1. Kapitel

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So fertig. Klaas schaute von seinen Moderationskarten auf. Den ganzen Morgen hatte er damit verbracht an seinem Text für die nächste Halligalli Sendung zu feilen. Wurde ja auch Zeit, denn die nächste Sendung würde in nur wenigen Stunden beginnen. Normalerweise war Klaas ein sehr disziplinierter und pünktlicher Mensch, doch in den letzten Wochen fiel es ihm immer schwerer seine Arbeit nicht in letzter Minute fertigzustellen. Er liebte seinen Beruf, doch zur Zeit wünschte er sich immer sehnlicher die kommende Winterpause daher. Er brauchte mal wieder eine Auszeit um klar im Kopf zu werden und Energie zu tanken. Die letzten Monate waren sehr viel Arbeit gewesen, wenn sie ihm auch gefallen hatten. Sein Kollege Joko und Er waren mit ihren Sendungen durch die Decke gegangen. Drei Folgen Duell um die Welt und zwei neue Shows wurden gerade eben abgedreht. So erfolgreich waren sie noch nie. Doch gerade dieser Erfolg bedeutete auch unglaublich viel Druck und Anspannung. Joko und er hatten sich in letzter Zeit öfters gestritten. Nun war das ja nichts neues, dass sie sich ab und zu in die Haare kriegten, doch es war anders. Nicht wie sonst versöhnten sie sich gleich wieder und begruben den Streit mit einem Bier, diesmal dauerte es deutlich länger bis einer wieder den ersten Schritt wagte. ‚Sein Kollege Joko', dachte Klaas,' nein joko war mittlerweile nicht mehr nur ein Kollege, er war ihm im Laufe der Jahre ein guter Freund geworden. Die vielen Erlebnisse hatten sie zusammengeschweisst. Klaas wurde aus seinen Gedanken gerissen als Joko plötzlich vor ihm stand.

„ Bist du schon fertig, dann könnten wir mal die Moderation und den Ablauf zusammen durchgehen."

„Ja klar bin gleich fertig. In fünf Minuten im Konferenzraum?"

Joko nickte und verschwand durch die Tür unseres Büros. Genau das war es was Klaas traurig machte. Joko und er hegten momentan zwar keinen Streit doch die Stimmung zwischen ihnen war wie auf Eis gelegt. Wo sie früher noch Zeit für Scherze hatten, schwiegen sie nun vor sich hin. ‚Ich werde nacher mal mit ihm darüber sprechen, so kann es nicht weitergehen', dachte sich Klaas.

Fünf Minuten später betrat er schweigend den Konferenzraum. Mittig am Tisch sass bereits Joko und schien nochmal seine Texte durchzugehen. Durch das Geräusch der Tür hob er seinen Kopf und blickte Klaas in die Augen. Es versetzte ihm einen Stich. Vor einem halben Jahr hätte Joko nun eine lustige Bemerkung gemacht und Klaas hätte treffsicher Konter gegeben. Doch nicht jetzt. Stattdessen senkte er den Kopf wieder auf seine Moderationskarten und murmelte ein:

„Na auch schon da."

„ Sorry ging doch noch etwas länger."

„Ja hab ich schon gemerkt, so wie vieles in letzter Zeit."

„ Joko genau darüber muss ich mit dir reden. Wir können uns privat nicht die ganze Zeit anschweigen und dem Publikum die heile Welt vorspielen, das geht nicht. Ich kann das nicht mehr."

Joko hatte den Blick noch immer gesenkt, doch nun hob er den Kopf und blickte zu Klaas. Ein kleines Lächeln blitzte über seine Lippen.

„So ehrlich kenn ich dich ja gar nicht."

Da war es, dieser kleiner Funke der die Stimmung hebte.

„ Halt die Klappe", Antwortete Klaas und musste selbst wieder grinsen. Joko hatte schon recht, über Gefühle und Stimmung zu reden war normalerweise nicht seine Art.

„ Du hast ja recht" , Joko unterbrach das erneute Schweigen, „ das passt eigentlich ja auch gar nicht zu uns, aber du weisst selbst wie viele tausend Dinge wir momentan um die Ohren haben."

„ Wie wärs heut Abend in unserer Stammkneipe? Ich lad dich auf ein Bier ein."



