Absolut

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Newt setzte vorsichtig einen Fuß auf die unterste Stufe zur Galerie der Hütte. Langsam bewegte er sich vorwärts, bedacht, kein Geräusch zu machen. Er fuhr mit seinen Finger am rauen Holz des Geländers entlang, um den Halt auf den ungleichen Stufen nicht zu verlieren. Das plötzliche Ächzen der Stufe unter ihm zeigte ihm, dass er nun unten angelangt war. Von hier an fanden seine Füße von selbst den Weg zu der Tür, die ihn von der Person trennte, nach der die letzten Stunden eine Sehnsucht gehabt hatte, dass es ihm den Atem nahm, und dass obwohl er ihre komatöse Gestalt mehr als einmal gesehen hatte. Doch es brachte ihn um, jene Person zu berühren, ohne das sie es mitbekam oder genießen konnte. Newt schüttelte leicht seinen Kopf, er brauchte sich keine Sorgen zu machen, brauchte keine Sehnsucht mehr zu unterdrücken. Er atmete tief ein und drückte dann vorsichtig die Klinke hinunter, stieß sie einen Spalt auf, hoffend, dass niemand das Stöhnen der rostigen Türangeln gehört hatte. Nachdem er sich durch den Spalt geschoben und sanft die Tür hinter geschlossen hatte, nahm er seinen Generalschlüssel aus seiner grauen Hose und schloss hinter sich ab. Er verstaute den leise klingelnden Schlüsselbund wieder in seiner Tasche und schlich dann auf das Bett im Raum zu. Newt wusste intuitiv wo es stand, ohne es in dem nachtschwarzen Raum zu sehen, es war als ob ein Faden, in seiner Brust verankert, ihn zu der richtigen Stelle zog. Newt blieb stehen, als er das Holz des Bettgestells an seinen Schienbeinen spürte. Der Junge hob seinen Arm und fuhr mit seiner rechten Hand über das raue Leinen, bis er warme Haut unter seinen Fingerkuppen spürte. Sanft fuhr er den Arm mehrmals auf und ab, nur um schließlich vorsichtig seiner Hand mit der anderen zu umfassen und ihre Finger zu verschränken. Newt streichelte einige Sekunden lang mit seinem Daumen die weiche Haut zwischen Daumen und Zeigefinger der anderen Hand, bis diese seine eigene sanft drückte. "Ich habe gehofft, dass du kommst.", sagte Alby in die Dunkelheit. "Natürlich, Baby. " , gab Newt zurück und merkte, wie beim Klang von Albys Stimme ein Stein von seinem Herzen viel. Plötzlich war da nichts mehr, außer der unbändige Wunsch, Alby so nah wie absolut möglich zu sein. "Rück mal rüber.", bat er Alby und kicherte leise, als Alby gespielt genervt grummelte. In der nächsten spürte Newt, wie Alby plötzlich an seiner Hand zog. Überrascht, verlor er das Gleichgewicht und fand sich kurz darauf halb liegend auf Albys Brustkorb wieder. "So ist 's mir lieber.", sagte dieser zum kichernden Newt ."Gib mir mal die Taschenlampe, bitte. Sie liegt auf dem Nachttisch. Ich will dich sehen können. ", fügte er hinzu, seine kräftigen Arme um Newt schlingend. Dieser tastete in der Dunkelheit nach dem Nachttisch, wollte die Taschenlampe greifen, die jedoch polternd zu Boden fiel. "Shit!", stieß Newt erschrocken aus. " Keine Sorge, Baby, ich hab die Sanis gebeten heute Nacht mal Pause zu machen. Niemand kann uns hören."
