Zur selben Zeit, am selben Ort

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Es war laut. Unglaublich laut. Überall Menschen. Egal wo sie hinsah, nur Menschen. Sie redeten aufgeregt miteinander, stritten miteinander oder tauschten miteinander Blicke aus. Die Einen gingen mit ihren Arbeitskollegen oder Freunden in Bars, um zu feiern und sich zu besaufen. Die Anderen spazierten, kauften ein oder bewunderten die verschiedensten Stände. Doch sie alle hatten eines gemeinsam: Sie waren nicht alleine.

Es war hell. Unglaublich hell. Überall leuchteten Werbereklame oder Schaufenster. Die grellen Lichter drohten einen zu erblinden und ließen keinen Platz mehr für die Sterne.

Das alles wurde zu viel für sie. Die Welt begann plötzlich zu drehen, die Gerräusche begannen ihre Ohre zu zerplatzten. Das alles war zu viel für sie. Sie beugte sich schmerzend nach vorne und hielt sich krampfhaft die Ohren zu. Die Kopfschmerzen drohten ihren Kopf zu zersprengen.

Sie dachte sich nur eins: Sie musste hier weg. Somit rannte sie, so schnell sie nur konnte. Wollte bloß verschwinden und die Schmerzen hinter sich lassen. Sie wusste nicht mal, wohin sie rannte. Aber das war vollkommen egal, Hauptsache die Schmerzen verschwanden.

Die Gedanken holten sie wieder ein. Sie musste wieder daran denken.

~~~~~~~~~~~~~~

Sie saß in ihrem Klassenzimmer ganz hinten und hatte den Kopf auf den Tisch gelegt. Der Unterricht würde gleich beginnen und die Lehrerin würde das Zimmer gleich betreten.
'Wo bleibt sie bloß?' , fragte sie sich.
Die Lehrerin war bereits da und checkte die Anwesenheit. Doch eine fehlte.

"Wo ist Lee Min Soo? Weiß einer wo sie ist?"
Ein einheitliches Gemurmel ging durch die Klasse. Die Einen schüttelten den Kopf, die Anderen sagte leise vor sich hin 'Nein'.

Sie machte sich Sorgen. Wo steckte ihre Freundin bloß? Sie sah zu einer Mädchengruppe rüber. Sie kicherten vor sich hin und klatschten sich gegenseitig in die Hände.
Sie vermutete das Schlimmste. Irgendetwas stimmte nicht.

~

Der Unterricht hatte geendet und sie begab sich zu ihrem Schließfach. Beim Öffnen rutschte ein kleiner Zettel raus und landete auf dem Boden.

Sie hob ihn auf und las:
'Es tut mir Leid, meine Freundin.
Aber ich kann nicht mehr.'

Sie ließ den Zettel fallen und rannte so schnell sie konnte. Sie suchte überall. Auf dem Dach, der Turnhalle, der Toilette, und und und. Doch sie war nirgends aufzufinden.

Ein Ort fiel ihr noch ein. So schnell wie möglich rannte sie zur Brücke.
Außer Atem kam sie endlich an. Sie sah sie. Sie stand bereit auf der anderes Seite des Geländers. Geschockt rannte sie noch schneller und streckte die Hand nach ihr aus.

Doch es war bereits zu spät. Sie griff ins Leere. Erstarrt hörte sie nur noch das Aufprallen des Körpers auf dem Wasser.

~~~~~~~~~~~~~~

Schluchzend saß sie auf einer Bank und schaute auf das Wasser des Han Rivers. Die Lichter spiegelten sich auf der Wasseroberfläche und malten ein leuchtendes Gemälde aus Farben.

Die Tränen waren längst versiegt. Was blieben waren nur noch trockene Schluchzer.
Langsam beruhigte sie sich und starrte den Fluss gedankenlos an.

Sie spürte wie sich plötzlich jemand neben sie setzte. Auf die andere Seite der Bank, sodass noch genug Platz zwischen ihnen war. Seine Anwesenheit störte sie nicht. Ganz im Gegenteil, er hatte eine beruhigende Aura. Sie hatte ihn nicht einmal angeschaut, jedoch spürte sie seine Ausstrahlung. So warm, so rein.

Zur Selben Zeit, Am Selben OrtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt