Völlige Leere

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Lilith war schon als Kleinkind fasziniert von der Dunkelheit und den Geschichten die sich in ihrer Heimatstadt verbreiteten. Mit 17 (ich weiß, in der Beschreibung steht etwas anderes, ich hab' mich spontan umentschieden) hat sich ihre Einstellung kein bisschen geändert, denn nun sitzt sie von Abends bis tief in die Nacht in den Gassen von Atlanta und genießt die Stille und Geborgenheit der Finsternis.
So auch in der Nacht, in der sich ihr Leben radikal ändern sollte...

Mal wieder stocherte ich gelangweilt in dem Gulasch herum, den meine Mutter für uns gekocht hatte. Sie war eine wunderbare Frau, mit Schulterlangen, braunen gelockten Haaren die ihr Gesicht zierten und haselnussbraunen Augen. Mein Vater hingegen hatte dunkles, schwarzes Haar, welches er sich prinzipiell hochgelte. Dann gab es da noch meine kleine Schwester, welche mit fast schwarzen Haaren auf die Welt kam. Sie ist nun 7 Jahre alt, und ihre Haare wurden immer heller. Mittlerweile hat sie dunkelbraune Haare und braune Augen mit einem leichten rotfilm. Sie hat leichte Sommersprossen. Und ich? Tja.. ich habe die braunen Haare meiner Mutter geerbt und meine Spitzen blond gefärbt. Bandanas zierten mein Haar jeden Tag, während Armbänder mein Handgelenk schmückten. Ich habe allerdings blaue Augen vererbt bekommen, woher wissen wir allerdings nicht. Mein Gesicht ist wohl proportioniert und außerdem habe ich volle Lippen, welche ich immer mit dunkelrotem Lippenstift schminke.
"Hast du etwas, Lilith?" Die Stimme meiner Mutter ließ mich leicht zusammenschrecken. "Nein. Aber dürfte ich vielleicht schon aufstehen? Paul wartet schon auf mich." Paul war mein Kindheitsschwarm, heute sind wir die besten Freunde überhaupt. "Natürlich Schätzchen, viel Spaß und komm nicht allzuspät Nachhause!" - "Werde ich nicht, danke Mama." Ich stand mit meinem Geschirr in meiner Hand auf und räumte es in den Geschirrspüler. Danach rannte ich die Treppen nach oben und sah auf die Uhr. 19:43 Uhr. Ich zog mir eine Leggings an und darüber ein schwarzes Shirt von Paul, welches er mir schenkte, weil es ihm zu klein wurde. Anschließend richtete ich mein Bandana, trug Mascara und meinen Lippenstift auf, schnappte mir meine Lederjacke und meine schwarzen Nikes, packte mein Handy und meine Kopfhörer in die Jackentasche und meine Zigaretten in die andere und verließ das Haus.

Ich schloss die Tür hinter mir und spürte den kalten Wind in meinem Gesicht. Mein Blick wanderte über die Straßen auf der Suche nach Paul. Als ich dann laute Musik vernahm, stolzierte ich los, meine Hände in der Jackentasche. Langsam konnte ich Paul in dem Licht einer Straßenlaterne erkennen und rannte auf ihn zu. "Lilith", rief er, breitete seine Arme auf und schloss mich in eine herzliche Umarmung. "Gehts dir gut?", fragte ich. "Ja und dir?" - "Alles bestens. Gehen wir zur Ruine?" Ich bekam ein Nicken als Antwort. Ich zog meine Zigarettenschachtel aus meiner Jackentasche und zündete mir eine Zigarette an. Paul tat es mir gleich.
Mit lauter Musik von Northlane und Rauch in unseren Lungen liefen wir an dem alten Bahnhof vorbei, durch den Wald zur alten Ruine. Dort angekommen hatte ich schon ein unwohles Gefühl, als abgemagerte Tierknochen und Schädel den Eingang zierten. Ich ließ mir allerdings nichts anmerken und folgte Paul in die Ruine. Wir setzten uns auf die Decken und Kissen die wir als Kinder immer mitgenommen haben, weil der Boden so kalt war. "Lilith?" - "Ja?" Ich sah Paul an und wartete auf seine Frage. "Machen dir diese ganzen Tierknochen und Schädel auch etwas.. Angst?" Ich nickte schnell und sah mich um. "Ja, schon.." - "Wollen wir uns mal umsehen?" Doch bevor ich antworten konnte hob' er mich schon hoch und lief los. "Paul, schaust du dich oben etwas um?" - er nickte und lief die Steintreppen nach oben. Ich blieb unten und tapste durch die Ruine. Die Tierknochen schienen eine Art Weg zu bilden, welchem ich mit mulmigen Gefühl folgte. Langsam zierte auch Blut den Weg, bis zu einer Tür im hinteren Bereich des alten Gemäuers. Sie war geschlossen und als ich meine Hand an die Klinke legen wollte, um sie zu öffnen, hörte ich einen tiefen, schmerzertränkten Schrei. Erschrocken schrie ich auf "Paul!" Ohne nachzudenken rannte ich so schnell ich konnte zu den Treppen und verlor dabei mein Handy. Vor den Treppen lagen einige Glasflaschen, ich schnappte mir panisch eine und schlich die Treppen hinauf. Wieso bin ich auch auf die dämliche Idee gekommen, dass wir uns aufteilen sollten?! Das ist doch in jedem Horrorfilm so! Ich sah mich im oberen Abschnitt der Ruine um, welche sich als Dachboden herausstellte. Ich selbst war nie hier oben, nur Paul und seine Kumpels. Ich erschrack als ich plötzlich einen Körper von der Decke hängen sah. "Lilith.. Lauf weg, so schnell du kannst, bitte..!" als ich in die Richtung sah, aus der die schwache, erstickende Stimme kam, blickte ich auf eine Blutlache und mittendrin lag Paul. Ich schrie auf, doch mein Schrei wurde unterbrochen, als ich vor mir einen Mann vernahm, welcher ein Messer in der Hand hielt, und mir dieses ohne zu zögern in den Bauch rammte. Mir wurde schwarz vor Augen, mir wurde schwindelig und schlecht. Mein Herz schlug so schnell und das Blut quillte aus meinem Bauch. Alles was ich danach noch vernahm waren männliche Stimmen die schrien; "lassen Sie das Messer fallen, sofort!" und das klirren der Klinge des Messers, als es auf den Betonboden fiel. Danach wurde alles schwarz...

Blutige ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt