Illysion

Prolog

Das Sonnenlicht fiel warm und gleißend auf sein Gesicht, kitzelte seine Nasenspitze und zwang ihn seine Augen zuzukneifen. Es war der Geruch von Moos, von frisch grünem saftigem Moos, der ihn immer wieder zurück in die Realität gebracht hatte. Das Moos auf den Stämmen der hohen stattlichen Eichen und Buchen, der königlichen Kastanienbäume, das Moos auf dem warmen, erdigen Waldboden, welches einlud zum Verweilen und Kraft schöpfen. Er wurde Eins mit dem grünen Element, es verschlang ihn ebenso wie er es verschlang, gierig und leidenschaftlich. Es belebte ihn und fütterte ihn mit Kraft, Energie und Seelenfutter. Er hielt es sogar für möglich, dass dieser warme, weiche Moosduft die reinste Essenz seiner Seele, ihr süßes Heilmittel verkörperte. Aber vor allem, dessen war er sich unabdingbar sicher, sein Moos drohte ihn förmlich zu verschlingen, wie eine lauernde Schlange, die auf ihr Opfer wartete, geduldig und unabwendbar. Er schloss die Augen und beschloss, sich ihm vollkommen hinzugeben.Erst nach einigem Blinzeln und Zähneknirschen schaffte er es die Augen wieder zu öffnen. Benommen und regungslos starrte er empor in den Himmel, unfähig sich zu rühren. Sein Gesicht brannte vor Kälte, seine Finger waren bereits tiefrot angelaufen und mussten fürchterlich schmerzen, aber er spürte nichts. Er hielt seinen Blick starr gerichtet empor zur Sonne und bemerkte seine Umgebung gar nicht mehr. Alles um ihn herum verschmolz zu einem weißen Nebel: der Schnee, die eingefrorenen Blätter und Blütenknöpfe sowie die dicke Eisschicht auf dem kleinen Weiher – die Zeit stand still.Er sog jeden Lichttropfen auf wie ein verhungerndes Kind, er fühlte sich wie ein verhungerndes Kind. Er war ein verhungerndes Kind. Ein Kind zerrissen von verzweifelnder Hilflosigkeit. Ohnmächtig und verloren in dieser großen düsteren Welt inmitten dieser großen düsteren Machenschaften, ausgeliefert den Größten und den Düstersten. Schutzlos. Er war allein. Und während er, wie in Trance, die sanften Sonnenstrahlen auf der Haut genoss, ging die Welt, wie er sie gekannt hatte, um ihn herum in Flammen auf...