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Es ist nun 54 Jahre her, seit er mich gefragt hat. Es war an einem warmen Frühlingsabend, an dem kleinen See im nahegelegenen Wald unserer Nachbarschaft, wo wir uns schon getroffen haben als wir Kinder waren, weil dort alles so ruhig und unbekümmert wirkt. Als würden wir nicht in einer Kleinstadt wohnen aus der wir niemals rauskommen werden.
Wir haben uns oft vorgestellt, wir wären andere Leute, aus anderen Orten mit anderen Zielen und anderen Familien. Nur um dann jeden Tag aufs neue festzustellen, dass wir immer noch die gleichen Personen sind, mit gleichen Problemen und gleicher nie beginnender Zukunft.
"Jo,", hatte er gesagt, so wie er es schon immer gesagt hat, mit dieser sanftmütigen Stimme, die eine so beruhigende Wirkung auf mich hat.
"ich wollte dich etwas fragen und es tut mir jetzt schon leid, wenn ich alles falsch gedeutet habe und mit dieser dummen Frage unsere komplette Freundschaft ruiniere. Ich meine ich hätte selbst nicht gedacht, dass es sich so entwickeln würde, aber ich habe versucht es zu unterdrücken, seit mehr als einem Jahr nun schon, nur es funktioniert nicht. Und mit jedem Tag an dem ich dich sehe, und ich meine wir sehen uns buchstäblich jeden Tag, fällt es mir schwerer und-", ich musste lachen bei seinem Gefasel. "Jetzt frag endlich, was du fragen wolltest Andrew!", ich lachte immer noch, aber Andrew sah einfach nur unbeholfen aus, sodass ich bloß noch mehr kichern musste. "Na gut, aber nur wenn du aufhörst zu lachen!"
"Okay", ich hielt mir eine Hand vor den Mund, um mein Lächeln zu verbergen.
"Versprich es!", tadelte er mich gespielt streng. Ich schloss für einen Moment die Augen und entspannte meinen Kiefer, der vom Grinsen schon wehtat. "Versprochen.", sagte ich und öffnete die Augen.
" Okay.", Andrew nahm meine Hände in seine und schon diese kleine Berührung ließ elektrische Impulse durch meinen Körper schießen. Er kniete sich vor mir auf den Boden und sah mir tief in die Augen.
"Johanna Schwartz. Wir kennen uns jetzt schon seit einer sehr langen Zeit. Du warst immer schon meine beste Freundin. Doch, und ich schäme mich dafür, vor allem wenn du gleich ablehnst,", er räusperte sich. "doch aus Freundschaft wurde Liebe.", ich bekam das Gefühl gleich zu platzen vor Aufregung und merkte gar nicht, dass ich die Luft anhielt. " Und ich habe versucht dagegen anzukämpfen, das habe ich wirklich, doch es gelang mir nicht. Du sagtest einmal zu mir, dass ich deine Mauer, dein Schutzwall sei und nun bitte ich dich heute darum meiner zu sein, bis in alle Ewigkeit. Und deshalb frage ich dich,", er machte eine Pause und drückte meine zitternden Hände fester. Ich habe in diesem Moment rein gar nichts gedacht, mein Hirn litt vollkommen unter emotionaler Überlastung.
"Willst du," er machte noch eine kurze Pause und dann brachte er die Worte ganz schnell über die Lippen. "dir morgen Abend eine Pizza mit mir teilen?", er kniff ein Auge zusammen und drehte den Kopf etwas von mir weg, als würde ich ihm eine verpassen wollen. Doch mir fehlten einfach nur die Worte. Nach einem Augenblick des Schweigens richtete er sich schließlich auf und ließ meine Hände los. "Sag doch was Jo."
"Du...du Arschloch.", ein hysterisches Lachen entkam meinem Mund. "Ich hab schon richtig Angst bekommen! Mach das nicht nochmal mit mir."
Mit seiner einen Hand fasste er an sein Herz und mit der anderen umfasste er mein Gesicht. " Aber es war nicht gelogen.", er zog mich zu sich heran und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. " Ich liebe dich Johanna Schwartz. Ich glaube ich habe es schon immer getan.", ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte. Seit ich denken kann war er mein bester Freund. Und jetzt würde sich alles ändern. Doch ich müsste lügen, wenn ich es nicht auch gespürt hätte, dieses kribbeln im Bauch, bei jedem Treffen und jeder Berührung. Die Momente verstrichen.
Irgendwann räusperte er sich.
