Als ich aufwache ist es dunkel in meinem Zimmer und ich höre ein dumpfes prasseln von Regen. Ich schlurfe aus dem Bett und gehe ans Fenster um es zu schließen. Es ist eiskalt!
"Warum mach ich das Ding eigentlich immer nachts auf? Es ist November und draußen sind Minusgrade !", aber das ist so eine komische Angewohnheit von mir. Vielleicht war das einer der Gründe dafür, dass er jetzt mit ihr zusammen ist.
Bei diesem Gedanken macht sich ein dumpfer Schmerz in meinem Magen breit und wandert hinauf zu meinem Herzen. Ich bin mir in diesem Moment sicher, dass er mich zerreißen wird und meine Augen füllen sich mit Tränen. Ich bin machtlos! Wie schon so oft in meinem Leben.
Ich war machtlos als meine Eltern bei einem Flugzeugabsturz in Stücke gerissen wurden. Ich war machtlos als meine Tante beschloss mit mir in ein Dorf zu ziehen. Ich war machtlos gegen die anderen beiden und ich war machtlos gegen ihn.5 Monate zuvor:
14 Juni.
"Ihr Verlust tut uns sehr Leid und wir fühlen mit Ihnen. Wir werden Ihnen eine Abfindung zukommen lassen."
Die Fassungslosigkeit über diesen Brief unterbricht für einige Sekunden den Tränenschleier, der mein Blickfeld verzerrt.
Ich halte den Brief in den Händen und starre ihn völlig fassungslos an. Als ob ein 367 mal kopierter und ausgedruckter Brief, ein bisschen Geld und ein :" Wir fühlen mit Ihnen." mir in irgendeiner Weise meine Eltern zurück bringt.
Je länger ich den Brief anstarre, desto wütender werde ich. Ich fühle mich so verzweifelt.
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Bevor sich die Erinnerung weiter in meine Gedanken drängt geht die Tür auf und meine Tante steht schrecklich gut gelaunt auf der Türschwelle meines Zimmers. " Guten Morgen Lea."
"Guten morgäähhn Tante Sahara."
"Na was hast du heute so vor? Es ist schließlich Samstag", fragt sie neugierig.
Im Bett bleiben, lesen, weinen, mein Leben analysieren und feststellen, dass es keinen Sinn hat und anschließend noch mehr weinen denke ich.
"Mal sehen was mir so einfällt", erwidere ich mit einem leichten zucken meiner Mundwinkel. Sie freut sich sichtlich über mein "lächeln" und wendet sich mit strahlendem Gesicht von mir ab. Ich atme erleichtert aus. Sie hat nichts gemerkt. In diesem Moment reißt mich ihre Stimme aus meiner Erleichterung.
"Lea, ich freue mich, dass es dir besser geht und du anfängst dich hier einzuleben", sagt sie zu mir. Ich gucke sie einige Sekunden verwirrt an, bevor ich ihr meine lang einstudierten zuckenden Mundwinkel zeige und sie sich noch strahlender auf den Weg zur Küche macht.
Ich will nicht, dass sie merkt wie schlecht es mir geht. Sie gibt sich so viel Mühe es mir leicht zu machen und ich kann sie einfach nicht mit meiner Trauer bestrafen. Die zuckenden Mundwinkel ist wahrscheinlich die einzige Sache, die sie ein bisschen stutzig macht. Ich habe schon eine ganze Weile nicht mehr gelacht und in der Zeit, in der ich hier bin auch nur einmal ehrlich gelächelt. Als ich ihn sah.
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The Lies we told
Teen FictionAls Lea's Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen ist sie verzweifelt, doch ihr Leben gerät erst vollkommen aus den Fugen, als sie ihn kennenlernt. Alles was Lea mal war und hatte zählt nicht mehr und sie schaut völlig machtlos auf die Sc...