Kalte Regentropfen fielen auf ihr gen Himmel gestrecktes Gesicht. Sie hatte die Augen geschlossen und stand einfach so da. Nur für einen kurzen Moment wollte sie innehalten, alles um sich herum einfach abschalten. Sie wünschte sich sich nur eins - Ruhe. Doch stattdessen drang immer wieder die Stimme des Pfarrers bis zu ihr hindurch, dabei wollte sie dies alles nicht hören. "Wir haben uns heute hier versammelt, um Carolin die letzte Ehre zu erweisen. Viel zu früh ist ein geliebter Mensch von uns gegangen, doch wir werden sie für immer in unserem Herzen tragen". Sie hatte das Gefühl, keine Luft zu bekommen, als sei ihr Brustkorb zugeschnürrt. Nachdem der Pfarrer seine Rede beendet hatte, trat er einige Schritte zurück und sie wusste, dass sie nun an der Reihe war. Sie holte tief Luft, spürte alle Blicke, die auf sie gerichtet waren. Das Mädchen hörte das Schluchzen der Trauergemeinde, blickte in lauter weinende Gesichter. "Ich kann das nicht!", ging es ihr durch den Kopf und sie wünschte sich, ganz weit weg von hier zu sein. Weitere Regentropfen prasselten auf ihren gesamten Körper und ihr wurde klar, wofür sie hier war. Sie kramte den Zettel aus ihrer Hosentasche, den sie sich für diesen Moment geschrieben hatte. Langsam lief sie zu dem Grab, jeder einzelne Schritt war ein Kampf. Als sie angekommen war, hielt sie mit zitternden Händen den Zettel. Sie sah auf ihn, las die ersten Zeilen, doch löste ihren Blick wieder von dem Papier. Sie schaffte es nicht, die Trauernden anzuschauen, sondern blickte einfach durch sie hindurch. Mit bebender Stimme begann sie, zu sprechen. "Carolin war der aufgeweckteste und munterste Mensch, den ich je kennenlernen durfte", jedes Wort, dass sie über die Lippen brach, war eine Qual. "Doch die Krankheit hat ihr genommen, was sie ausmachte. Jeden Tag verbrachte ich mit ihr und ich bemerkte, wie sich ihr Zustand Tag für Tag verschlechterte. Man konnte den Schmerz, der ihren Körper erfüllte, deutlich in ihren Augen sehen. Und doch kämpfte sie - für sich und auch für uns. Oft saß ich weinend an ihrem Bett und sie war diejenige, die mich tröstete und mir Mut zusprach. "Sarah, hör auf zu weinen. So lange du mich nicht vergisst, werde ich in deiner Erinnerung immer weiterleben. Und wenn ich nicht mehr bin, werde ich vom Himmel auf dich runterschauen und auf dich Acht geben. Ich möchte nicht, dass du durch meinen Tod auch dein Leben verliert. Du bist diejenige, die für mich weiter kämpfen, weiter leben muss. Versprichst du mir das?", meinte sie. "Sarah, ich verspreche es dir" hatte ich ihr damals geantwortet. Und ich meinte es auch so" Mit diesen Worten beendete sie ihre Rede. Es war alles gesagt. Wackeligen Schrittes entfernte sie sich wieder von dem Grab. Sie spürte, wie eine Träne ihre Wange hinunter lief. Sie wollte doch stark sein, für sie. Doch immer mehr Tränen schlossen sich der ersten an. Weinend brach sie zusammen.
Es war keiner mehr da, der sie auffing, niemand gab ihr mehr Halt. Und alles was sie spürte, waren die Regentropfen, die sich mit ihren Tränen mischten.
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Bucket List - Über den Tod hinaus
Teen FictionSie waren unzertrennlich. Sie planten ihre Zukunft zusammen, hatten die selben Ziele. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihnen. * Der Tod ihrer besten Freundin reißt Sarah den Boden unter den Füßen weg. Plötzlich verschwindet die Person aus...