"Na ja und ich würde mich wirklich darüber freuen, wenn du dir morgen eine Pizza mit mir teilen würdest. Du weißt schon, als Date.", nun sah er nicht mehr mich an, sondern nur noch beschämt auf den Boden unter unseren Füßen.
Ich trat verlegen einen Schritt zurück. Erschrocken sah er wieder zu mir. "Jo, komm schon, lass mich nicht dastehen wie ein Idiot. Rede wenigstens mit mir."
Ich atmete einmal tief durch und rung mir ein Lächeln ab.
"Das ist toll, ich, ähm, ich freue mich wirklich. Nur bin ich auch einfach nur verwirrt.", zuerst sah ich Erleichterung in seinem Blick, dann Enttäuschung. Nervös wippte ich mit den Füßen auf und ab. "Oh man, ich hätte damit warten sollen, oder? Oder es mir am besten klemmen sollen.", er wandt sich von mir ab und raufte sich die schwarzen Haare.
"Nein, so habe ich das nicht gemeint Andrew. Ich...ich würde mir sehr gerne morgen mit dir eine Pizza teilen. So als Date meine ich.", nervös fummelte ich an der Kette rum, die meinem Vater gehörte. Andrew drehte sich wieder zu mir um und legte die Stirn in Falten. "Wirklich? Ich meine du musst das nicht machen, wenn du nicht wirklich willst. Wir können das hier auch einfach vergessen.", er griff sich mit einer Hand in den Nacken, als hätte er eine schlimme Verspannung.
" Ich hab doch schon 'Ja' gesagt, oder nicht? Also hör auf so zu reden.", ich griff nach seiner freien Hand und drückte sie sanft.
Die Falten auf seiner Stirn glätteten sich, dafür konnte man nun seine Grübchen sehen, weil er mir ein breites Lächeln schenkte. "Danke Jo. Das macht mich wirklich glücklich.", sagte er und zog mich in seine Arme.
Einen Tag später war es dann endlich so weit.
Wir hatten wirklich ein Date!
Es war eigentlich total schön.
Er hat mich klassisch von zuhause abgeholt und dann sind wir zum Pizza Palace gefahren, weil es dort die beste Pizza gab. Als Andrew bei uns geklingelt hat, öffnete mein Vater die Tür, als ich grade die Treppe runter kam. Ich hatte mich für ein ganz normales Outfit entschieden, Jeans, T-Shirt und eine leichte Strickjacke. Schließlich waren wir schon hundert Mal im Pizza Palace und ich wüsste nicht, weshalb ich mich beim hundertundersten Mal plötzlich besonders hübsch machen sollte.
Vom Treppenabsatz her schaute ich Andrew und meinem Dad dabei zu wie sie sich begrüßten. Sie umarmten sich kurz und Dad klopfte ihm väterlich auf die Schulter. "Und wo geht's hin?", nuschelte mein Dad durch seinen buschigen Schnurrbart.
"Nichts besonderes Jerry, nur eine Kleinigkeit essen."
Das räusperte sich: "Hm, na schön. Aber pass gut auf meine Kleine auf."
"Das mache ich doch immer Jerry.", Dad nickte stumm, winkte Andrew mit der Hand ins Haus, schloss die Tür und ging in Richtung Küche. "Wie geht es deiner Mutter?", rief er über seine Schulter. Andrew wollte gerade antworten, als sein Blick auf mich viel.
Einen Augenblick lang starrte er mich einfach nur an, bevor er anfing zu lächeln. "Du bist wunderschön", flüsterte er, was unvermeidlich dafür sorgte dass ich lächelte. "Ich hol noch schnell meine Tasche von oben.", er nickte kurz und ging dann in die Küche zu meinem Vater. Während ich die Treppe hochging, konnte ich ihrer Unterhaltung lauschen. "Es ging heute schon mal besser, die Chemo setzt ihr ganz schön zu.", er sagte es in einem Ton, der nicht zuließ zu erkennen wie traurig und wütend er über die Krankheit seiner Mutter war.
Ich hörte wie ein Glas abgestellt wurde: "Nun, wenn ihr irgendetwas braucht, du weißt ja wo unsere Tür ist."
"Das ist sehr nett Jerry."
Ich schloss die Tür zu meinem Zimmer und warf die wichtigsten Sachen in meine Tasche, drehte mich zum Spiegel und kämmte mein Haar. Damals war es lang und feuerrot und viel mir in sanften Wellen bis auf die Hüften.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 09, 2020 ⏰

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