Es brannte. Der Tequila brannte in ihrer Kehle, doch sie war es mittlerweile gewöhnt. Dieser Tag war wie jeder andere für sie. Die schwarzhaarige war morgens aufgestanden, hatte sich einen Irish-Coffe gegönnt, war den ganzen Tag bis 18 Uhr auf der Arbeit gewesen und als sie nachhause gekommen war, hatte sie sich um gezogen, um danach in ihre Stamm bar zu fahren.
Dort hatte sie nun schon den dritten Drink Intus, doch das erhoffte Rausch-Gefühl, durch den Alkohol, blieb aus. Gefrustet seufzte sie auf. Die Schwarzhaarige hatte früher nie getrunken, weil sie eine vererbbare Krankheit hatte, die man zwar gut therapieren konnte, dennoch nicht heilen.
Diese Therapie hatte sie tapfer durchgestanden und hatte auch schon gute Erfolge erzielt, doch dann starb ihr Vater an dieser Krankheit mit nur 53 Jahren. Das war der Auslöser, der sie zum Auf geben gebracht hatte. Den einzigen Grund den sie je hatte, die Therapie durch zu stehen war ihr Vater.
Er hatte sie immer aufgebaut, wenn die Therapie mal nicht so funktioniert hatte, wie sie es sich vorgestellt hatte. Er lebte ihr alles vor. Ihr Vorbild, war er gewesen, denn er hatte immer tapfer gekämpft und aufgeben kam für ihn nie in Frage. Das fand sie beeindrucken. Doch dann starb er und ihr Kampfwille gleich mit. Denn wofür sollte sie noch Kämpfen? Für den Schmerz den er hinterlassen hatte? Für die Einsamkeit?
Seitdem der wichtigste Mensch in ihrem Leben nicht mehr auf der Erde wandelte, war sie dem Alkohol verfallen. Das Gift konnte sie wenigsten für einige Stunden den Schmerz und die Leere vergessen lassen.
Durch die Erinnerung, warum die Schwarzhaarige dort war, wo sie nun war, sackte der Schmerz in ihr Bewusstsein, dass etwas berauscht war.
Das Verlangen zu vergessen, trieb sie dazu an, bei dem Barkeeper, der Patrik hieß, noch einen Tequila zu bestellen. Der Blonde stellte ihr Kommentarlos ein weiteres gefülltes Glas hin. Er kannte sie mittlerweile so gut, dass er wusste, dass sie in ihrem jetzigen Zustand nicht sprechen wollte, so versuchte er es auch gar nicht. Wenn sie reden wollte, würde sie ihn an sprechen.
„Pat..." sprach sie leise. „Würdest du eben auf mein Getränk achten? Ich möchte eben auf die Toilette." Stumm nickte er und so erhob sich die Schwarzhaarige und machte sich auf den Weg zu den Toiletten.
Als sie von der Toilette aus zum Waschbecken lief, um sich die Hände zu waschen, musste sie an ihr letztes Gespräch mit ihrem Arzt denken. Er hatte ihr Gesagt, dass sie, wenn sie weiterhin so viel trinken würde und nicht mehr zur Therapie käme, er ihr keine lange Lebensdauer zu sicher könnte. Vielleicht noch zwei Jahre, vielleicht mehr, vielleicht weniger.
Während des Händewaschens fiel ihr Blick in den Spiegel. Eine traurig wirkende Person blickte ihr entgegen. Die Krankheitsbedingte fahle haut war ein starker Kontrast zu ihren schwarzen Haaren.
Seufzend trennte sie sich von ihrem Spiegelbild und ging zurück zu ihrem Platz. Dort angekommen bedankte sie sich bei dem Blonden, der im letzten Monat so etwas wie ein guter Freund geworden war. Er hatte immer ein offenes Ohr für sie gehabt, hatte sie vor aufdringlichen Typen beschützt und ihr ab und zu einen aus gegeben.
Als sie sich gesetzt hatte, leerte sie ihr Glas und bestellte noch einen Drink. Diesem Folgten noch so einige bis in die frühen Morgenstunden. Da sie am nächsten Tag frei hatte, konnte sie es sich erlauben so lange wach zu bleiben.
Torkelnd verließ sie die Bar, während Patrik ihr noch zu rief vorsichtig zu sein. Sie wollte so wie immer zur Bahn laufen, da sie immer zu Fuß in die Bar kam. Doch bis zur Bahn schaffte sie es nicht, denn in ihrem Vollrausch, hatte sie eine rote Ampel missachtete und war einfach über die Straße gelaufen. Dann geschah alles ganz schnell. Etwas Hartes traf sie und riss sie von den Füßen. Schmerzhaft landete sie mit ihrem Rücken auf Blech und wurde von der Geschwindigkeit auf den Asphalt geschleudert.
Danach nahm sie alles nur noch verzerrt war. Reifen Quietschten in der Ferne, jemand schrie etwas, das sie allerdings nicht verstand und ihre Schmerzen, die besonders in ihrem Rücken und ihrem Kopf waren.
Abwärts ihrer Lendenwirbelsäule wurde alles taub. Die Kälte kroch ihren Körper hoch.
In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie höchst wahrscheinlich jetzt sterben würde, nicht in ein paar Jahren, sondern jetzt. Sie war davon ausgegangen, dass es ihr egal sei, wann sie sterben würde, doch sie begriff, dass sie ihr Leben nicht so enden lassen wollte. Ihr wurde klar, dass sie noch nicht bereit war. Sie hätte es schon viel früher merken müssen.
Ihr Bewusstsein trennte sich langsam von ihrem Körper. Die Schwerkraft hielt sie nicht mehr, dennoch schwebte sie über ihrem Körper und konnte sich die bizarre Szene an sehen.
Die Rettungswagenbesatzung untersuchten sie routiniert und verlegten sie dann in den Wagen, währenddessen traf die Polizei ein und einer der Sanitäter setzte die Streifenpolizisten in Kenntnis. Ihr Bewusstsein hielt immer noch an ihrem Körper fest, auch wenn sie ein grelles Licht hinter ihrem Rücken wahrnahm.
Es machte ihr Angst, deshalb versuchte sie weiterhin bei ihrem Körper zu bleiben, doch das Licht hatte eine immer größer werdende Anziehungskraft auf sie. Langsam wurde die Schwarzhaarige nach hinten gezogen. Sie wollte schreien, weinen, irgendwie auf sich aufmerksam machen, doch niemand konnte sie hören. Kurz bevor sie vollends in das Licht eintauchte, kniff sie die Augen ängstlich zu.
In ihren Gedanken trauerte sie um ihr nicht gelebtes Leben. Sie hatte die Chance nicht genutzt, gegen den Tod zu kämpfen.
Wäre sie nicht in so ein tiefes Loch gefallen, dann hätte sie nicht zum Alkohol gegriffen, folglich wäre sie auch nicht in die Bar gefahren und wäre nicht vor ein Auto gelaufen. Dann müsste sie nun nicht einsehen, dass sie ihr Leben verloren hatte.
Als sie eine sanfte ihr bekannte stimme hörte öffnete sie trotz Angst langsam die Augen. Das Licht war nicht mehr so grell und sie konnte zwei Gestalten vor ihr ausmachen. Ihr blieb die Spucke im Hals stecken, als sie die Gesichter erkannte.
„Ich bin Tod, nicht wahr?" fragte sie mit zittriger Stimme, doch zu ihrer Überraschung schüttelte die linke Gestalt ihren Kopf. „Noch nicht ganz..." sprach die rechte männliche Stimme. Auf ihr fragendes Gesicht fuhr sie fort. „Noch kannst du zurück... Die Ärzte werden dich wahrscheinlich retten können, aber du musst auch fest daran glauben." „Ihr meint ich habe eine Chance zu leben?" fragte sie aufgeregt. „Ja, aber wenn du wieder in deinem Körper bist, musste mir versprechen, dass du dein Leben lebst und dass du so gegen den Tod protestiert, zeig ihnen, das keine Krankheit so schlimm ist, sich zu verschanzen und sein lben nicht zu leben." Forderte die linke weibliche Stimme von ihr. Mit einem leichten nicken versprach sie es und fiel dann den beiden gestalten um den Hals. „Ich hab euch lieb." Sagte sie mit Tränen in den Augen. „Wir dich auch." Flüsterte beide stimmen gleichzeitig. Zuerst wollte sie nie wieder los lassen, doch dann wurde ihr klar, dass sie die beiden irgendwann wieder sehen würde.
Diese Anziehung kam wieder auf und so ließ sie los. Langsam wurde sie nach hinten gezogen und konnte beobachten wie die beiden gestallten immer kleiner wurden, bis sie gänzlich verschwanden. Dann schloss sie die Augen.
Nach Luft schnappend riss sie die Augen auf. Die Junge frau nahm erleichtertes Ausatmen war und blickte sich um. Als sie die Männer in der auffälligen Kleidung erblickte, wurde ihr klar, dass sie wieder unter den Lebenden wandelte. Das erste, das sie dachte war „Ich werde Kämpfen und Leben!"
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Gegen den Tod
RandomDer Tod. Er kommt. Ob man will oder nicht. Gibt es je einen Weg zurück?