Joko lächelte:" Da kann ich ja gar nicht nein sagen. Einmal knuddeln?"

„Wenns sein muss."

Klaas mochte zwar grundsätlzich keine Umarmungen, doch von Joko war er sich dies schon gewöhnt und so genoss er die vertraute Nähe zu seinem Freund und fühlte sich gleich viel besser.

„ Klausi du darfst mich auch wieder los lassen. Was ist denn heute los mit dir?"

Peinlich berührt gab er Joko frei und antwortete hastig: „ Sorry,bin heut etwas sentimental. Aber jetzt lass uns auch ma anfangen mit Arbeiten."



Zufrieden liess sich nach getaner Arbeit Klaas in seinen Sessel fallen. Sie hatten gerade Circus Halligalli abgedreht und seit langem war er wieder mal richtig zufrieden mit sich gewesen. Joko und er waren heute besonders gut in Stimmung gewesen und schlugen sich einer nach dem andern die Scherze um die Ohren. Das Gespräch vor der Sendung hatte ihnen richtig gut getan und seit langem konnte Klaas mal wieder richtig durchatmen und sich auf den Moment konzentrieren. Er richtete sich wieder etwas auf und machte sich daran, seine Rückmeldung an die Show zu schreiben. Das machten sie immer nach der Sendung, denn dann war es noch frsich und die Kritik und Verbesserungen liessen sich leichter abrufen. Heute allerdings gieng es schneller als sonst denn wirklich etwas zum Verbessern hatte er nicht gefunden. Er speicherte seinen Text, fuhr seinen Pc runter, griff sich seine Jacke und verliess das Büro. Die kühle Abendluft Berlins liess ihn aufatmen. Schnell griff er in seine Jackentasche und fischte das Zigarettenpack heraus.  Er zündete sie an und musste wieder an Joko denken. Sein Freund mochte es gar nicht wenn er in dessen gegenwart rauchte und hätte jetzt bestimmt eine schnippische Bemerkung von sich gegeben.Heute abend wenn sie sich trafen, nahm sich Klaas vor, würde er nicht mehr rauchen um nicht schon wieder einen Streit zu provozieren. Klaas schüttelte den Kopf. Überhaupt, er dachte momentan mehr als sonst über Joko nach. Klar war ihm ihr gutes Verhältnis schon immer wichtig gewesen doch zurzeit sorgte er sich regelrecht darum. Und Klaas war ja sonst nicht die Person für Gefühle und Fürsorglichkeit. Ich mache mir eben einfach Sorgen um unsere gute Bindung zueinander, und wo soll es wie soll es auch beruflich mit uns weitergehen, wenn wir uns zerstreiten würden, dachte Klaas und verbannte Joko erst einmal aus seinen Gedanken. Schliesslich wartete zuhause seine Familie nach einem langen Arbeitstag auf ihn. Er nahm noch schnell den letzten Zug der Zigarette und drückte sie aus. Schon ganz ausgefroren setzte er sich ins Auto und fuhr los.

Wie immer um diese Uhrzeit hatte der Feierabendverkehr die Strass voll im griff. Es dauerte ewig bis Klaas nur schon den ersten Kilometer richtung Zuhause geschaft hatte. Grund dafür war immer ein und die selbe Ampel, die alle zehn Sekunden wieder suf rot stellte. Klaas war auch sonst schon kein entspannter Autofahrer und dieser Verkehr am abend raubte ihm immer den letzten Nerv. Vor allem dann wenn einige Autofahrer vor ihm zu schlafen schienen.

„ Jetzt fahr doch mal du Affe! Wenn du noch später los fährst dann steh ich morgen früh noch hier!"

Langsam wurde der Abstand zwischen ihm und der Ampel immer kleiner bis nur noch fünf Autos in vor der freien Fahrt trennten. Die Ampel wurde wieder grün und die Autos fuhren für Klaas wieder viel zu langsam los. Sie schaltete schon wieder auf gelb doch Klaas drückte das Gaspedal durch und fuhr über die Ampel als diese schon auf rot schaltete. Jemand hupte laut und das letzte was er noch wahrnahm war ein lauter Knall und darauf ein starkes rütteln. Danach war alles schwarz.

Die Geister, die Dich jagenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt