blöde Göre", sagte einer der Männer.
Plötzlich hörte ich ein leises Knurren. Auch die Männer mussten es gehört haben, denn sie blieben stehen.
"Was ist das?", fragte der Mann, der mich festhielt.
"Vergiss es einfach und geh weiter", sagte der Andere und gab ihm einen leichten Tritt. Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Aus dem Nichts tauchte ein ganzes Rudel wilder Hunde auf. Bedrohlich knurrend und mit gefletschten Zähnen standen sie uns gegenüber.
DU LIEST GERADE
Ein ganz besonderes Versprechen
Short StoryAls Nanami eines Abends auf dem Heimweg von einer Gruppe zwielichtiger Typen angegriffen wird, eilt ihr plötzlich ein streunender Hund zu Hilfe. Doch der Hund ist kein gewöhnliches Tier und plötzlich trägt Nanami ein Mal auf der Wange. Und als wäre...