Kapitel II

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Es regnete in strömen. Ein lauter Donner unterbrach das stetige Geräusch des auf die Straße prasselnden Regens und ein Blitz erhellte für kurze Zeit die Dunkelheit, die in der in Trümmer liegenden Stadt herrschte.

Er konnte sich nur langsam und mühsam an seine frühere Zeit hier erinnern. Es war schon viel zu lange her. Die Straßen lagen verlassen vor ihm. Die Menschen, die noch ein zu Hause besaßen, hatten sich schleunigst zurückgezogen. Es gab niemanden, der ihm helfen konnte Menschen hatten Angst vor dem Unbekannten, oder die anders waren als sie selbst. Dabei waren die Dämonen doch Teil der Sicherheitskontrollen. Ihnen allein war es zu verdanken, dass die Menschen in Frieden leben konnten. Wenn man das Frieden nennen kann.

Ihm lief der Regen den Nacken hinunter und er war durchgefroren bis auf die Knochen. Die Leute, für deren Sicherheit er sorgte, ließen ihn nicht ein. Türen und Fenster wurden verschlossen, wenn er zähneklappernd durch die Straßen der wenigen noch intakten Stadtteilen lief. Einerseits verstand er ihre Angst sogar. Aber andererseits hätte  er eine Unterkunft wirklich gut gebrauchen können. Er wollte eine Pause machen, aber  im Schlaf wäre  verletzlich und in einer Welt wie dieser musste man  vorsichtig sein, jedem erst misstrauisch ins Gesicht schauen, jederzeit damit, rechneten ein Messer in den Rücken gestoßen zu bekommen. Er durfte keine Pause machen.

So etwas wie Vertrauen oder Frieden gab es hier nicht. Die Feindseligkeit, die die Stadt ausstrahlte, war fast greifbar. Es war seine Mission die Stadt auf Wesen zu kontrollieren, die hier nicht hergehörten. Seine Leute vertrauten ihm. Nervös sah er sich um. Nichts und Niemand. Die lange, schmale Straße lag verlassen vor ihm.

Seine Unruhe wuchs. Irgendwo musste doch etwas sein! Jemand oder etwas, das eine solche Zerstörung anrichten konnte, hatte nie und nimmer die Fähigkeiten so schnell zu verschwinden und das ohne Spuren! Er wurde schneller. Aufmerksam sah er sich um,  ohne etwas zu sehen. Er hatte das ungute Gefühl, von kalten Augen aus den Schatten der Häuser beobachtet zu werden. Mit hochgezogenen Schultern lief er weiter. Er wollte die Patrouille so schnell wie nur Möglich hinter sich bringen. Zwar war gemeldet worden, dass ein Ungetüm nachts in seiner alten Heimatstadt herumirre, doch keiner der Überlebenden hatte mehr gehört als die verzweifelten Schreie derer, die verschleppt worden waren. Nicht einmal  Blutspuren waren gefunden worden, die darauf hindeuteten, wo sich das Monster aufhalten könnte.  

Doch nun konnte er es spüren, als wäre es sein Atem und nicht der Wind, der seinen Nacken streifte, als wäre es sein Blick, der seinen Rücken durchbohrte und nicht der der Dorfbewohner, die neugierig hinter den zugezogenen Vorhängen hervorschauten. Schnell drehte er sich um, in der Erwartung eine grässliche Kreatur zu erblicken, doch sein Verstand spielte ihm einen Streich. Die Gasse lag leer vor ihm und weder ein Licht, noch ein Geräusch durchdrang die Dunkelheit. Er war bis aufs Äußerste angespannt. Tausende Gedanken wirbelten ihm durch den Kopf. Wo waren all die anderen nächtlichen Geräusche hin? War das nur die täuschende Ruhe vor dem Sturm? Wo könnte es sich verstecken? Wie sollte er es finden?

,,Cade!", durchbrach eine in Panik versetzte Stimme die Stille. Ein Licht drang immer weiter zu ihm vor und vertrieb die Finsternis, welche ihn zuvor umhüllt hatte. ,,Es war da!", brachte sie völlig außer Atem hervor. Ihre Augen waren vor Schreck weit aufgerissen und ihre Haut blasser als sonst. 

,,Bell, was ist passiert?", frage er, als er in ihr von Tränen überströmtes Gesicht blickte. Was konnte sie so sehr erschüttert haben? Doch die folgenden Wörter brachten selbst ihn zum zittern.

Nein!
Nein!
Alle, aber nicht Finn.
Er stürmte die Straße entlang, ohne auch nur daran zu denken umzukehren. Er war wütend. Wütend auf das Biest, welches seinen Freund ermordet hatte, wütend auf Finn, dass er so dumm gewesen war, sich von einem einfachen Geisterhund fressen zu lassen, aber vor allem war er wütend auf sich, dass er nicht da gewesen war um ihn zu beschützen.
Finn wäre da gewesen, kam ihm der Gedanke.
Finn war immer da wenn man ihn gebraucht hat und ich habe ihn einfach im Stich gelassen.

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