" Oh, gut.", gab Newt erleichtert zurück, befreite sich aus Albys Umarmung und hob die Taschenlampe auf. Bevor er sich zurück auf das Bett sinken lies, streifte er seine Schuhe und seine Hose ab. Dann hob er die Decke an und schlüpfte darunter. Newt fühlte sich sofort geborgen, als er sich an Albys warmen Körper kuschelte und tief seinen Geruch einatmete. Er spürte, wie Alby einen Arm unter seinen Kopf schob, ihm ein Kopfkissen machend und mit der anderen Hand nach der Taschenlampe griff. Er schaltete sie an, den gelben Lichtkegel auf die Decke gerichtet. Erschrocken und vom Licht geblendet kniff Newt die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete, blickte er direkt in Albys sanfte, schokoladenbraune Augen. Sie waren für Newt das schönste, gleich auf mit dem schiefen Lächeln mit dem ihm Alby gerade bedachte, seiner ebenmäßigen, dunklen Haut und allem, was Alby zu Alby machte. Und auf einmal wurde Newt klar, welche Angst er gehabt hatte, dass Alby nicht mehr aufwachen würde, dass er wahnsinnig würde, oder dass er sich selbst erwürgen würde. Newt wurde auf einmal bewusst, was für ein Glück er gehabt hatte. Mit diesem Gedanken brach ein Damm in ihm. Er konnte seine Tränen zurückhalten, spürte wie sie ihm heiß über die Wangen liefen, auf seine Hände fielen. Durch einen verschwommenen Schleier sah er Albys erschrockenen Blick, hörte sein keuchen, spürte, wie seine Arme ihn fester umschlossen. Und diese Berührung machte alles nur noch schlimmer. Sie löste in Newt dieses Feuer aus, dieses Gefühl von tiefer Leidenschaft und absolutem Vertrauen. Und tief in seinem Inneren wusste Newt, dass das eigentlich nicht so lief , dass man eigentlich keiner Person sofort so blindlinks und absolut vertraute, dass es einem nicht auch noch nach zwei Jahren jedes Mal den Atem nahm, wenn man nur an diese Person dachte. Newt war so überwältigt, so von diesem Gefühl aus der Bahn geworfen, dass Alby sein zu Hause war, sein "du", sein "ich" , sein "wir, dass er sich nicht halten konnte, zu schluchzen begann. Und Alby nahm in fester in den Arm und sagte in seinem ruhigsten, sichersten Tonfall:"Newt ich liebe dich." Und Newt wusste es. Sie hatten es schon oft zueinander gesagt, weil es wahr war, weil es für immer wahr sein würde und erst jetzt wurde Newt klar, wie sehr das stimmte: Egal wo sie waren , egal wann. Es stimmte. Sie lieben einander. Und auch , wenn das stimmen würde, wäre Alby nicht mehr da, wollte Newt nichts mehr auf der Welt, als bei Alby sein. Aber weder Newt noch Alby konnten das einander versprechen, also sagte Newt wovon er hundert Prozent überzeugt war." Ich weiß. Ich liebe dich." Und er schmiegte sich an Alby, genoss ihr gemeinsames Schweigen bis sein Schluchzen verebbte. Dann spürte Newt, wie Alby sich vorsichtig aus ihrer Umarmung löste, wie er Newt die Haare aus dem Gesicht strich und seine Gesichtszüge nachfuhr, bis er die Augen öffnete, die Augen die Albys eigenes Universum, sein Zuhause waren. Newt und Alby blickten einander in die Augen, völlig in ihrer Welt ,völlig ruhig. Und sie küssten sich. Ohne zu zögern, ohne Hast, mit einer unglaublichen Intensität. Sie wollten einander so nah wie möglich sein, absolut und vollkommen eins sein. Aber das waren sie schon längst. Alby wusste es als er in Newts Augen sah, seine weiche Haut spürte und gegen seine Lippen immer wieder "Ich liebe dich." murmelte. Newt wusste es, als die Taschenlampe vom Bett rollte und die Wand beleuchtete. Wusste es, als er in Albys Augen sah und immer wieder " Ich liebe dich." hörte. Wusste, dass dieser Moment pures, reines Glück war. Absolut.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 02, 2015 ⏰

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